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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Überraschungsmoment auf seiner Seite.
    Und es gab noch einen zweiten Grund, warum ihm die zweite Möglichkeit gefiel: Es würde ihm ein besonderes Vergnügen sein, mit dem Deutschen abzurechnen, der sich James Porter nannte. Colville wußte, daß er handeln mußte, und zwar schnell.
    Er riß die Patronenschachtel auf und schob zwei Patronen in die Läufe seiner Flinte. Noch nie hatte er sie auf etwas anderes gerichtet als auf ein Rebhuhn oder einen Fasan, und er fragte sich, ob er die Nerven haben würde, auf einen Menschen zu schießen.
    Er stand auf und machte einen Schritt auf das Tor zu.
    Jenny trat in die Pedale, daß ihr die Beine schmerzten. Sie fuhr durch das Dorf, an der Kirche und dem Friedhof vorbei, dann über die kleine Brücke. Das Heulen des Sturms und das Donnern der See erfüllten die Luft. Der Regen peitschte ihr ins Gesicht, und der Wind warf sie fast um.
    Sie sah das Fahrrad ihres Vaters im Gras neben dem Weg liegen und hielt an. Warum hatte er es hier zurückgelassen?
    Warum war er nicht den ganzen Weg zum Cottage gefahren?
    Sie gla ubte, die Antwort zu kennen: Er hatte zum Cottage hinaufschleichen wollen, ohne gesehen zu werden.
    In diesem Augenblick hörte sie einen Schuß. Er kam aus Seans Scheune. Sie stieß einen Schrei aus, sprang vom Rad und ließ es neben das ihres Vaters fallen. Sie rannte über die Wiese und dachte: Lieber Gott, mach, daß er nicht tot ist. Mach, daß er nicht tot ist.

52
    Scarborough, England

    Etwa hundertfünfzig Kilometer nördlich von Hampton Sands fuhr Charlotte Endicott mit ihrem Fahrrad in den kleinen kiesbedeckten Hof vor dem Horchposten des Y-Dienstes in Scarborough. Die Fahrt von ihrer Unterkunft in einem überfüllten Gästehaus in der Stadt war mühsam gewesen - Wind und Regen auf dem ganzen Weg. Durchgefroren und naß bis auf die Haut, stieg sie ab und stellte ihr Fahrrad neben mehreren anderen in den Ständer.
    Eine heftige Böe rüttelte an den drei riesigen Antennen, die oben auf den Klippen in die Höhe ragten. Charlotte Endicott blickte zu ihnen empor, als sie über den Hof eilte. Sie riß die Tür der Hütte auf und ging hinein. Hinter ihr schlug der Wind die Tür zu.
    Ihre Schicht begann erst in ein paar Minuten. Sie zog ihren triefenden Regenmantel aus, band ihren Hut los und hängte beides an einen klapprigen Kleiderständer in der Ecke. Die Hütte war kalt und zugig, die Einrichtung auf das Nötigste beschränkt. Gleichwohl gab es eine kleine Kantine. Charlotte ging hinein und goß sich eine Tasse heißen Tee ein. Dann setzte sie sich an einen der kleinen Tische und zündete sich eine Zigarette an. Eine schlechte Angewohnheit, das wußte sie, aber sie machte den Job eines Mannes, also durfte sie auch rauchen wie ein Mann. Und sie gefiel sich mit einer Zigarette in der Hand. Rauchen war sexy und hatte Stil und ließ sie etwas älter als dreiundzwanzig wirken. Außerdem war sie inzwischen süchtig danach. Die Arbeit war anstrengend, die Dienstzeiten grausam und das Leben in Scarborough todlangweilig. Und doch genoß sie jeden Moment.
    Nur einmal hatte sie ihre Arbeit wirklich gehaßt, während der schrecklichen Luftschlacht um England. Die Marinehelferinnen in Scarborough konnten damals mithören, was die deutschen und britischen Piloten in ihren Cockpits sprachen. Einmal schrie ein junger Engländer und rief weinend nach seiner Mutter, als seine angeschossene Spitfire dem Meer entgegenstürzte. Dann war der Funkkontakt abgerissen, und sie war hinausgerannt und hatte sich übergeben. Sie war froh, daß diese Tage vorbei waren.
    Charlotte sah zur Wanduhr hinauf - fast Mitternacht. Zeit, den Dienst anzutreten. Sie stand auf und glättete ihre feuchte Uniform. Sie nahm einen letzten Zug - Rauchen war am Arbeitsplatz nicht erlaubt - und drückte die Kippe in dem randvollen kleinen Aschenbecher aus. Sie verließ die Kantine und ging hinüber zum Arbeitsraum. Der Wachposten studierte ihren Ausweis überaus sorgfältig, obwohl er sie schon hundert Mal gesehen hatte, und gab ihn mit einem etwas übertriebenen Lächeln zurück. Charlotte wußte, daß sie eine attraktive junge Frau war, aber hier war nicht der passende Ort für einen Flirt.
    Sie drückte die Schwingtüren auf und setzte sich an ihren Platz.
    Wie immer überlief sie dabei ein kurzer Schauer der Erregung.
    Sie starrte einen Augenblick auf die Leuchtskalen ihres RCA-ARSuperheterodynempfängers, dann setzte sie den Kopfhörer auf. Der spezielle Störschutzfilter des RCA erlaubte ihr, deutsche

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