Down
durch das Holz glitt wie eine Rasierklinge über eingeschäumte Haut.
Etwas Wunderbares passierte, während er schnitzte. Mit jedem Schnitt, jedem Zentimeter, den er dem Baum abtrotzte, fühlte er, wie er der Dunkelheit in der Tiefe näher kam. Er spürte eine unbändige Energie, die durch ihn strömte. Beim Arbeiten fühlte er sich größer, mächtiger. Eine Gier regte sich in ihm und mit ihr kam ein Hunger nach Gewalt. Er wollte sich nicht damit begnügen, die Dunkelheit aus ihrem Gefängnis zu befreien. Nein, die anderen mussten leiden. Wenn sich das Loch in der Welt auftat, würde es nach frischem Blut verlangen, aber es war wählerisch. Er stellte sich vor, wie seine Hände, die sich so stark anfühlten, weiches Fleisch zerrissen, und hätte am liebsten gejubelt. In seinem Geist malte er sich aus, wie sie ihn entsetzt anflehen würden, dass er sie verschonte. Er sah, wie Körper strampelten, während er sie zum Loch schleifte, zu den grauen, ausgestreckten Händen, die die Arbeit vollenden und die Macht in der Tiefe füttern würden.
Sein Lächeln verschwand, als er die Schritte hörte. Sie waren eilig und bewegten sich auf die Lichtung zu. Er spürte einen kurzen Moment lang etwas, an das er sich kaum noch erinnern konnte und das er als Panik identifizierte. Im nächsten Augenblick fühlte er die Kraft der herannahenden Gestalt und wusste, dass die Dunkelheit auch sie in ihr Reich aufgenommen hatte. Als die Frau aus dem Wald hervortrat, vermeinte er, sie wiederzuerkennen. Er war nicht sicher, doch eine Stimme in seinem Inneren verkündete, dass er diese Frau gekannt hatte. Blut klebte an ihrem Kinn und tränkte die Vorderseite ihres Shirts. Schwarze Tränen zierten ihre Augen. Die Hände fingen an, sich in Klauen zu verwandeln. Sie hatte Blut kosten dürfen und dieser Umstand erfüllte ihn mit Neid. Der Hunger in ihm verlangte nach einer Kostprobe, wollte darin ertrinken.
Ohne nachzudenken, ließ er den Baum mit dem halb fertiggestellten Symbol allein und näherte sich der Frau. Sie musterte ihn mit den glühenden Augen eines Raubtiers und gefletschten Zähnen. Ihr durchnässtes Oberteil klebte an ihrer Brust. Das Heben und Senken erregte ihn irgendwie. Knurrend trat er vor und drückte seinen Mund auf ihren. Sie biss ihn und er genoss jeden Tropfen von Lust und Gewalt.
Gemeinsam bildeten sie etwas Neues. Etwas Besseres. Sie würden den anderen zeigen, wie unwichtig sie waren, nichts weiter als Treibstoff für die Dunkelheit da unten. Sie kicherte, als er das Blut von ihrem Kinn und ihrem Hals leckte. Seine Hände wanderten über ihren Oberkörper und die Spitzen seiner Klauen gruben sich in ihr Fleisch. Er wurde steif. Die Lust war eine der letzten verbliebenen menschlichen Empfindungen. Er genoss sie, wusste aber auch, dass er sie nicht vermissen würde, wenn sie nicht mehr da war.
Das Knurren hinter ihm lenkte ihn von der Frau und ihrem Körper ab. Greg drehte sich um. Das Biest ragte vor ihnen auf. Jeder Ausdruck von Emotion war schon lange aus seinen Augen gewichen. Es war erfüllt von tiefer Entschlossenheit und Greg versank in diesem Blick und dachte an das, was von ihm erwartet wurde.
Ohne einen weiteren Laut streckte die Kreatur eine Klaue aus und zeigte in den Wald hinein. Er folgte dem schwarzen Dolch aus Fleisch und wusste, dass in dieser Richtung die Absturzstelle lag. Ein Blitz aus purer Begeisterung durchzuckte ihn. Er ballte seine Hände zu festen, unruhigen Fäusten, wobei seine Klauen sich in die Handflächen bohrten. Es war so weit. Die Dunkelheit drängte an die Oberfläche – sie wollte endlich frei sein. Er würde die Frau begleiten und das Blut und Fleisch beschaffen, welche benötigt wurden, um ein weiteres Portal in die Welt zu öffnen.
Er warf ihr einen Blick zu und ein Teil von ihm wünschte, er könnte sich an ihren Namen erinnern. Die Frau stand neben ihm und strich mit ihren scharfen, geschwärzten Fingerspitzen über ihren Bauch. Ihr T-Shirt hing bereits in Fetzen und er sah das Blut in roten und schwarzen Rinnsalen aus den Kratzern quellen. Es trat ebenfalls aus den Rändern ihres Mundes, wo die Haut aufplatzte, als sich ihr Lächeln immer weiter ausdehnte. Er fand, dass er noch nie etwas so Anziehendes miterlebt hatte, doch dann erstarb die Anziehungskraft jäh. Übrig blieb nur das, wonach die Dunkelheit da unten verlangte.
Mit einem Knurren in der Kehle wandte sich Greg von der Frau ab und rannte in die Dunkelheit. Er spürte, wie sie ihm folgte, und wusste, dass sie
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