Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
Vom Netzwerk:
bisher in dieser Nacht über die Lippen gekommen war. Nur gut, dass ihr Toter derart betrunken war, denn ihr waren im Laufe der Nacht diverse Fehler unterlaufen, angefangen in dem Moment, in dem er auf sie zugekommen war und von ihr hatte wissen wollen, weshalb sie ihn fotografiert hatte.
    Brenna hatte die neue HRC -20 HEX , die sie sich von Trent geliehen hatte, wieder eingesteckt und lächelnd zu ihm aufgeblickt. Er war ein großer Mann – größer und kräftiger, als er auf den Familienbildern ausgesehen hatte, mit der ihre Mandantin zu ihr gekommen war, aber mit dem gelockten (zwischenzeitlich rabenschwarz gefärbten), vorn kurzen, hinten langen Haar, den geschwollen aussehenden Lidern und dem kantigen Kiefer, der wie mit dem Winkelmesser gezogen wirkte, hätte sie ihn trotzdem überall erkannt. »Sie meinen, Sie sind nicht George Clooney?«, hatte sie zurückgefragt.
    Der Tote hatte ihr erzählt, er hieße Paul und wäre Rechtsanwalt, und Brenna hatte ihm erzählt, sie wäre Webseitenarchitektin, hieße Sandy und hielte sich wegen einer IT -Konferenz in Vegas auf. »Du bist eine echt scharfe Braut. Gefällt mir«, hatte er gesagt. Und dann hatte er ihr den Kaiserkelch bestellt, und sie hatte immer wieder einmal vorsichtig daran genippt und dabei zugesehen, wie er erst zwei Jameson auf Eis und einen Jack Daniels pur hinuntergekippt hatte, bevor er kurzerhand auf Heineken umgestiegen war.
    Dieser Typ, hatte sie sich gesagt, ist ganz eindeutig auf der Flucht. Dann hatte sie einen Blick auf seinen Schlips geworfen und war in Dr. Liebermans Praxis zurückgekehrt.
    Â»Ich bin auch nicht verheiratet«, erzählte er ihr jetzt. Was eine Lüge war. Schließlich hatte sich seine Frau, Annette Shelby, am 23. April hilfesuchend an Brenna gewandt. Ich weiß, dass er am Leben ist, hatte Annette in dem Büro erklärt, das Brenna in ihrer New Yorker Wohnung unterhielt. Ich kann ihn spüren. Dabei hatte sie sich mit tränenfeuchten Augen die auf dem Tisch ausgebreiteten Familienfotos angesehen.
    Â»Hast du dir das je gewünscht?«, fragte Brenna ihn.
    Â»Was?«
    Â»Verheiratet zu sein.«
    Â»Nein. Und du?«
    Â»Ja.« Was erneut die Wahrheit war. »Aber ich wünsche mir auch jede Menge anderes Zeug.«
    Â»Wie …«
    Sie griff nach ihrem Kelch und trank einen möglichst großen Schluck. »Ich schätze … geliebt zu werden. Jemanden zu haben, dem ich wichtig genug bin, dass er mich richtig vermisst, wenn ich nicht in seiner Nähe bin.« War das deutlich genug? Brenna verfolgte, wie sein Blick von ihrem Gesicht über ihren Ausschnitt und den Ausschnitt einer Kellnerin auf das Hinterteil der zornblitzenden Nutte am Ende des Tresens glitt.
    Â»Weißt du«, fuhr sie fort, »manchmal habe ich das Gefühl, dass es keinen Menschen interessieren würde, wenn ich plötzlich nicht mehr da wäre, dass es kein Schwein –«
    Â»Verdammt.«
    Â»Hm?«
    Â»Da kommt meine Frau.«
    Als er über ihre Schulter starrte, drehte Brenna vorsichtig den Kopf und sah, dass eine Frau – drall und rothaarig und ganz eindeutig nicht Annette – auf sie zugelaufen kam. »Gregory! Was zum –«
    Â»Ich kann dir alles erklären, Vivica«, fiel er ihr ins Wort, was Brenna als Stichwort dafür nahm, umgehend auf Tauchstation zu gehen. Ehe sie jedoch den Raum verließ, zog sie noch mal Trents Spionagekamera aus der Tasche und machte ein paar Aufnahmen von Vivica. Arme Annette  … Allzu oft war es ein Fehler, alles dranzusetzen, jemanden zu finden, der verschwunden war – vor allem einen Kerl wie diesen hier, der als Erinnerung wahrscheinlich deutlich angenehmer war, als wenn man ihm dann direkt gegenüberstand.
    Â»Tut mir leid, aber die Schirmchen sind gerade aus.«
    Brenna drehte sich noch einmal um und sah die Tigerkatzen-Kellnerin. Hier, direkt neben der Tür, war die Luft nicht ganz so stickig, und der Abstand zwischen beiden Frauen war klein genug, dass Brenna der Geruch ihres Parfüms entgegenschlug.
    Brenna atmete tief ein und fragte: »Shalimar?«
    Die Kellnerin blickte sie blinzelnd an.
    Â»Meine Schwester … sie hat Shalimar benutzt.« Obwohl Brenna ihre Fingernägel möglichst tief in ihren Handballen grub, kehrte sie gedanklich in den Raum, in dem sie als elfjähriges Kind gewohnt hatte, zurück. Auf das kühle Marimekko-Laken und unter den

Weitere Kostenlose Bücher