Drachenblut 1 - Kreuzungen | textBLOXX
war nur ein billiger Abklatsch dieser Wunderkleidung. Im Gegensatz zu den Kunstfasern der Menschen, bestand Elbische Kleidung ausschließlich aus Naturprodukten, wenn auch mit etwas Magie veredelt. Wobei die Elben es nicht Magie genannt hätten, sie nannten es schlicht Handwerk.
***
Der Abschied von seinen Eltern war für alle schwer. Und wenn auch niemand weinte, hatten alle Familienmitglieder einen Klos im Hals. Niemand wusste, ob man sich jemals wiedersehen würde.
»Wir werden uns wiedersehen! Das ist kein Versprechen, dass ist eine Tatsache!«, versichterte Jonas, »Wer weiß, vieleicht könnt ihr sogar nachkommen.«
»Das ist ein schöner Gedanke, aber ich glaube nicht, dass wir hier weggehen werden.«, meinte Jonass Vater, »Dies ist unser Land. Wir sind wie alte Bäume, mit tiefen und breiten Wurzeln. Es würde uns umbringen, verpflanzt zu werden.«
Und dann tat Jonass Vater etwas, was er sehr, sehr selten tat. Er nahm seinen Sohn in den Arm und drückte ihn. Jonas warf seinen Eltern zwei Blick zu, nickte und schlich sich aus dem Haus. Keiner sah ihm hinterher oder winkte. Niemand sollte etwas erahnen.
Jonas hatte mit seiner Flucht bis zum Abend gewartet. Der Hinterausgang lag gut beschattet unter Bäumen. Wenn nicht zufällig ein Elb in seine Richtung gesehen hätte, würde ihn niemand bemerken. Jonas hatte einen Elbenmantel umgelegt, der aus dem gleichem Material wie sein Rucksack gefertigt war. Damit war er für viele Blicke faktisch unsichtbar. Nur wer wusste, was er suchte und zudem elbische Augen besaß, würde ihn entdecken können.
Den Weg durchs Reservat hatte Jonas auf zwei Nachtmärsche angesetzt. Tagsüber wollte er ruhen und sich vor fremden Blicken verstecken. Da er das Reservat gut kannte, er hatte als Kind viele lange Wanderungen unternommen, war sein Ziel für den ersten Abschnitt ein dichter, dunkler Wald ungefähr in der Mitte des Reservats. Das Reservart hatte eine längliche Form. Es verlief auf östliche Seite entlang des Schattengebirges, wenn auch nicht an der Staatsgrenze. Vom Süd- bis zum Nordende brauchte man drei Tage, wenn man 8 Stunden lief. Jonass altes Zuhause lag im südlichem Drittel an der Westgrenze. Der erste Marsch verlief also primär in Richtung Norden mit einem leichten Drall nach Osten.
Stunden vergingen. Jonas durchquerte Felder, Wiesen, kleine Wäldchen. Er folgte Bächen und Sandwegen. Doch wo immer er lief, suchte er Schutz vor Entdeckung. Er wählte eine Wiese mit hochstehenden Gras vor einer mit flachen Sträuchern. Er lief abseits der großen Alleen und eher im Schatten eines Knicks, der ein Feld begrenzte. Einmal, es war gegen zwei Uhr Nachts, wäre er fast entdeckt worden, als ihm ein Gravitationsgleiter der Forstaufsicht entgegen kam. Nur ein beherzter Sprung in einen Abzugsgraben, der glücklicherweise trocken war, rette ihn vor Entdeckung.
Kurz vor Tagesanbruch erreichte Jonas sein Ziel. Ein alter Walt, naturbelassen und verwildert, sollte sein Unterschlupf am Tage sein. Kaum hatte er die ersten Bäume hinter sich gelassen, brach die Sonne hell über das Land hinein. Jonas drang tiefer in den Wald ein, suchte sich eine alten, knorrigen Baum und kletterte hinauf. Hoch oben zwischen den moosbehangenen Astgabeln, fand er eine Platz zum ruhen.
Jonas schlief den halben Tag und erwachte erst als es bereits Nachmittag war. Nachdem er sich mit Waldbeeren und Wasser aus einer Quelle gestärkt hatte, tastete er sich vorsichtig zum nordöstlichen Waldrand vor und schaute hinaus ins Land. Wenige hundert Meter von seinem Standort entfernt lag ein Dorf. Es war nicht sehr groß und gehörte auch nicht zu den von Touristen angefahrenen Sehenswürdigkeiten, aber es sah sehr gemütlich aus. Jonas überlegte, ob er es wagen sollte, ins Dorf zu gehen. Schließlich befand er sich immer noch im Reservat und war von Elben umgeben.
Als er noch darüber nachdachte fiel sein Blick auf eine öffentliche Datenfunkantenne, die sich auf einem der größeren Häuser, vermutlich dem Gemeindehaus, befand. Jonas schätzte, dass er auf diese Entfernung einen guten Empfang haben sollte und schaltete sein PDA ein. Sein kleines Gerät war kein Tribut an die Technik. Es war einfach nützlich, völlig unabhängig davon, was man idiologisch von der Technokratie hielt. Jonas war schon länger zu der Einsicht gelangt, dass nicht die Technik das Problem war, sondern die Technokraten. Paula-Sylvestra II war weder an Technik oder an Magie intressiert. Sie wollte Macht und der Kreuzzug gegen
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