Drachenblut 1 - Kreuzungen | textBLOXX
erschienen genau so wie in der realen Welt, nur waren sie von einer schimmerenden Aura umgeben. Orks waren schwarze, kalte Flecken. Es gelang ihm, sich an die Worte seines elbischen Lehrers für die Kultur seiner Sippe zu erinnern. Um sich der Geisterwelt öffnen zu können, musste man ein bestimmtes Alter erreicht haben. Vor diesem Alter konnte man durch Anwendung spezieller Konzentrationsübungen, zumindest einen leichten Blick in die andere Welt erhaschen. Jonas konzentrierte sich. Glücklicherweise war nur noch wenig von jener Altersgrenze entfernt, ab der er sich nicht mehr konzentrieren müßte.
Jonas schloß seine Augen und öffnete seinen inneren Blick. Er war geblendet. Die Lebenskraft der Blumen, Sträucher, Bäume und Gräser flammten in krätigen Grüntönen um ihm herum auf. Es war gleichzeitig verwirren und beeindruckend, wie viel Energie in der Flora steckte.
Da war etwas. Ein rötliches Flackern am Rand seines Blickfeldes, im gleichem Moment von einem Rascheln in der realen Welt begleitet. Jonas riß seine Augen auf und wirbelte herum. Das einzige, was er sah, waren zwei rote Augen, dann fühlte er einen Schlag und einen stechenden Schmerz. Eine Sekunde später, war Jonas bewußtlos.
***
Als Jonas wieder erwachte, fühlte er sich benommen und verwirrt. Er schaute zum Himmel. Die dichten Wolken des Tages waren verschwunden. Über ihm schimmerten ein sternenklarer Himmel. Es war zwei Tage nach Neumond. Die dünne Sichel spendete nur wenig Licht, aber genug für die Augen eines Elben. Jonas tastete sich nach Verletzungen ab. Seine rechte Schulter tat ihm weh. Als er vorsichtig zu ihr hin griff, durchzuckte ihn ein stechender Schmerz.
»Ah, verdammt!«, stöhnte Jonas auf und fühlte etwas feuchtes an seinen Fingern kleben. Es war Blut. Jonas versuchte seinen Kopf und Hals so zu verdrehen, dass er seine Schulter sehen konnte. Auch diese Untersuchung entpuppte sich als schmerzhaft, was aber nicht verwunderlich war, denn das Blut stammte von einer Bißwunde. Mehr konnte selbst Jonas als Elb bei den spärlichen Sichtverhältnissen nicht erkennen.
»Da scheint wohl einer von Krotos Freunden Hunger gehabt zu haben.«, kommentierte Jonas für sich seinen Zustand. »Auf der anderen Seite«, überlegte sich Jonas, »warum hätte ein Ork nur zubeißen sollen. Ein Ork hätte nichts von mir übrig gelassen.«
Jonas schaute auf seine Uhr. Es war kurz nach 3 Uhr Morgens. Danach musste, wenn man davon ausging, dass der Vorfall etwa gegen 8 Uhr Abends stattgefunden hatte, er gut acht Stunden bewustlos gewesen sein. Was war geschehen? Jonas verflucht seine Benommenheit, die ihn darin hinderte einen klaren Gedanken zu fassen.
»Das muß alles warten...«, entschloß er schließlich und rannte abwesend los.
Wäre Jonass Geist klar gewesen, hätte er den Körper eines sehr alten Mannes bemerkt. Dieser Körper war leblos, denn der Mann war tot. Wenige Meter von dem Ort, an dem Jonas überfallen worden war, lag er zusammengekauert in einem Gebüsch. Dieser Mann besaß keine offenen Wunden, keine Verletzungen, sein Gesicht zierte sogar einen glücklichen und zufrieden Ausdruck. Er schien einfach sehr alt gewesen zu sein und sein Leben hatte schließlich geendet. Das einzig ungewöhnliche, was Jonas möglicher Weise zu denken gegeben hätte, war eine Blutspur, die aus seinem Mundwinkel lief.
***
Es war später Vormittag, als Jonas erneut erwachte. Noch etwas müde, aber bei weiten nicht mehr so verkatert, öffnete er seine Augen und war überrascht, dass er sich im Heim seiner Eltern befand. Genau genommen lag er sogar in seinem Bett.
»Na super!«, knurrte der Elb und schlenderte Richtung Wasserquelle, um sich aufzufrischen. Etwas verwundert stellte Jonas fest, dass von seiner Verwundung bis auf einen blauen Fleck, nichts mehr zu sehen war. Die Stelle tat auch kaum weh. Selbst als Jonas auf den Fleck drückte, war außer einem schwachen Ziehen, nichts zu spüren. Mit einem Kopfschütteln beendete Jonas seine Selbstuntersuchung und begann sich zu waschen. Eine viertel Stunde später, betrat er die Küche und fand genau das vor, was er befürchtet hatte. Seine Eltern.
»Willst du uns erzählen was passiert ist?«, fragte seine Mutter, während sie ihrem Sohn ein verspätetes Frühstück bereitet.
»Ihr wisst es schon?«, fragte Jonas traurig.
»Die offizielle Benachrichtigung kam vor einer Stunde. Du bist bis zum Schultribunal suspendiert. Sie haben sogar deinen Passierschein widerufen. Du darfst das Reservat nicht
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