Drachenblut
Kugelhagel, und die schlecht bezahlte Leibgarde des Diktators hatte alle Mühe, den Angriff der Guerilla abzuwehren. Dem Rattern der Maschinengewehre folgten die Detonationen der Handgranaten, die aus allen Richtungen auf den Palast geworfen wurden. Die Schergen des Präsidenten wehrten sich nach Leibeskräften, doch den Angriffswellen der Revolutionäre konnten sie nicht länger standhalten. Die gegnerischen Truppen drangen in den Palast ein und nahmen den Diktator gefangen, der sich als Stubenmädchen verkleidet hatte und gerade dabei war, sich die Beine zu rasieren.
»Glauben Sie etwa, Sie könnten uns mit diesem Aufzug täuschen, General? ihre Verkleidung wird Ihnen nichts nützen.«
»Nehmt eure schmutzigen Finger weg, ihr Strolche. Hier muss eine Verwechslung vorliegen, ich bin nicht …«
»Halt's Maul!« Ein Rebell trat dem Stubenmädchen zwischen die Beine. »Los, schnappt euch den Kerl und bringt ihn hinaus.«
Der Diktator wurde in Strapsen und Stöckelschuhen auf die Stufen vor dem Palast gezerrt, wo ein eilig einberufenes Standgericht zusammentrat, um über ihn zu richten. Der Führer der Rebellen verlas ein Kommuniqué, und anschließend wurde der Diktator enthauptet, wie das in südamerikanischen Ländern eben Sitte war.
Die überlebenden Soldaten des Diktators waren schnell in die Flucht geschlagen. Hals über Kopf stürmten sie in den Urwald, während ihnen die Kugeln nur so um die Ohren pfiffen. Auch Virgil hielt es für ratsam, sich an einer anderen Stelle nach Hilfe umzusehen. Es setzte eine allgemeine Massenflucht durch den Dschungel ein, von der jeder erfasst wurde, über den sich die Rückzugswelle ergoss. Selbst die Tiere des Waldes ließen sich von der Aufbruchstimmung anstecken. Eine Rotte Wildschweine stob ebenso davon wie die Affen, die sich in wilder Panik durch die Baumkronen schwangen. Virgil musste in diesem Tumult sehr acht geben, um nicht einfach überrannt zu werden. Aber zum Glück sorgte das stattliche Gehörn des hinter ihm galoppierenden Springbockes dafür, dass seinen Beinen Flügel verliehen wurden.
Die Hatz kam zu einem jähen Ende, als Freund und Feind wieder vor der Autobahn standen, die den Urwald teilte. Die Tiere wussten natürlich instinktiv um deren Gefahren und blieben der Straße einfach fern. Die anderen Flüchtenden, allen voran Virgil, hüpften leichtsinnigerweise über die Leitplanke und betraten die Autobahn. Plötzlich kam ein schwerer Lastwagen um die Kurve und raste auf die Männer zu. Virgil blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf das Gefährt. Am Steuer saß ein Halbwüchsiger, der sein Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen hatte und der Virgil einfach über den Haufen fuhr, ohne den Versuch zu machen, auch nur einen Millimeter auszuweichen.
PLAYER: 1 SCORE: 100 pts. LIVES LEFT: 9
Virgil verspürte einen elektrischen Schlag. Vor seinen Augen blitzte es auf, und unversehens fand er sich an der Stelle im Dschungel wieder, an der er die Autobahn erreicht hatte. Die Schüsse der Verfolger peitschten noch immer durch die Luft. Ein Querschläger pfiff dicht über Virgils Kopf hinweg und schlug in einen nahe stehenden Baum ein. Das Splittern des Holzes überzeugte Virgil von der Dringlichkeit, aus der Reichweite der Gewehre zu kommen. Ein schneller Blick nach rechts, ein schneller Blick nach links - ein Fahrzeug war kilometerweit nicht zu sehen -, und Virgil stieg über die Leitplanke auf die Autobahn. Er war gerade bis zur Mitte der Fahrbahn gekommen, als wieder dieser schwarze Lastwagen dahergebraust kam. Virgil hechtete zur Seite, aber es war schon zu spät. Der Halbwüchsige, der im Führerhaus saß, schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel.
PLAYER: 1 SCORE: 200 pts. LIVES LEFT: 8
Atemlos erreichte Virgil die Autobahn. Hinter ihm detonierte eine Granate, und die Druckwelle schleuderte ihn über die Leitplanke hinweg auf die Fahrbahn. Der Lastwagen fuhr Virgil zusammen, noch ehe er Gelegenheit hatte, sich aufzurappeln und in Sicherheit zu bringen.
PLAYER: 1 SCORE: 300 pts. LIVES LEFT: 7
Mit der Zeit begann Virgil, des bösen Spiels überdrüssig zu werden. Dieser schwarze Lastwagen schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, ihm das Überqueren der Autobahn aus unerfindlichen Gründen unmöglich zu machen. Wenn das tatsächlich der Fall war, dann würde ihm Virgil eben erst gar nicht den Gefallen tun und über die Leitplanke steigen. Was konnte ihm denn
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