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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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nahegestanden hatte.
    Vicary brach das Schweigen als erster. Er wandte den Blick von ihr ab und sagte: »Tut mir leid wegen unserer Verabredung zum Lunch, Helen. Mir kam dienstlich was dazwischen. Ich konnte nicht weg und kam nicht einmal dazu, dich anzurufen.«
    »Schon gut, Alfred. Ich habe eine Stunde lang allein am Tisch im Connaught gesessen und mich sinnlos betrunken.« Vicary sah sie scharf an. »Ich ziehe dich nur auf, Alfred, aber ich will nicht verhehlen, daß ich enttäuscht war. Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich den Mut aufgebracht habe, mich bei dir zu melden. Ich habe dich so schrecklich...« Ihre Stimme erstarb, und der Satz blieb unvollendet.
    Ja, das hast du, Helen, dachte Vicary und sagte: »Das ist lange her. Wie um alles in der Welt hast du mich gefunden?«
    Sie hatte ihn zwanzig Minuten zuvor im Büro angerufen. Er hatte den Hörer abgenommen und mit allem gerechnet - daß Boothby ihn nach oben bestellte, um ihm wieder einmal zu demonstrieren, wie intelligent er war, oder daß Harry ihm mitteilte, Catherine Blake habe erneut jemandem ins Gesicht geschossen, oder daß Peter Jordan ihm eröffnete, er werde sich nicht mehr mit Catherine Blake treffen - mit allem, nur nicht damit, ihre Stimme zu hören. Es hatte ihm fast den Atem verschlagen. »Guten Tag, mein Lieber, ich bin es«, hatte sie gesagt, und wie ein guter Agent hatte sie nicht ihren Namen genannt. »Willst du mich immer noch sehen? Ich bin in einer Telefonzelle gegenüber deinem Büro. Ach bitte, Alfred...«
    »Mein Vater ist mit dem Generaldirektor befreundet«, sagte sie jetzt. »Und David ist ein guter Freund von Basil Boothby.
    Ich weiß schon lange, daß du dort arbeitest.«
    »Dein Vater, Boothby, David - alle meine Busenfreunde.«
    »Keine Sorge, Alfred, sie sitzen nicht herum und ziehen über dich her.«
    »Na, Gott sei Dank!«
    Sie drückte seine Hand. »Wie um alles in der Welt bist du zu diesem Posten gekommen?«
    Er erzählte ihr die Geschichte. Wie er sich vor dem Krieg mit Churchill angefreundet hatte. Wie er in den Beraterkreis Churchills aufgenommen worden war. Wie Churchill ihn an jene m Nachmittag im Mai 1940 in Chartwell geködert hatte.
    »Im Badezimmer?« rief Helen.
    Vicary nickte und lächelte bei der Erinnerung.
    »Wie sieht der Premierminister nackt aus?«
    »Sehr rosig. Und ehrfurchteinflößend. Ich habe für den Rest des Tages Rule Britannia gesummt.«
    Helen lachte. »Deine Arbeit muß sehr aufregend sein.«
    »Mitunter ja. Manchmal kann sie aber auch schrecklich langweilig und öde sein.«
    »Hast du nie Lust, mit jemandem über all die Geheimnisse zu reden, die du kennst?«
    »Helen!«
    »Sag schon«, drängte sie.
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Ich schon«, sagte sie und sah weg. Einen Moment später wandte sie ihm wieder den Blick zu. »Du siehst großartig aus, Alfred. Richtig gut. Der Krieg scheint dir gut zu bekommen.«
    »Danke.«
    »Ich muß allerdings zugeben, daß ich die Tweedanzüge vermisse. Jetzt trägst du Grau wie alle anderen.«

    »In Whitehall ist das leider eine Art Uniform. Aber ich habe mich daran gewöhnt. Die Veränderung hat mir sogar gefallen.
    Trotzdem bin ich froh, wenn alles vorbei ist und ich wieder an die Universität zurückkehren kann, wo ich hingehöre.«
    Er konnte gar nicht glauben, was er da eben gesagt hatte. Vor einiger Zeit hatte er noch gedacht, der MI 5 sei seine Rettung.
    Doch inzwischen wußte er, daß er das keineswegs war. Er hatte die Zeit beim MI5 genossen, die Spannung, den Streß, sogar das schlechte Essen in der Kantine und die Schlachten mit Boothby, diese bunt zusammengewürfelte Crew begeisterter Amateure, die wie er selbst im Verborgenen wirkten. Einmal hatte er sogar mit dem Gedanken gespielt, nach dem Krieg um eine Verlängerung seiner Dienstzeit zu bitten. Aber es würde nicht mehr dasselbe sein, wenn das Damoklesschwert des nationalen Untergangs nicht mehr über einem hing.
    Außerdem stellte die Geheimdienstarbeit für ihn zwar eine intellektuelle Herausforderung dar, doch im Grund verabscheute er sie. Er war Historiker. Seinem eigenen Wesen und seiner Ausbildung entsprach das Streben, die Wahrheit zu erforschen.
    Beim Geheimdienst ging es um Lüge und Betrug. Um Verrat.
    Hier heiligte der Zweck die Mittel. Man stieß dem Feind den Dolch in den Rücken und, wenn nötig, vielleicht sogar einem Freund. Er war sich überhaupt nicht sicher, ob er den Menschen mochte, der aus ihm geworden war.
    »Wie geht es übrigens David?« fragte er.
    Helen

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