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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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Lassen Sie uns doch wie zivilisierte Menschen …«
        Die Angreifer fanden es nicht von Nachteil, dass Virgil unbewaffnet war.
        PLAYER: 1 SCORE: 700 pts. LIVES LEFT: 3
        So konnte das wirklich nicht weitergehen! Virgil duckte sich unter dem hämischen Stakkato einer Maschinengewehrsalve hinweg und erreichte die Leitplanke. War er bisher noch mit einer gewissen spielerischen Leichtigkeit mit der Situation umgegangen, so befielen ihn jetzt doch erhebliche Zweifel, ob es auf die Dauer für ihn gut war, wenn seine Leben eines nach dem anderen verfielen. Was würde geschehen, wenn die letzten drei Leben aufgebraucht waren? Würde er einfach von der Spielfläche verschwinden und für immer eliminiert sein? Würde überhaupt etwas geschehen? Vielleicht wäre das Spiel einfach zu Ende, und er könnte seinen Weg unbehelligt fortsetzen?
        Die Armee hatte inzwischen damit begonnen, den Dschungel großflächig mit Napalmbomben zu überziehen. Die Vegetation brannte in einem riesigen Flammenmeer zu Asche nieder. Übrig blieben nur die Skelette der Soldaten, die fälschlicherweise geglaubt hatten, der Flieger würde die lang ersehnten Verpflegungspakete abwerfen. Als sich der Rauch wieder verzogen hatte, stand die stählerne Kampfmaschine noch immer auf allen sechs Beinen, und das Brüllen des Giganten ließ die Luft erzittern.
        Virgil kletterte schleunigst über die Leitplanke und blieb mit eisernen Nerven stehen, bis der schwarze Lastwagen daher kam. Im letzten Moment rettete er sich mit einem beherzten Sprung zurück auf den Seitenstreifen. Der Wagen raste vorbei, ohne ihn zu erwischen. Jetzt war die Fahrbahn frei! Erleichtert rannte Virgil los und erreichte auch tatsächlich die andere Straßenseite.
        Der schwarze Lastwagen war Weltmeister im Rückwärtsfahren. Virgil war völlig überrascht, als er von den Hinterrädern erfasst und zu Tode gequetscht wurde. Die Darstellung dieser Szene war eine Meisterleistung moderner Computergrafik.
        PLAYER: 1 SCORE: 800 pts. LIVES LEFT: 2
        Benommen torkelte Virgil durch den Urwald, und dann war es Zeit für die Werbung.
        Der General verwandelte sich in einen Haushaltsreiniger und war einer Ehefrau bei der zitronenfrischen Pflege der Wohnung behilflich. Die Ehefrau drückte die grüne Flasche an sich und war sehr glücklich. Danach stritten sich zwei Kaffeebohnen darum, welches der beiden zur Auswahl stehenden Röstverfahren das bessere sei. Ein Geschmackstest bewies die Vorzüge der neuen Hydro-Röstung, und die unterlegene Kaffeebohne wurde vom Preishammer zermalmt.
        Virgil war der Verzweiflung nahe. Noch zwei Leben hatte er übrig, das war nicht viel. Freilich waren es mehr Leben, als den meisten anderen Menschen üblicherweise zur Verfügung standen. Trotzdem half es nichts, er konnte dieses Potential nicht nutzen. Gerne hätte er geweint und gegen die Ungerechtigkeit des Lebens angeschrien. Aber er nahm sich zusammen. Schließlich war er Techniker, diplomierter Raketentechniker, und die Situation musste nach seiner Philosophie rational zu bewältigen sein.
        Ein Schuss aus einem Schnellfeuergewehr riss Virgil aus seinen Gedankengängen.
        PLAYER: 1 SCORE: 900 pts. LIVES LEFT: 1
        Damit war der Zeitpunkt der Entscheidung gekommen. An Flucht war nicht mehr zu denken, aber Virgil hatte auch keine Lust, sich wie ein Stück Vieh abschlachten zu lassen. Er wollte aus diesem Wahnsinn heraus, er hatte genug von den medialen Versatzstücken, die ihm als Realität aufgenötigt wurden und mit denen er sich herumschlagen musste. Hier im Dschungel stand er auf verlorenem Posten, weil er den Gefahren der Natur nicht gewachsen war. So fasste Virgil in dieser schweren Stunde den Entschluss, dem Tod geradewegs ins Auge zu blicken. Er musste sich seinem Schicksal im Bewusstsein seiner geistigen Überlegenheit stellen und die Illusion mit dem Mitteln von Dialektik und Vernunft bezwingen. Kurzum, wenn er nicht an den Tod glaubte, wenn er sich der Macht der Bilder widersetzte, dann konnte es für ihn nicht das Ende sein.
        Einen Steinwurf entfernt brach ein schwer bewaffneter Guerillero aus dem Gebüsch. Virgil richtete sich auf und stellte sich dem Kämpfer mutig entgegen. »Weiche von mir, unwürdige Kreatur!«
        Der Guerillero war über das Auftreten von Virgil doch sehr erstaunt. Eigentlich war er es gewohnt, seinen Gegnern in den Rücken zu schießen. Er senkte den Lauf seiner Flinte, um sich diesen

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