Drachenblut 1 - Kreuzungen | textBLOXX
königlichem Elbenschutzgebiet. Überschreiten nur mit Sondergenehmigung. Grenzverletzungen werden strafrechtlich verfolgt.« Dann gab es einen Piepston und eine Energielinie leuchtete für 2 Sekunden zwischen den Stangen zu Warnung auf. Glücklicherweise handelte es sich um keinen tödlichen Energiestrahl, es sei denn, man war ein Ork, sondern diente nur der Kennzeichnung der Grenzlinie.
Jonas suchte sich einen geschützten Platz, von dem man die Reservatsgrenze beobachten konnte, selbst aber nicht gesehen wurde. Er fand eine Gruppe von Bäumen und kletterte hinauf. Oben angekommen, legte Jonas sich auf die Lauer. Es galt zu testen, ob seine Idee wirklich funktionierte. Zuerst passierte nichts. Die Gegend war sehr ruhig. Es verging fast eine viertel Stunde, in der nicht einmal ein Käutzchen zu hören war. Doch dann raschelte es in einem Buschwerk. Eine Bache mit Frischlingen kam angelaufen und schien sich von der quackenden und blinkenden Grenzanlage nicht stören zu lassen. Die Bache hielt schnur strack drauf zu. Jonas sah auch warum. Auf der anderen Seite der Grenze glitzerte die Wasseroberfläche eines Tümpels im Mondlicht.
Als die Bache und ihre Frischlinge sich auf ungefähr 5 Meter der Grenzline genähert hatten, flammte auf den beiden Grenzmasten links und rechts von der Wildschweingruppe ein helles grünes Licht auf. Es war ein Scannstrahl. Er tastete erst die Bache, dann jedes einzelne Ferkel ab. Kaum war das letzte Wildschwein gescannt, erlosch das Licht. Sonst passierte nichts weiter. Die Schweine verließen das Reservat und liefen zum Tümpel.
Jonas hatte gesehen, was er wissen wollte. Das Grenzsicherungssystem konnte Mensch und Elb von anderen Lebewesen unterscheiden. Hoffentlich machte es bei Wölfen keine Ausnahme.
Jonas kletterte den Baum hinab. Unten angekommen verkroch er sich in einem Dickicht aus Büschen und Sträuchern, zog sich dort nackt aus, verstaute seine Kleidung in seinem Rucksack, schnallte diese um seinen Bauch und verwandelte sich in einen Wolf.
»Nun denn...«, dachte Jonas und tapste los.
Wie ein Wolf auf dem Weg zum Wasserloch hielt er ziemlich direkt auf die Grenze zu. Er war noch 15 Meter entfernt, als er das niederfrequent pulsierende »Brumm Brumm«, des Grenzlichts hörte. 10 Meter. Von hier an hatte man alle Vegitation entfernt. Ein Streifen von 10 Metern vor und hinter der Reservatsgrenze bestand ausschließlich aus Sand oder Fels. 5 Meter. Das Scannlicht flammte auf und hüllte Jonas ein. Für den Bruchteil einer Sekunde wollte Jonas stehen bleiben und den Scann abwarten, als ihm schlagartig klar wurde, dass das sein letzter Fehler sein würde. Vermutlich war der Scanner unter anderem daruf programmiert, nicht instinktgesteuertes, sondern vernunftbegabtes Verhalten zu erkennen.
Jonas trotete mit flacher, fast geduckter Körperhaltung weiter, als wenn er das Scannerlicht überhaupt nicht bemerken würde. Das Licht blieb an. Es erlosch nicht wie bei den Wildschweinen. Jonas hatte die fünf Meter bis zur Grenzelinie bereits hinter sich gelassen, aber das Licht war immer noch auf ihn gerichtet. Jonas tapste weiter, plötzlich kam ihm eine Idee. Er wechselte seinen Kurs. Statt in Richtung Wasserloch zu laufen, lief er direkt auf den nächsten Grenzmasten zu.
»Ich soll mich wohl artgerecht verhalten? Kein Problem!«, dachte Jonas und grinste innerlich.
Als er den Mast erreicht hatte, schnupperte er am Fuß und stellte fest, dass er nicht der erste Hund war, der hier vorbei kam. Und dann zeigte er, was ein Hund oder Wolf mit Pfählen im algemeinen und Laternenpfählem im besondere machte. Er hob sein rechtes, hinteres Bein und pisste gegen den Grenzmast. Im gleichem Moment ging das Scannerlicht aus.
Bei einem Besuch des königlichen Elbenreservats wird der Besucher fast unvermeidlich auf Verkaufsstände mit sogenannter authentischem Elbenkunsthandwerk treffen. Wir raten zur Vorsicht.
Der Großteil der angebotenen Gegenstände verdienen nicht ansatzweise das Prädikat »Kunsthandwerk«. Es ist zumeist billige Massenware und dient einzig dem Zweck, dem unwissenden Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Muriels Reiseführer Band 17 - »Elben«
Die erste Hürde war genommen. Jonas war es zwar gelungen dem Reservat zu entkommen, leichter wurde seine Aufgabe dadurch aber nicht. Es war eher das genaue Gegenteil, was zutraf. Außerhalb des Reservats war das Land wesentlich dichter besiedelt. Es gab weit mehr Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen auf eben jenen Wegen.
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