Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
Vom Netzwerk:
Ich habe auch deinem Vater zugehört. Er hat mir von dir erzählt, nur positive Dinge, er meinte, ich erinnere ihn an dich, und die Art und Weise, wie er dabei Elisa sagte, hab ich nie vergessen können.«
    »Wie kamt ihr denn überhaupt auf mich?«, fragte ich beklommen.
    »Es ging auf diesem Kongress unter anderem um Hochbegabung, und als ich ihm anschließend eine Frage dazu stellte, fing er plötzlich an, von dir zu plaudern … Nichts übermäßig Privates, glaub mir, Ellie.«
    Hochbegabung? Mein Vater hatte mich für hochbegabt gehalten? Und warum wusste ich davon nichts?
    »Konntest du mir das denn nicht einfach sagen?«, fragte ich Gianna vorsichtig. »Ich hatte dich doch schon in Hamburg danach gefragt. Was war so schlimm daran?«
    Gianna zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hätte ich das. Ja. Aber ich selbst habe es immer gehasst, wenn meine Mutter vor Fremden über mich geredet hat, ich fand das unverschämt, also hab ich es für mich behalten und mir eine Ausrede geangelt. Denn ich war ja eine Fremde für dich, oder? Und für deinen Vater sowieso. Aber ich mochte dich bereits. Und Paul auch …«
    »Nein, ich glaube nicht, dass du eine Fremde warst.« Ich schüttelte langsam den Kopf, mehr verwundert als verärgert über Papas übergroße Sorge und seine verzweifelten Versuche, meinem verkorksten Dasein auf die Sprünge zu helfen. Oder hatte er wirklich nur reden wollen? Schwer vorstellbar. »Ich glaube, du warst weder für mich noch für Papa eine Fremde. Keinen Augenblick lang.«
    Gianna erwiderte nichts, aber an ihrem Blick erkannte ich, dass es für sie genauso gewesen war und dass sie um Papa trauerte, weil sie ihm nie für seine Kuppelversuche danken konnte. Unsere Wege hatten sich treffen müssen. Hätten sie das nicht getan, hätte uns unser Leben lang etwas gefehlt, ohne dass wir gewusst hätten, was es war. Ich hätte sie gerne noch einmal umarmt, aber ich scheute mich davor, zu viel Druck auf ihren Bauch auszuüben. Deshalb hob ich nur grüßend die Hand, als ich aus der Tür trat und sie leise ins Schloss fallen ließ. Paul hatte bereits den Volvo vorgefahren und belud ihn. Nun würde es noch stiller werden in unserer Straße. Friedhofsstille.
    Wir sagten uns nicht viel zum Abschied. Mama und ich drückten uns stumm aneinander. Reden würden wir ein anderes Mal. Ich versuchte, mir meine Eile nicht anmerken zu lassen, doch mich trieb die Angst, meine Entscheidung wieder zu kippen, bevor ich sie aussprechen konnte. Ich musste hinunter zum Strand, zu Colin, und brach auf, bevor die anderen losgefahren waren.
    Die Nacht war hell, der Himmel klar. Die Sterne strahlten bereits vom Firmament, während der Mond gerade aufging, direkt über dem Meer, und einen unendlich langen silbernen Streifen auf das Wasser warf. Colin schaute ihn an, mit dem Rücken zu mir, eine starre schwarze Silhouette, in die erst Leben einkehrte, als er sich mir zuwandte. Hinter uns auf der Straße sprang tuckernd der Volvo an.
    »Du kommst also, um dich zu verabschieden?«
    Ich sah ihm in die Augen, während ich innerlich zu sterben begann, und fand keinen Halt in ihnen.
    »Ja. Ich komme, um mich von meiner Angst zu verabschieden.«
    »Deiner … deiner Angst?« Es geschah selten, dass ich Colin überraschte, und noch seltener, dass er nicht wusste, was ich dachte. Ich konnte selbst nicht glauben, was ich dachte.
    »Ich habe mich entschieden.« Rein erhob sich meine Stimme über dem rhythmischen Rauschen der Brandung. »Ich werde es tun. Ich werde dich töten.«
    Ich atmete ruhig und regelmäßig, doch meine Seele schrie wie ein Tier, dem gerade die Kehle durchgeschnitten wurde. Es gab keinen anderen Weg. Nur diesen einen. Glaube, Hoffnung, Liebe.
    »Lassie …« Colins Augen glitzerten bläulich im Mondlicht. Ein zärtliches Lächeln erhellte sein Gesicht, als er seine Hand ausstreckte und meine Schulter berührte – kein Streicheln eines Liebenden, sondern ein Ritterschlag. »Du tust es? Danke. Danke. Oh Gott … danke.«
    Es musste sein. Ich liebte ihn.
    »Wann?«, fragte ich, während die Erde sich erneut schräg legte. Ich würde fallen und niemand würde mich auffangen.
    »Gib mir zwei Tage mit Louis. Nur zwei Tage. Dann bin ich bereit. Aber diese zwei Tage will ich mit ihm verbringen.«
    Nun wusste ich, was ich zu tun hatte.
    »Einverstanden – wenn du mir eine Nacht mit dir gibst. Davor. Ich kann es nicht, wenn ich gerade erst mit dir zusammen war. Ich muss mich vorbereiten. Aber ich will noch eine Nacht

Weitere Kostenlose Bücher