Down
aber er vermochte nicht zu sagen, ob der andere verletzt war oder das Licht ihm einen Streich spielte. Greg stand unbewegt da und starrte ins Nichts. Falls er das Feuer oder Shannon oder etwas anderes registrierte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Potter näherte sich ihm vorsichtig, grübelte, was genau ihn irritierte. Waren seine Nerven lediglich überspannt?
Er hörte, wie Shannon rief: »Greg, deine Augen!«, und wusste sofort, was sie meinte. Die Augen des Bassisten sahen anders aus. Es erweckte den Anschein, als wären sie tief in sein Gesicht eingesunken. Sie spähten aus dunklen Höhlen in die Umgebung. Etwas abgrundtief Böses lag darin. Im nächsten Moment bemerkte er die schwarzen Schlieren auf den Wangen des Mannes. Er hatte recht gehabt. Etwas stimmte ganz und gar nicht.
Er bewegte sich blitzschnell, streckte die Hand nach Shannon aus, um sie wegzuziehen, doch Greg war schneller. Ein seltsames Knurren drang aus seinem Mund, als er Shannon einen brutalen Schlag mit etwas versetzte, das wie eine Klaue aussah. Die Reporterin schrie auf, als sie zu Boden sackte. Ihr Körper erschlaffte.
Potter zögerte und ein tief entsetzter Teil seines Verstands versuchte zu begreifen, was er gerade beobachtet hatte. Greg schien verrückt geworden zu sein. Schlimmer noch, er hatte eine körperliche Verwandlung durchgemacht. Potter preschte vor, um sich zwischen den knurrenden Mann und die zusammengebrochene Reporterin zu schieben, doch Greg kam ihm erneut zuvor. Das Knurren verwandelte sich in ein wüstes Gebell, als Greg an Shannons leblosem Körper vorbei gegen seinen Brustkorb sprang. Potter verschlug es den Atem und er prallte hart auf die Erde.
Er schlug auf seinen Angreifer ein, den der Schwung mitgerissen hatte. Seine hektischen Gedanken beschäftigten sich mit der Frage, warum der Kerl auf einmal Klauen besaß. Potter hob beide Hände in einem verzweifelten Versuch, sich zu verteidigen, aber Greg wich ihnen spielerisch aus und ratschte mit den Pranken über seine Brust und den Bauch. Ein intensiver Schmerz verdrängte alle Gedanken. Potter gab seine Verteidigungsversuche auf und stieß stattdessen kräftig mit dem Ellenbogen zu. Er spürte, dass er seinen Angreifer am Kinn traf, und Greg plumpste zur Seite.
Keuchend brachte er Abstand zwischen sich und den Bassisten und krabbelte neben Shannon. Sie hatte sich aufgesetzt und wiegte den Kopf vor und zurück. Als Greg sich zurück in eine aufrechte Position kämpfte, klammerte sie sich Schutz suchend an Potter fest.
»Die Speere! Wo sind sie ...«
Ein Schrei schälte sich aus dem Flugzeugrumpf und dann stürzte sich Greg auf ihn.
Wider besseres Wissen ließ Jen zu, dass Kevin ihren Handrücken streichelte. Das tat er manchmal, als ob es so seine Art war – unschuldig und lieb –, bevor er anfing, sie an anderen Stellen zu berühren, bevor andere Gefühle das Kommando übernahmen und sie verbotene Dinge tat. Wann hatte er sie das erste Mal auf diese Weise angefasst? Sie glaubte, dass es fast zwei Jahre her war, doch die Tage seitdem waren eine verschwommene Abfolge von Lust, nackter Haut und Schuldgefühlen, die wie ein erdrückendes Gewicht auf ihr lasteten.
Während er sie streichelte, betrachtete sie das flackernde Licht, das durch ein Loch in der Kabinenwand hereindrang. Es schien ein anständiges Feuer zu sein und sie hoffte, dass jemand es bemerkte. Falls sie lebend aus diesem Wald herauskamen, würde sie künftig selbst um eine grüne Wiese einen großen Bogen machen.
»Woran denkst du?«, flüsterte Kevin.
»Meinst du die Frage ernst?«
»Hast recht. Dumm von mir.«
Jen seufzte und fragte sich, warum sie überhaupt angefangen hatte, mit ihm rumzuficken. Selbst, wenn man die Tatsache außer Acht ließ, dass er der Mann ihrer Schwester war, war er immer noch ein tierisch nerviger Mensch, wie ein kleines Kind, das ständig nach Aufmerksamkeit verlangte und den Hals nie voll bekam. Nicht einmal ein Baby verlangte nach so viel Zuwendung wie er. Er mochte ein Tier sein, sobald er keine Klamotten mehr anhatte, aber sie spielte Gitarre in einer Rockband. Noch dazu war sie ein scharfes und weibliches Exemplar. Sex war für sie nicht schwer zu bekommen. Also, keine Flausen und kein Kevin mehr. Sie hakte diese neuen Regeln im Kopf ab und schwor sich, sie künftig zu befolgen.
»Greg!«
Die Stimme der Reporterin war ziemlich leise, aber Jen hörte die Dringlichkeit, die darin mitschwang. Ohne nachzudenken, setzte sie sich auf und stützte sich
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