Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
anderer Seite geschritten war. Die starrte beharrlich den Baum gegenüber an, obwohl auf dem nichts Auffälliges zu erkennen war. Auf einmal fühlte Nymus alle Blicke auf sich gerichtet. Er wurde rot. Erwarteten die Magier etwas von ihm?
Rodubert ergriff das Wort: „Mit diesem uralten Lied haben wir Tarmak versprochen, seine Angehörigen Cordelia und Nymus nicht allein zu lassen, und den Schwarzmagiern signalisiert, dass wir Nymus nicht hergeben. Cordelia, Nymus, ihr seid in unserem Kreis stets willkommen und könnt unsere Hilfe erwarten, soweit wir helfen können.“ Dann wandte er sich direkt an Nymus: „Lass dich nicht erschüttern. Tatsache ist, dass dich jemand aus unserem Kreis verraten hat, Tatsache ist aber auch, dass alle anderen zu dir halten.“
„ Danke, Rodubert. Danke euch allen!“ Nymus sprach mit klarer Stimme, obwohl er sich unsicher und gleichzeitig ergriffen fühlte. „Und danke, dass ihr meine Mutter mit in euren Kreis nehmt.“
Auch Cordelia bedankte sich.
Einige Hexen und Magier wussten noch nichts von dem Verrat. Rodubert erzählte kurz, was Nymus' „derzeitiger Beschützer“ gestern herausgefunden hatte. „Wir wissen inzwischen, wer der Verräter ist. Einige aus dem Ältestenrat haben noch gestern mit ihm gesprochen. Er hat seine Tat gestanden. Das Schlimme ist, dass er seinen kleinen Bruder benutzt hat, um den Verrat auszuführen. Der traut sich nun, nachdem er sich bei jemandem ausgesprochen hat, nicht mehr nach Hause und befindet sich mit Zustimmung seiner Eltern an einem geheimen Ort. Wir werden am Samstag beraten, wie wir mit dem Verräter umgehen. Man muss erst sehen, wie er sich entscheidet, ob er sich von den Schwarzmagiern wieder lossagt oder sich ihnen verschreibt. Er ist anscheinend noch nicht endgültig in deren Kreis abgerutscht.“
„ Wer ist denn nun der Übeltäter?“, wollten einige Magier wissen.
„ Ich möchte das jetzt nicht sagen, um ihm am Samstag die Möglichkeit zu geben, sich vor dem versammelten Magierkreis selbst zu seiner Tat zu bekennen“, erwiderte Rodubert. „Nymus, verabschiede dich jetzt bitte von deiner Mutter. Lacrima wird dich auf dem Weg zu deinem Versteck begleiten. Und ihr anderen wartet bitte, bis ich euch das Signal zum Aufbruch gebe.“
Cordelia und Nymus umarmten sich nochmal.
Schließlich legte Lacrima ihren Arm um Nymus und geleitete ihn auf den Weg nach draußen. Sie sprach den Nicht-Denken-an-Zauber über sie beide. Wie erwartet, stieß sie auf eine Blockade. Sie konnte den Zauber nicht ausführen. Auch Nymus hatte keinerlei Erfolg.
Gerade als sie sich umwandte, um Rodubert von der Blockade zu unterrichten, kamen unvermittelt hinter den Grabsteinen Schwarzmagier in beachtlicher Anzahl hervor, die um die Gruppe um Tarmaks Grab rasch einen Halbkreis bildeten. Lacrima, die das rechtzeitig bemerkte oder schon vorhergesehen hatte, kehrte mit Nymus eilends in den Schutz der Gruppe zurück. Poptlok und Gundekar schirmten zusammen mit Lacrima Nymus vor deren Blicken ab.
Durch einen Spalt zwischen Poptloks und Lacrimas Armen konnte Nymus hinüber zu den Schwarzmagiern sehen. Die schauten gelassen zu der Trauergemeinschaft herüber. Aus ihrer Mitte löste sich eine hoch gewachsene, stattliche Figur und trat einige Schritte heran.
Sie ergriff das Wort und rief: „Wir kennen sehr wohl das alte Lied, das ihr gesungen habt. Ihr wollt uns also Tarmaks Jungen nicht herausgeben?“
Rodubert entgegnete mit lauter Stimme: „Nein!“
Der große Schwarzmagier hatte bereits eine Entscheidung getroffen. „Wenn wir gegen euch kämpften, würden wir zwar siegen; trotzdem fielen vermutlich einige von uns. Diesen Verlust ist uns der Junge nicht wert. Ihr könnt ihn behalten. Ich werde dafür sorgen, dass alle Nachstellungen gegen ihn abgebrochen werden.“
„Mit welcher Vollmacht sprichst du?“ Rodubert war misstrauisch, und machte durch seine betont aufrechte Haltung klar, dass er sich nicht um den Finger würde wickeln lassen.
„ Mit der des künftigen Obersten“, sagte der Schwarzmagier bestimmt.
„ Was heißt 'künftig'?“, wollte Rodubert wissen.
„ Heute Abend.“
„ Es passt nicht zu Schwarzmagiern nachzugeben“, bemerkte Rodubert.
Der Schwarzmagier argumentierte sachlich: „Es wäre unvernünftig, Tarmaks Sohn weiter zu verfolgen. Denn er ist noch sehr jung, noch fast ein Kind, und bringt uns daher momentan nichts. Bis er den Verlust seines Vaters wettmachen könnte, würde noch viel Zeit und Energie aufgewendet werden
Weitere Kostenlose Bücher