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Dornröschengift

Dornröschengift

Titel: Dornröschengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Niemand kommt zurück, u m Rache zu nehmen. Also, wer sollte davon wissen? « Das Schluchzen hörte nicht auf . Das Kratzen und Schleifen auf dem Boden auch nicht . Es lief mir kalt den Rücken hinunter . Ich stieß mit dem Fuß gegen die Wand, von der sich nun ei n Stück Putz löste und mit lautem Knall zu Boden fiel . Von unten war einige Sekunden lang nichts zu hören, bis je mand, ein Mädchen, entsetzt rief: »Da ist jemand! « »Quatsch! « »Oh nein, ich halte das nicht aus! « Das Weinen setzte wieder ein . »Mann, reg dich ab, ich schau nach. « Zum Glück trug ich Turnschuhe mit einer weichen, lautlose n Sohle. Ich nahm mehrere Stufen auf einmal und rannte imme r weiter nach oben .
    Gleichzeitig versuchte ich mich davon zu überzeugen, dass ich nicht träumte, erinnerte mich an alle möglichen Dinge: meinen Namen, mein Geburtsdatum, Mikes Geburtsdatum, den Ge burtstag meiner Eltern, die Formeln, die der Dunkelmann uns ständig um die Ohren schlug. Schließlich war ich im vierten Stock. Die Schritte folgten mir. Ich rannte in eines der ehemaligen Gästezimmer, bei dem die Tür fehlte. Die Wände waren rußgeschwärzt und einige Bretter lagen im Weg, über die ich fast gestolpert wäre. Panisch sah ich mich um. Wo konnte ich mich verstecken? Für einen kurzen Moment spielte ich mit dem Gedanken, mei nem Verfolger gegenüberzutreten. Dann wieder dachte ich an Lisa. Ihr Kleid, ihre Schuhe, alles war schmutzig gewesen, als sei sie vor etwas oder jemandem weggelaufen. Also wieder aus dem Zimmer und in das nächste hinein. Ich hör te wieder schnelle Schritte. Er war oben. Erst jetzt bemerkte ich den Balkon. Die Scheibe der Glastür war fast vollständig herausgebrochen. Ein Klappladen hing nur noch an einem Scharnier. Ohne zu überlegen, zwängte ich mich hindurch, spürte, wie etwas an meiner Jacke riss, und dann ein Schmerz in meiner Hand. Ich hatte direkt in eine Scherbe gefasst. Aber ich hatte keine Zeit, mich darauf zu kon zentrieren. Ich schaffte es gerade rechtzeitig hinauszusteigen, duckte mich hinter den Fenstersims und hielt die Luft an. Schuhe knirschten auf dem Fußboden. Sie stoppten. Ich schloss die Augen. Sie gingen weiter. Ich öffnete die Augen. Unter mir lag der Abgrund.
    Am Rande des Holzbalkons hatten sich aus dem Boden zwe i Dielen gelöst. Ich starrte durch das Loch vier Stockwerke nac h unten auf das Dach der ehemaligen Garagen . Der Wind, der durch das Gebäude pfiff . Das Glas der Fensterscheibe, das zitterte . Der eigene laute Atem . Ich wagte kaum, Luft zu holen, bewegte mich nicht . »Wo bist du?«, hörte ich jetzt die Stimme eines Mädchens. Si e klang dumpf und weit entfernt . »Hier im Zimmer!« Diese Stimme klang nahe . »Komm endlich, wir sind fertig! Ich muss nach Hause! « Stille . Dann die Antwort: »Also gut! « Ich wartete nur wenige Sekunden, bis ich mich nicht länger be herrschen konnte. Dann schob ich meinen Kopf nach oben. Nu r Schuhe, die zur Tür hinausgingen. Doch nicht irgendwelch e Schuhe, sondern hellbraune Lederchucks mit der Aufschrif t »Dr. Romanelli«. Mein Herz klopfte warnend. Es gab nur zwei , die solche Chucks besaßen. Ruven und – Finn ! Völlig verwirrt und zitternd vor Aufregung balancierte ich übe r die losen Blanken des Balkons und stieg durch das Fenster zu rück ins Zimmer . Toms Bemerkung fiel mir wieder ein, Finn hätte etwas mit de n Ghostridern zu tun . Ich wollte nur noch nach Hause. Ich wartete eine Weile, bis ic h sicher sein konnte, dass sie gegangen waren . So schnell ich konnte, rannte ich hinunter und wollte gerad e durch die offenen Hoteltüren hinaus ins Freie, als ich stoppte . Etwas hatte sich verändert . Der Müll war weg . Der Boden sauber gefegt . Es gab keine leeren Flaschen, keine Zigarettenkippen, keine al ten Zeitschriften, keine Medikamentenpackungen, keine Es sensreste mehr . Das Einzige, was jetzt Spuren auf dem Boden hinterließ, wa r das Blut, das von meiner Hand tropfte .

Rollenspiele
    D ie Ghostriders waren alles, woran ich auf dem Nachhause weg dachte. Waren sie das im Hotel gewesen? Ich war mir fast sicher, denn nun glaubte ich, die beiden Mädchen erkannt zu haben. Valeries hohe Stimme und Carlottas hysterisches Weinen. Nur, wer war der Junge, der mit ihnen dort gewesen war? Ruven oder Finn? Finn oder Ruven? Mir schien inzwischen nichts mehr unmöglich. Es war bereits später Nachmittag. Innerlich gewappnet, mit Vorwürfen empfangen zu werden, schlich ich möglichst unbemerkt ins Haus, wo ich erleichtert

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