Double Cross. Falsches Spiel
Abendkleid, das sie sich vor dem Krieg gekauft hatte und das für ein paar Drinks im Savoy genau das richtige war. Und dennoch fragte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben, ob sie schön genug sei.
Und noch etwas anderes beschäftigte Catherine. Warum bedurfte es dieser besonderen Umstände, daß sie endlich einen Mann wie Peter Jordan kennenlernte? Er war intelligent, attraktiv, erfolgreich und, ja, allem Anschein nach auch normal.
Die meisten anderen Männer, die sie kannte, hätten sich bisher ganz anders verhalten, hätten nach ihren Brüsten gegrapscht oder ihren Kopf gepackt und in ihren Schoß gedrückt. Sie erinnerte sich an das erste Mal mit Maria Romeros Vater, Emilio. Er hatte sich nicht mit Blumen oder schönen Worten aufgehalten, er hatte sie einfach geküßt. Er hatte sie auf sein Bett geworfen und genommen. Und Catherine hatte es nichts ausgemacht. Im Gegenteil, es gefiel ihr so. Sex war für sie keine Sache, die man aus Liebe und Respekt tat. Sie genoß nicht einmal das Gefühl, jemanden zu erobern. Für Catherine war Sex nichts weiter als ein Akt der körperlichen Befriedigung. Emilio Romero hatte das verstanden. Bedauerlicherweise hatte Emilio vieles an ihr verstanden.
Sie hatte schon vor langer Zeit den Gedanken aufgegeben, sich zu verlieben, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Ihre Sucht nach Unabhängigkeit und ihr tiefverwurzeltes Mißtrauen gegen Menschen würden es ihr niemals erlauben, die emotionale Bindung einer Ehe einzugehen, ihr Egoismus und ihre Hemmungslosigkeit würden es ihr niemals erlauben, für ein Kind zu sorgen. Wenn sie mit einem Mann zusammen war, fühlte sie sich nur sicher, wenn sie alles unter Kontrolle hatte, gefühlsmäßig und körperlich. Dies zeigte sich auch im Bett. Vor langer Zeit hatte Catherine festgestellt, daß sie nur einen Orgasmus bekommen konnte, wenn sie auf dem Mann lag.
Sie hatte sich ein Bild von dem Leben gemacht, das sie sich wünschte. Nach dem Krieg wollte sie in den Süden gehen - an die Costa del Sol, nach Südfrankreich oder Italien - und sich eine kleine Villa mit Blick aufs Meer kaufen. Sie würde alleine leben, sich die Haare abschneiden und am Strand liegen, bis ihre Haut tiefbraun war. Und wenn sie einen Mann brauchte, würde sie sich einen in die Villa holen, sich seines Körpers bedienen, bis sie befriedigt war, und ihn dann hinauswerfen, um wieder allein am Kamin zu sitzen und dem Rauschen des Meeres zu lauschen. Vielleicht würde sie Maria gelegentlich erlauben, eine Zeitlang bei ihr zu wohnen. Maria war die einzige, die sie verstand. Um so mehr hatte es sie verletzt, daß Maria sie verraten hatte.
Catherine war so, wie sie war. Weder haßte sie sich deswegen, noch liebte sie sich deswegen. Bei wenigen Gelegenheiten hatte sie über ihre Psyche nachgedacht und war zu dem Ergebnis gelangt, daß sie ein recht interessanter Charakter sei. Und sie hatte begriffen, daß sie die perfekte Spionin war - in emotionaler, körperlicher und geistiger Hinsicht. Emilio Romero hatte das erkannt, ebenso Vogel. Sie verabscheute beide, aber sie hatten recht gehabt. Wenn sie sich im Spiegel betrachtete, kam ihr nur ein Wort in den Sinn: Spionin.
Das Taxi hielt vor Jordans Haus. Er nahm ihre Hand und half ihr aus dem Wagen, dann bezahlte er den Fahrer. Er schloß die Vordertür seines Hauses auf und führte sie hinein. Er zog die Tür wieder zu, bevor er Licht machte - Verdunkelungsvorschrift. Für einen Augenblick war Catherine verwirrt und fühlte sich schutzlos. Sie war nicht gern mit einem fremden Mann in einem fremden dunklen Haus. In nächsten Moment machte Jordan Licht.
»Meine Güte«, sagte sie. »Wie sind Sie zu einem solchen Quartier gekommen? Ich dachte, alle amerikanischen Offiziere werden in Hotels und Pensionen zusammengepfercht.«
Catherine kannte die Antwort natürlich. Doch sie mußte die Frage stellen. Es kam selten vor, daß ein amerikanischer Offizier allein in einem solchen Haus lebte.
»Mein Schwiegervater hat das Haus vor Jahren gekauft. Er hat geschäftlich und privat viel Zeit in London verbracht und deshalb beschlossen, sich hier eine Zweitwohnung zu nehmen. Offen gestanden, bin ich darüber sehr froh. Die Vorstellung, den Krieg wie in einer Sardinenbüchse im Grosvenor House zu verbringen, sagt mir nicht besonders zu. Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?«
Er half ihr aus dem Mantel und hängte ihn an die Garderobe.
Catherine sah sich um Wohnzimmer um. Es war schön eingerichtet, mit bequemen Ledersofas und Sesseln,
Weitere Kostenlose Bücher