Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
Zawarima arbeite, abgeben, aus der hervorgehe, dass Nymus mindestens eine Woche nicht in die Schule kommen könne. Der Aktenvermerk in der Praxis laute auf „grippalem Infekt mit starker Halsentzündung“. Dann berichtete er von einer Zeitungsnotiz, in der es um das „Rätsel um eine Entführung“ ging und Zeugen gesucht wurden. Die Rede war von Andreas, der am Donnerstagmorgen verschwunden, am Abend verwirrt nach Hause zurückgekehrt sei, sich an nichts mehr erinnern könne und ein dunkelgrauer Mercedes der A-Klasse dabei eine Rolle gespielt habe.
„Der Artikel stand schon am Samstag in der Zeitung. In dem Tagblatt, das in der Region meiner Mutter erscheint, gibt es heute einen Bericht über die Hetzjagd gestern“, fuhr Poptlok fort. „Der Redakteur beschreibt die beiden Autos und den rücksichtslosen Fahrstil der Wagenlenker, der die anderen Verkehrsteilnehmer in Angst und Schrecken versetzt habe. Er geht davon aus, dass tatsächlich eine Verfolgungsjagd stattgefunden hat, zumal niemand mit Kindern auf dem Rücksitz freiwillig einen solchen Fahrstil an den Tag lege. Man hat dich und Regine also gesehen. Der graue Mercedes sei an einem Baum hängen geblieben, wobei beide Insassen schwere Verletzungen erlitten hätten und ins Krankenhaus gebracht worden seien. Seltsamerweise seien sie am Abend, noch bevor die Polizei sie hätte vernehmen können, aus dem Krankenhaus verschwunden. Auch das Unfallauto sei plötzlich weg gewesen. Von dem verfolgten Auto fehle jede Spur. Ich bin gespannt, ob die Polizei die beiden Ereignisse zusammenbringt.“
„ Glaubst du, dass das Folgen für die Königs hat?“, bangte Nymus.
„ Nein. Meine Mutter hatte das Auto so verändert und die Nummer unleserlich gehext, dass ich keine Gefahr für die Familie sehe. Ich hoffe nur, dass Regine darüber schweigt“, antwortete Poptlok.
Als sie ihre Mahlzeit beendet hatten und Nymus sich zum wiederholten Mal verstohlen die Nase geputzt hatte, richtete Poptlok seine himmelblauen Augen auf ihn. Seine Stimme klang ernst, als er sagte: „Du bist mit dir selbst alles andere als liebevoll umgegangen. Was hat dazu geführt, dass du dich vom kalten Regen hast durchweichen lassen?“
Nun kam es also doch! Nymus sollte Rechenschaft über sein Verhalten vom Vormittag ablegen. Er schaute auf die Tischkante und fuhr mit dem Zeigefinger die Maserung des Holzes nach, während er seine Lippen zusammenpresste. Dann atmete er geräuschvoll ein, um endlich hinauszustoßen, dass sein Vater ein Schwarzmagier sei. Aber der Satz blieb ihm im Hals stecken. Stattdessen atmete er die Luft vernehmbar wieder aus.
Es war ganz still im Raum. Sogar das Feuer im Ofen hatte aufgehört zu knistern und schien ihm zu lauschen. Er fühlte sich auf einmal wie damals, als er vor der Klasse gestanden war und ihn der Lehrer über die Flüsse in Deutschland ausgefragt hatte. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet gewe sen, alle hatten ihr Wispern eingestellt und erwartet, dass er anfange. Als er sich so im Mittelpunkt gefühlt hatte, hatte sich plötzlich alles um ihn gedreht, ihm war schwindlig geworden, und es war ihm unmöglich gewesen, auch nur ein Wort hervorzubringen, obwohl er die meisten Flüsse hätte benennen können. Damals hatte er sich nach einem heftigen Tadel des Lehrers wegen seiner angeblichen Faulheit und mit der Note Sechs wieder setzen dürfen.
Er stützte den rechten Ellbogen auf und ließ seinen Kopf in die Hand sinken. „Ich kann es nicht sagen“, flüsterte er.
Poptlok saß noch eine Weile still da. Dann stand er auf und räumte schweigend den Tisch ab.
In Nymus zog sich alles zusammen. Jetzt hatte er Poptlok bestimmt enttäuscht. Er wagte es nicht, ihn anzusehen.
„Du torpedierst dich selbst, wenn du so schlecht mit dir umspringst“, vernahm er schließlich Poptloks Stimme. „Da haben dann auch Heilzauber wenig Chancen.“
Nymus schluckte. Das tat wirklich verdammt weh. Poptlok hatte recht: Er war alles andere als rücksichtsvoll mit sich umgegangen; er war so aufgewühlt gewesen, dass er die Kontrolle über sich selbst verloren hatte. Er musste in Zukunft besser aufpassen, dass er sich von Wut und Schmerz nicht überrennen ließ.
„Du bekommst schon wieder Fieber. Leg dich aufs Sofa! Sonst kippst du mir noch vom Stuhl!“, forderte ihn Poptlok auf.
Nymus erhob sich schwerfällig und tat, wie geheißen. Poptlok schob ihm eine Wärmflasche an die Füße und deckte ihn mit Nymus' Bettdecke, die er von oben geholt hatte, zusätzlich
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