Double Cross. Falsches Spiel
eingeleitet und die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. Vermutlich ist das halbe Land auf den Beinen und sucht hinter jedem Busch nach Ihnen. Ich bin überrascht, daß Sie es überhaupt bis hierher geschafft haben.«
»Wir haben größere Städte gemieden. Und das war anscheinend gut so. Bis jetzt haben wir jedenfalls keine Polizei auf den Straßen gesehen.«
»Naja, das wird nicht so bleiben. Da können Sie sicher sein.«
Neumann sah auf seine Armbanduhr. Es war ein paar Minuten nach Mitternacht. Er hob Seans Petroleumlampe auf und stellte sie auf den Arbeitstisch. Dann nahm er das Funkgerät aus dem Schrank und schaltete es ein.
»Das U-Boot kreuzt in der Nordsee. Wenn es unser Signal erhält, wird es bis sechs Uhr morgens exakt fünfzehn Kilometer östlich von Spurn Head auf uns warten. Wenn wir nicht auftauchen, fährt es wieder aufs Meer hinaus und wartet auf weitere Nachrichten von uns.«
»Und wie sollen wir da hinkommen, zu diesem Treffpunkt fünfzehn Kilometer östlich von Spurn Head?« fragte Catherine.
Dogherty trat einen Schritt vor. »Ein gewisser Jack Kincaid wird uns helfen. Er ha t ein kleines Fischerboot. Es liegt an einem Kai im Humber.« Dogherty kramte eine alte Generalstabskarte aus der Vorkriegszeit hervor. »Das Boot liegt hier«, sagte er und deutete auf die Karte. »Die Stadt heißt Cleethorpes. Sie liegt etwa 150 Kilometer die Küste rauf. Es wird eine anstrengende Fahrt bei dem Wetter, und die Verdunkelung macht die Sache nicht gerade leichter. Kincaid wohnt über einer Werkstatt am Hafen. Ich habe gestern mit ihm gesprochen. Er weiß, daß wir vielleicht kommen.«
Neumann nickte. »Wenn wir gleich aufbrechen, haben wir etwa sechs Stunden für die Fahrt. Ich glaube, das müßte reichen.
Die nächste Gelegenheit, auf das U-Boot zu kommen, ist erst in drei Tagen. Ich bin nicht darauf erpicht, mich drei Tage lang zu verstecken, während jeder Polizist in England nach uns sucht.
Ich würde sagen, wir versuchen es heute nacht.«
Catherine nickte. Neumann setzte den Kopfhörer auf und stellte die richtige Frequenz ein. Er funkte ein Erkennungssignal und wartete auf die Antwort. Wenige Minuten später forderte der Funker des U-Boots Neumann zum Fortfahren auf.
Neumann holte tief Luft und morste sorgfältig seine Nachricht, dann meldete er sich ab und schaltete das Funkgerät aus.
»Damit hätten wir nur noch eine Sache zu klären«, sagte er und wandte sich an Dogherty. »Kommen Sie mit uns?«
Dogherty nickte. »Ich habe es mit Mary besprochen. Sie sieht es wie ich. Ich begleite Sie nach Deutschland, und dann können Vogel und seine Freunde mir helfen, zurück nach Irland zu kommen. Mary kommt nach, wenn ich dort bin. Wir haben Freunde und Angehörige in Irland, die uns helfen werden, bis wir uns eingelebt haben. Wir kommen schon zurecht.«
»Und wie hat Mary es aufgenommen?«
Dogherty machte ein finsteres Gesicht und schwieg. Neumann wußte, daß er und Mary sich wahrscheinlich nie wiedersehen würden. Er ergriff die Petroleumlampe, legte Dogherty eine Hand auf die Schulter und sagte: »Gehen wir.«
Martin Colville stand keuchend neben seinem Fahrrad. In Doghertys Scheune brannte Licht. Er legte das Fahrrad neben den Weg, dann schlich er leise über die Wiese und kauerte sich im Regen neben der Scheune nieder. Er horchte angestrengt, was in der Scheune gesprochen wurde.
Es war unglaublich.
Sean Dogherty arbeitete für die Nazis. Und der Mann, der sich James Porter nannte, war ein deutscher Agent. Ein deutsches Agentennest, hier in Hanipton Sands!
Colville bemühte sich, noch mehr von dem Gespräch zu verstehen. Sie wollten die Küste von Lincolnshire hinauffahren, sich mit einem Boot aufs Meer hinausbringen lassen und in ein U-Boot umsteigen. Colville schlug das Herz bis zum Hals, und sein Atem ging schneller. Er zwang sich, ruhig zu bleiben und klar zu denken.
Er hatte zwei Möglichkeiten: Er konnte ins Dorf zurückfahren und die Polizei alarmieren oder allein in die Scheune gehen und die Spione selbst gefangennehmen. Beide Möglichkeiten hatten ihre Nachteile. Wenn er wegging und Hilfe holte, waren Dogherty und die anderen wahrscheinlich schon weg, bis er zurückkam. An der Küste von Norfolk gab es nur wenige Polizisten, kaum genug für eine Suchaktion. Wenn er dagegen alleine hineinging, waren die anderen in der Überzahl. Er konnte sehen, daß Sean seine Schrotflinte dabeihatte, und die beiden anderen waren wahrscheinlich ebenfalls bewaffnet. Dafür hätte er das
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