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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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fühlen Sie sich?«

    »Das Schlimmste habe ich überstanden. Dein Vater hat einen harten Schlag. Aber das weißt du ja besser als jeder andere.«
    Sie streckte im Dunkeln den Arm aus und berührte sein Gesicht. »Sie hätten zum Arzt gehen sollen. Das war eine böse Platzwunde in Ihrem Gesicht.«
    »Mary hat sie gut versorgt.«
    Jenny lächelte. »Sean hat ihr viel Gelegenheit zum Üben gegeben. Als Sean jung war, sagt sie, war ein Samstagabend kein Samstagabend, wenn er nicht mit einer zünftigen Schlägerei vor der Kneipe endete.«
    »Wie geht es deinem Vater? Ich fürchte, ich habe einmal zuviel zugeschlagen.«
    »Er kommt schon wieder in Ordnung. Na ja, sein Gesicht ist übel zugerichtet, aber eine Schönheit war er sowieso nie.«
    »Tut mir leid, Jenny. Die ganze Sache war lächerlich. Es war meine Schuld. Ich hätte ihn einfach ignorieren sollen.«
    »Der Wirt sagt, daß mein Vater angefangen hat. Er hat nur bekommen, was er verdient. Das war schon lange fällig.«
    »Dann bist du mir nicht mehr böse?«
    »Nein. So wie Sie hat sich noch nie jemand für mich eingesetzt. Das war sehr tapfer von Ihnen. Mein Vater ist bärenstark. Er hätte Sie umbringen könne n.« Sie nahm die Hand von seinem Gesicht und strich über seine Brust. »Wo haben Sie gelernt, so zu kämpfen?«
    »In der Armee.«
    »Es war schrecklich. Mein Gott, Ihr Körper ist ja mit Narben übersät.«
    »Ja, ich hatte in meiner Vergangenheit ein sehr bewegtes Leben.«
    Sie rückte näher. »Wer bist du, James Porter? Und was treibt dich nach Hampton Sands?«

    »Ich bin hergekommen, um dich zu beschützen.«
    »Bist du mein Ritter in einer glänzenden Rüstung?«
    »So etwas Ähnliches.«
    Jenny stand abrupt auf und zog sich den Pullover über den Kopf.
    »Jenny, was fällt dir denn ein...«
    »Psst, du weckst Mary.«
    »Du kannst nicht hierbleiben.«
    »Es ist schon nach Mitternacht. Du wirst mich doch nicht in die Nacht hinausjagen, oder?«
    Sie hatte ihre Gummistiefel und ihre Hosen ausgezogen, bevor er antworten konnte. Sie kroch ins Bett, schlüpfte unter seinem Arm durch und kuschelte sich an ihn.
    »Wenn Mary dich hier findet, bringt sie mich um.«
    »Du wirst doch vor Mary keine Angst haben?«
    »Mit deinem Vater werde ich fertig. Aber Mary ist ein anderes Kaliber.«
    Sie küßte ihn auf die Wange und sagte: »Gute Nacht.« Nach ein paar Minuten ging ihr Atem ruhig und gleichmäßig.
    Neumann lehnte seinen Kopf an ihren, lauschte dem Wind, und Augenblicke später war auch er eingeschlafen.

45
    Berlin

    Die Lancaster-Bomber kamen um zwei Uhr morgens. Vogel, der auf dem Feldbett in seinem Büro schlief, stand auf und trat ans Fenster. Die Bomben ließen Berlin erbeben. Er schob den Verdunkelungsvorhang auseinander und blickte nach draußen.
    Der Wagen stand immer noch da - eine schwarze Limousine, die auf der anderen Straßenseite parkte. Sie hatte den ganzen Nachmittag und Abend dort gestanden. Vogel wußte, daß mindestens drei Männer darin saßen, denn er sah ihre glimmenden Zigaretten. Und er wußte, daß der Motor lief, denn er sah die Abgase aus dem Auspuff in die kalte Nachtluft entweichen. Als Profi wunderte er sich über diese stümperhafte Beschattung. Sie rauchten, obwohl klar war, daß die Glut im Dunkeln zu sehen war. Sie ließen den Motor laufen, damit sie es warm hatten, obwohl jeder Amateur die Abgase sehen konnte.
    Doch die Gestapo hielt nicht viel von den Feinheiten des Gewerbes. Sie setzte auf Terror und brutale Gewalt.
    Vogel dachte über sein Gespräch mit Himmler im Haus seiner Schwiegereltern nach. Er mußte zugeben, daß an Himmlers Theorie einiges dran war. Die Tatsache, daß die meisten deutschen Agentennetze in Großbritannien noch operierten, war kein Beweis für Canaris' Loyalität gegenüber Hitler. Sie deutete vielmehr auf das Gegenteil hin - daß er ein Verräter war. Wenn der Chef der Abwehr aber ein Verräter war, wozu sich dann die Mühe machen, seine Spione in Großbritannien unter großem Trara zu verhaften und zu hängen? Warum diese Spione nicht benutzen und, im Verein mit Canaris, den Versuch unternehmen, Hitler mit irreführenden Informationen zu täuschen?
    Vogel hielt dieses Szenario für plausibel. Aber ein Täuschungsmanöver dieser Größenordnung war kaum vorstellbar. Die Gegenseite hätte jeden deutschen Agenten in Gewahrsam nehmen oder umdrehen müssen. Hunderte von britischen Geheimdienstoffizieren müßten an dem Projekt mitwirken und stapelweise fingierte Berichte schreiben, die dann nach

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