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Dornroeschengift

Dornroeschengift

Titel: Dornroeschengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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muss unbedingt mal wieder durchschlafen. « Ich biss mir auf die Lippen. Ich wusste, wie viele Sorgen er sic h um meine Mam machte . »Hast du schon gehört?«, fragte er jetzt . »Was? « »Dass Tom morgen kommt. « »Ja, Mam hat es mir erzählt.« Ich zögerte. »Du hast ihn doch ge troffen, als du in Australien warst. Wie ist er denn so? « »Er machte einen netten Eindruck«, sagte mein Vater. »Eine n wirklich netten Eindruck. « »Meinst du, es ist gut für Mam, dass er kommt? « Er hob seufzend die Schultern . »Ehrlich, ich habe keine Ahnung, Motte. Aber vielleicht reißt e s sie aus ihrer Depression, wenn noch jemand da ist, um den si e sich kümmern muss. «
    Es war mitten in der Nacht, als ich aufwachte. Kalte Luft zog durch das gekippte Fenster. Der laute Ruf des Käuzchens, das im hinteren Teil des Gartens direkt an der Mauer in einem ural ten hohlen Baum hauste, hatte mich geweckt. Ich hatte es Os kar getauft, nach meinem Urgroßvater, der den Park angelegt hatte. Normalerweise freute ich mich, wenn ich Oskar hörte, doch heute nicht. Denn nun verwandelte sich sein einsamer Ruf in ein herzzerrei ßendes Wimmern. Ich zog mir die Decke über den Kopf. »Dodenvogel«, nannte Hendrik Oskar, Totenvogel. Seiner Mei nung nach brachte der Vogel Tod und Verderben. »Ruft das Käuzchen in der Nacht, jemand morgens nicht erwacht«, erklär te er immer wieder und fügte regelmäßig hinzu, seine Mutter sei nach einem Käuzchenruf gestorben. Mike hatte mich immer ausgelacht, wenn ich Hendriks Ge schichten Glauben schenkte. Entschlossen knipste ich das Licht an und stand auf, um das Fenster zu schließen. Draußen war es gespenstisch, obwohl der Nebel sich gelichtet und nur ein feines Gespinst aus Tau zurückgelassen hatte, das wie ein silbernes Netz über dem Park lag. Dunkel zeichneten sich die Schatten der Bäume ab, wie auch die Silhouette des weißen Pavillons. Mit einem Mal stockte mir der Atem. Ich drückte das Gesicht fest an die kalte Fensterscheibe, um besser sehen zu können. War es ein Traum? Oder stand da tatsächlich jemand morgens um halb fünf in un serem Park? Ich biss die Zähne fest zusammen, damit sie nicht anfingen zu klappern.
    Wach auf, Sofie! Das ist ein Albtraum! Ich war vermutlich einfach nur in einer dieser Tiefschlafphasen, in denen man nur noch Angst spürt, wie ich in diesem Augen blick. Sie kroch mit der Kälte die nackten Füße entlang, die Bei ne hoch, bis ich mich erstarrt fühlte. Wiedergänger – das waren Gespensterwesen. Die gab es nicht wirklich. Doch die vertraute Gestalt verschwand nicht, sondern bückte sich. Wie Mike, wenn er den Ball zurechtlegte, um ihn in ein imaginäres Fußballtor zu schießen. Vielleicht, dachte ich, ist es nur ein Baum. Doch waren nicht ge nau dort am Pavillon alle Bäume vor Kurzem gefällt worden? Oder lediglich ein Gartengerät, das Hendrik dort hatte stehen lassen? Jetzt bewegte sich die Gestalt – wandte sich langsam um und blickte hoch zu dem einzigen erleuchteten Fenster unseres Hauses, hinter dem ich stand. Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, war die Gestalt spurlos verschwunden. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, ein leises, unmerkliches Wispern läge in der Luft und je mand flüstere immer wieder meinen Namen.

Nur ein Fuchs?
    A ls ich am nächsten Morgen müde und unausgeschlafen di e Küche betrat, saß Hendrik an dem runden Esstisch und wärmt e seine Hände an einer großen Tasse mit dampfendem Tee. E r nickte mir zu, schüttelte dann sorgenvoll den Kopf . »Ein Rätsel«, grummelte er . »Du übertreibst«, erklärte meine Mutter müde . »Was?«, fragte ich und musste niesen . »Hast du dich gestern Abend erkältet?« Meine Mutter goss mi r den allmorgendlichen Kakao ein. Oh Gott, wie ich diesen Kaka o hasste. War ich etwa nicht alt genug, um Kaffee zu trinken ? Oder wenigstens den starken schwarzen Tee, dessen intensive r Geruch aus Hendriks Tasse zu mir herüberzog ? Erneut musste ich niesen und fühlte im Hals ein unangenehme s Kratzen . »Brauchst du etwas gegen die Erkältung?« Das Gesicht meine s Vaters tauchte hinter der Zeitung auf . »Nein, nicht so schlimm. « Nach dem Aufwachen hatte ich beschlossen, die Nacht zu ver gessen . Eine Überreizung der Nerven, nichts weiter, diagnostizierte ic h fachmännisch. Mike wollte Medizin studieren. Wie Pa. Ein Arzt , hatte er als Kind gedacht, könne nie krank werden. Wie ei n Pfarrer nie in die Hölle komme . Mike spukte ja schon wieder in meinem Kopf herum .

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