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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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gedeutet hatte, den ich in ihren Augen sah. Wir wussten alle, dass Pearl Tatlow, die berühmte Kinderbuchautorin, schließlich ihre starke Abneigung gegen das Landleben überwunden und eingewilligt hatte, von Hobart nach Pencubitt zu ziehen. Während des vergangenen Jahres war das Poet’s Cottage umfangreichen Renovierungsarbeiten unterzogen worden, bei denen die Handwerker vom Ort sich bemüht hatten, es für Maxwells Familie bewohnbar zu machen.
    »Wie geht es Ihnen, Birdie?«, fragte Pearl. »Sie müssen mal vorbeikommen und mich im Poet’s Cottage besuchen. Ich könnte inspirierende Gesellschaft gut gebrauchen. Jeder Kumpel meines Schatzes Spider ist auch mein Freund. Cheerio!« Nachdem sie diese Worte in meine Richtung geschmettert hatte, stolzierte sie weiter die Straße entlang. Mehrere Jugendliche, die vor dem Haus des Schmieds herumlungerten und gerade eine Rauchpause machten, sahen ihr mit großen Augen nach. Der dreiste Sohn der Pennyquicks – was für ein Frechdachs – wagte einen bewundernden Pfiff, als sie vorbeiging. Als Belohnung erhielt er von Pearl ein Nicken und ein Lächeln. Dies war offensichtlich eine Frau, die Männer und männliche Aufmerksamkeit liebte.
    Maxwell schickte seine Töchter ihrer Mutter hinterher und griff nach meinem Arm. »Und, was sagst du, Birdie? Ist sie nicht der Wahnsinn?«
    »Sie ist sehr schön«, stimmte ich zu und konnte mir dann nicht verkneifen hinzuzufügen: »Spider?«
    Maxwell lachte und wurde ein bisschen rot. »Du wirst bald merken, dass Pearl gerne Spitznamen verteilt. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund bin ich Spider. Besuch uns doch bald mal zum Tee! Ich weiß, dass sich meine zwei Lieblingsmädels gut verstehen werden. Ich bin der glücklichste Mann der Welt!« Er tätschelte meinen Arm, ehe er seiner Familie mit langen, eleganten Schritten nacheilte.
    Sein Eifer hatte mich ganz verwirrt, doch ich konnte eine gewisse Sorge nicht unterdrücken, als ich zusah, wie Maxwell Pearl hinterherrannte. Mir fiel eine Zeile aus einem Brief wieder ein, den er mir geschrieben hatte, als er ihr damals einen Heiratsantrag machte: Sie hätte jeden haben können, aber sie hat mich gewählt! Ich bezweifelte stark, dass Pearl und ich uns so gut verstehen würden, wie Maxwell das vorausgesagt hatte. Wir schienen wenig Gemeinsamkeiten zu haben, abgesehen von einer Vorliebe für Worte und für Maxwell.
    Im Lauf der nächsten paar Monate versuchte ich, einen Bogen ums Poet’s Cottage und seine neuen Bewohner zu machen. Ich hatte dabei zwar ein schlechtes Gewissen, da ich doch Maxwell versprochen hatte, mich mit Pearl anzufreunden. Stattdessen kümmerte ich mich um die Pflege meiner Mutter, der es in den kälteren Monaten gesundheitlich immer schlechter ging, und um die Erstellung mehrerer Skizzen von Blackness House für ein Buch, das ich über die Geschichte des Herrenhauses schreiben wollte. Bücher und Geschichte, Kunst und Fotografie waren meine Leidenschaft: Kein Mann konnte mein Interesse so wecken wie diese vier.
    Rasch wurde aus dem Herbst ein bitterkalter Winter. Es gab schwere Schneefälle und viel Frost, so dass die Hälfte der Stadt mit Grippe darniederlag. Während ich mein Versprechen Maxwell gegenüber nicht gehalten hatte, lösten verschiedene andere Einwohner ihres ein. Fast alle von ihnen beschwerten sich anschließend darüber, wie Pearl sie behandelt hatte. Pamela Watson, die Frau des Polizisten, machte Pearl sich regelrecht zur Feindin, indem sie mehrere ihrer Besuche mit einem kurzen »Das ist jetzt meine Schreibzeit!« abgewiegelt hatte. Verschiedene andere, die sich einen Blick auf die neue Lady des Poet’s Cottage und das Ergebnis der Renovierungsarbeiten im alten Haus erhofften, wurden enttäuscht, weil Pearl gar nicht erst erschien. Maxwell war gezwungen, mit ihnen im Wohnzimmer Konversation zu machen, während das Klappern von Pearls Schreibmaschine im ersten Stock ihr Missfallen ob der uneingeladenen Gäste zum Ausdruck brachte. Pearl ging nicht in die Kirche – obwohl Maxwell und die Töchter es taten –, und der Milchmann behauptete, sie hätte ihm eines Tages nackt die Tür geöffnet und ihn damit fast dazu gebracht, seine Flaschen fallen zu lassen, was ihm von seinen Zuhörern viele derbe Lacher einbrachte.
    Als ich mich schließlich mit Pearl anfreundete, lachte sie über diese Besuche der neugierigen Dorfbewohner und den Streit, den sie und Maxwell wegen ihres Nichterscheinens gehabt hatten. Ich glaube, was alle in Pencubitt nicht

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