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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Katastrophe wurde dadurch noch erhöht, daß sie nicht in der Lage gewesen waren, eine letzte Botschaft nach Berlin zu senden und zu erklären, warum sie aus England fliehen mußten. Vogel hatte somit keine Möglichkeit, die Echtheit des Materials zu beurteilen, das Catherine Blake über die Operation Mulberry beschafft hatte. Hitler war außer sich, als er von der Sache erfuhr. Er hatte Canaris sofort entlassen und die Abwehr und ihre 16000 Agenten Schellenberg unterstellt.
    Vogel hatte irgendwie überlebt. Schellenberg und Himmler vermuteten, daß Canaris die Operation sabotiert habe, und hielten Vogel - wie Catherine Blake und Horst Neumann - für ein unschuldiges Opfer dieses Verrats.
    Vogel hatte eine andere Theorie. Er vermutete, daß der britische Geheimdienst Catherine Blake das Material untergeschoben hatte. Er vermutete, daß sie und Neumann geflohen waren, weil Neumann entdeckt hatte, daß Catherine Blake von der Gegenseite beschattet wurde. Er vermutete, daß es bei Operation Mulberry nicht um einen Luftabwehrkomplex ging, der in der Straße von Dover stationiert werden sollte, sondern, wie Hitler einmal selbst geäußert hatte, um künstliche Häfen für die Küste der Normandie. Und er nahm an, daß alle anderen Agenten in Großbritannien ausgeschaltet waren - daß man sie entweder geschnappt oder zur Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdienst gezwungen hatte, wahrscheinlich schon zu Beginn des Krieges.
    Vogel hatte jedoch für keine dieser Spekulationen einen Beweis, und als gelernter Jurist hatte er nicht die Absicht, unbewiesene Vermutungen zu äußern. Und selbst wenn er solche Beweise hätte, so würde er sie nicht unbedingt an Leute wie Schellenberg und Himmler weitergeben.
    Eines der Telefone auf Schellenbergs Schreibtisch klingelte.
    Es war ein Anruf, den er annehmen mußte. Mit einem Seufzer ließ er sich verbinden und sprach fünf Minuten. Dabei achtete er sorgfältig darauf, daß Vogel vom Inhalt des Gesprächs nicht allzuviel mitbekam. Der Wind, der die Rußflocken mit sich getragen hatte, hatte sich gelegt. Die Ruinen Berlins glänzten in der Aprilsonne. Zerbrochenes Glas funkelte wie Eiskristalle.
    Es hatte seine Vorteile, bei der Abwehr zu bleiben und mit ihrer neuen Führung zu kooperieren. Vogel hatte Gertrude und seine beiden Töchter heimlich in die Schweiz bringen lassen, und als guter Agentenführer hatte er die Operation durch ein raffiniertes Täuschungsmanöver finanziert. Er hatte Mittel von Konten der Abwehr auf Gertrudes Privatkonto in der Schweiz überwiesen und den Transfer vertuscht, indem er persönliche Mittel aus Deutschland auf die Schweizer Konten der Abwehr überwies. Auf diese Weise hatte er in aller Stille soviel Geld ins Ausland geschmuggelt, daß sie nach dem Krieg einige Jahre bequem leben konnten. Und er hatte noch mehr Kapital - die Informationen, die er in seinem Kopf gespeichert hatte. Vogel war überzeugt, daß ihn Briten und Amerikaner für diese Informationen gut bezahlen und unter Schutz stellen würden.
    Schellenberg legte auf und machte ein Gesicht, als habe er Sodbrennen.
    »So«, sagte er. »Kapitän Vogel, ich habe Sie heute zu mir gebeten, weil ich aufregende Neuigkeiten aus London habe.«
    »Oh?« Vogel zog eine Augenbraue hoch.
    »Ja, unsere Quelle im MI5 hat ein paar sehr interessante Informationen geliefert.«
    Schellenberg zog mit großer Geste die Kopie eines Funkspruchs hervor und reichte sie Vogel. Äußerst raffinierte Manipulation, dachte Vogel, als er den Funkspruch las. Er gab Schellenberg die Kopie zurück.
    »Daß sie so drastische Maßnahmen gegen einen persönlichen Freund und Vertrauten Churchills ergreifen, ist wirklich bemerkenswert«, sagte Schellenberg. »Und die Quelle ist über jeden Zweifel erhaben. Ich habe den Mann persönlich angeworben. Er ist keiner von Canaris' Versagern. Ich glaube, das britische Verhalten beweist, daß die von Ihren Agenten beschafften Informationen echt waren.«
    »Ja. Ich glaube, da haben Sie recht, Herr Brigadeführer.«
    »Der Führer muß davon sofort in Kenntnis gesetzt werden. Er wird heute abend den japanischen Botschafter über die Vorbereitungen fü r die Invasion informieren. Ich bin sicher, daß er dies gerne weitergeben wird.«
    Vogel nickte.
    »Ich fliege in einer Stunde in Tempelhof ab. Es wäre mir recht, wenn Sie mich begleiten und den Führer persönlich informieren. Schließlich war es ja Ihre Operation. Außerdem hat der Führer einen Narren an Ihnen gefressen. Ihnen winkt eine

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