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Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Titel: Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz C. Frey
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das ebenfalls wusste.

Auf der Flucht

V on hier aus lag die Uni ziemlich weit im Süden. Deutlich zu weit für einen Fußmarsch, wenn er es irgendwie schaffen wollte, vor Murnauers Leuten bei Antonia zu sein. Wenn sie ihn nicht kriegen konnten, würden sie seine Tochter benutzen, um ihn zu schnappen. Singer wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis Murnauer auf diesen naheliegenden Gedanken kam.
    Vermutlich nicht besonders lange.
    Zunächst einmal musste er Antonia jedoch ans Telefon bekommen. Und dann irgendwie dafür sorgen, dass sie nicht sofort auflegte, wenn sie seine Stimme erkannte. Beides keine leichten Aufgaben.
    Unterdessen hatten ihn seine Füße zum Volkspark getragen. Noch immer etliche Kilometer vom Wohnheim der Uni entfernt, gab es hier immerhin eine S-Bahn-Station und eine Telefonzelle.
    Er stellte sich in die Nähe der Parkbänke, wo der Strom der vorbeihastenden Menschen am dichtesten war. Dann begann er damit, die Passanten nach Kleingeld zu fragen. Dabei stellte er sich ziemlich ungeschickt an; immer wenn er auf einen von ihnen zutrat, schien der von Weitem zu ahnen, was Singer von ihm wollte und wandte schnell den Blick ab. Die meisten schlugen schon von fern einen großen Bogen um ihn. Kein allzu angenehmes Gefühl. Wenn doch einmal jemand seinen Blick erwiderte, begann Singer sofort damit, seine Geschichte zu erzählen – dass er gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden sei und daher kein Geld besäße, schleunigst zu seiner Tochter müsse und dass er nicht viel bräuchte, nur für die S-Bahn und – der betreffende Passant unterbrach dann sein ungeschicktes Gestammel meist schon nach wenigen Worten: »Tut mir leid Kumpel, heute nicht.« Oft musterten sie ihn pikiert, als ob sie ein besonders hässliches Insekt durch eine Lupe betrachteten. Besonders dann, wenn er bei der Stelle mit dem Krankenhaus angelangt war.
    Irgendwann ließ Singer die Vorgeschichte einfach weg und sprach die Leute direkter an, indem er sie ganz einfach um ein, zwei Euro bat. Oder vielleicht fünfzig Cent?
    Das lief besser, nach etwa einer halben Stunde hatte er ganze fünfzehn Cent zusammen. Die hatte er von einem kleinen Mädchen bekommen – es war das Wechselgeld für die Schachtel Bonbons, die sich die Kleine an der nahestehenden Imbissbude gekauft hatte. Der Duft von Bratenöl, der von dort herüberzog, erinnerte Singer ein weiteres Mal schmerzlich daran, dass er mittlerweile einen ziemlichen Kohldampf schob.
    Im Laufe der Zeit war er zur Hauptattraktion für eine kleine Gruppe jugendlicher Punker geworden, die auf den Bänken im Park herumlungerten. Schließlich kam einer von ihnen auf Singer zu, ein großer, schlaksig wirkender junger Kerl mit ungeschnürten, bunt besprühten Springerstiefeln und einer Unmenge Ringe im Gesicht. Singer versteifte sich – fest entschlossen, die fünfzehn Cent in seiner Hand bis zum Äußersten zu verteidigen. Der schlaksige Kerl baute sich grinsend vor Singer auf, schniefte ausgiebig und lächelte unbeeindruckt ein nicht besonders zahnreiches Lächeln:
    »Neu hier, hm? Kommst’n her?«
    »Ich, äh, bin gerade erst, … aus Altona, ursprünglich, also …«, stammelte Singer. Das lief ja prima.
    »Hm, verstehe, bist ein ganz Frischer«, sagte der Punker – was immer das nun wieder heißen sollte. »Na denn mal willkommen in der Drecks-Marktwirtschaft, Alter«, fuhr er fort und grinste schief. Dann schniefte er erneut, zog genussvoll röchelnd den Rotz hoch und spuckte das Ergebnis seiner intensiven Bemühungen in die Büsche, wo es zähflüssig von einem Blatt herabtriefte. Dann hielt er Singer einen ziemlich schmutzigen Pappbecher hin. Leises Gekicher drang von der Parkbank herüber, auf der die restlichen Punks saßen. »Hier, damit geht’s besser, Alter!«, meinte der junge Kerl.
    »Danke, … Mann«, gab Singer unsicher zurück. Für einen Moment grinste ihn der Punk an, mit einem Blick, der Singer ehrlich verblüffte. Die aufgesetzte Gleichgültigkeit schien weggeblasen und gab den Blick auf einen intelligenten Jungen mit großen, aufmerksamen Augen frei.
    Dann verschwand der Gesichtsausdruck wieder, so plötzlich, wie er gekommen war.
    »Bitte, Mann.« Der junge Kerl stopfte die Hände in die Seitentaschen seiner abgewetzten und mit bunten Aufnähern übersäten Lederjacke und stapfte zu der Parkbank zurück, wobei er eine Abkürzung direkt durch die niedrigen Büsche nahm, indem er diese einfach niedertrampelte. Daraufhin brach auch die restliche Truppe auf und

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