Double Cross. Falsches Spiel
dornigen Strauch, der sich in seiner Jacke verhakte und ihm das Gesicht zerkratzte.
Neumann riß sich los und entriegelte das Gartentor. Er schlich durch den Garten zum Hintereingang. Er drückte die Klinke. Die Tür war verschlossen, aber sie hatte ein unterteiltes Fenster. Er zog die Mauser aus der Tasche und zerschlug mit ihr die linke untere Scheibe. Das Geräusch war überraschend laut. Er griff durch das zerbrochene Fenster und schloß die Tür auf. Dann huschte er durch den Flur und stieg die Treppe hinauf.
Er gelangte zu Catherines Tür und klopfte leise.
»Wer ist da?« fragte ihre Stimme.
»Ich bin's.«
Sie öffnete. Neumann ging hinein und schloß die Tür.
Catherine trug Hosen, einen Pullover und eine Lederjacke. Das tragbare Funkgerät stand neben der Tür. Neumann sah ihr ins Gesicht. Es war aschfahl.
»Vielleicht bilde ich es mir nur ein«, sagte sie. »Aber ich glaube, unten ist etwas im Gange. Ich habe Männer auf der Straße herumlaufen sehen, und ein paar sitzen in parkenden Autos.«
In der Wohnung war es dunkel, nur im Wohnzimmer brannte eine Lampe. Neumann durchquerte mit ein paar schnellen Schritten den Raum und löschte sie. Er trat ans Fenster, hob den Verdunkelungsrollo an einer Ecke und spähte auf die Straße hinunter. Im spärlichen Licht des Abendverkehrs konnte er sehen, wie vier Männer das Wohnhaus gegenüber verließen und über die Straße rannten.
Neumann wirbelte herum und riß die Mauser aus der Tasche.
»Sie kommen! Schnappen Sie sich das Funkgerät, und folgen Sie mir. Los!«
Harry Dalton stieß die Vordertür auf und ging hinein, gefolgt von den Männern von der Special Branch. Er machte gerade noch rechtzeitig Licht, um zu sehen, wie Catherine Blake durch die Hintertür schlüpfte, ein Funkgerät in der Hand.
Horst Neumann hatte die Hintertür mit einem Tritt aufgestoßen und rannte gerade durch den Garten, als er im Haus einen Schrei hörte. Er hastete weiter durch die Dunkelheit, die Mauser in der ausgestreckten Hand. Das Gartentor flog auf, und ein Mann mit erhobener Waffe erschien in der Öffnung. Er schrie: »Halt, stehenbleiben!«, doch Neumann rannte weiter und feuerte zweimal. Der erste Schuß traf den Mann in die Schulter und wirbelte ihn herum. Der zweite zerschmetterte ihm das Rückgrat und tötete ihn sofort.
Ein zweiter Mann trat an seine Stelle und versuchte zu feuern.
Neumann drückte den Abzug. Die Mauser hüpfte in seiner Hand - fast lautlos, nur das dumpfe Klicken des Schlagbolzens war zu hören. Der Kopf des Mannes explodierte.
Neumann stürmte durch das Tor, sprang über die Leichen und spähte in die Dunkelheit. Es war niemand mehr hinter dem Haus. Er wandte sich um und sah nach Catherine. Sie rannte ein paar Meter hinter ihm, in der Hand das Funkgerät. Drei Männer verfolgten sie. Er hob die Pistole und feuerte in die Dunkelheit.
Er hörte zwei Schreie. Catherine rannte weiter.
Neumann drehte sich wieder um und begann, über den Schutt zu klettern.
Harry spürte, wie die Kugeln an seinem Kopf vorbeipfiffen, und er hörte die Schreie der beiden Männer hinter ihm.
Catherine Blake war direkt vor ihm. Er rannte mit ausgestreckten Armen durch die Dunkelheit. Er begriff, daß er entschieden im Nachteil war. Er war unbewaffnet und allein. Er konnte stehenbleiben und nach der Waffe eines der getroffenen Männer suchen, dann die Verfolgung wieder aufnehmen und beide Spione erschießen. Doch die Wahrscheinlichkeit war groß, daß er dabei von Rudolf getötet wurde. Er konnte auch ins Haus zurückkehren und die Männer in der Wohnung gegenüber alarmieren. Aber dann wären Catherine Blake und Rudolf längst über alle Berge. Die Suche würde wieder ganz von vorn beginnen, die Spione würden ihr Funkgerät benützen und Berlin über ihre Entdeckung informieren, und der Krieg wäre verloren.
Verdammt!
Das Funkgerät!
Ich kann sie vielleicht nicht aufhalten, dachte er, aber ich kann sie eine Weile von Berlin abschneiden.
Harry stieß einen kehligen Schrei aus, hechtete in die Dunkelheit und bekam das Funkgerät mit beiden Händen zu fassen. Er versuchte, es ihrem Griff zu entwinden, aber sie fuhr herum und hielt es mit überraschender Kraft fest. Er blickte nach oben und sah zum ersten Mal ihr Gesicht - rot und häßlich vor Wut. Wieder versuchte er, ihr das Gerät zu entreißen, aber es gelang ihm nicht. Ihre Finger umklammerten den Griff wie ein Schraubstock. Catherine schrie Rudolfs richtigen Namen. Er klang wie ›Wurst‹.
Dann hörte
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