Drachenehre
Minute später schwingt er seinen absolut anbetungswürdigen Körper so unendlich lässig an einem herabhängenden Ast aus dem Wasser, dass sie nur mit großen, runden Augen staunen kann.
Ganz klasse. Er sieht nicht nur wie Adonis schönerer Bruder aus, nein, sie musste sich auch gleich noch einen perfekten Athleten anlachen. Wobei sie sich jetzt doch ein wenig Sorgen zu machen beginnt. Sagte er nicht irgendwas von einem Trainingsplan für sie? Also, wenn er denkt, dass sie, bei dem was er da gerade abgeliefert hat, mithalten kann, dann hat er sich aber geschnitten!
Ein wenig Fitnesstraining, wie in der Klinik, war ja ganz okay und hat auch Spaß gemacht, aber das da?
Das kann er knicken! Auch wenn ihre Lunge jetzt nicht mehr brennt und krampft, auch wenn sie sich jetzt wirklich rundum pudelwohl in ihrer Haut fühlt, so hatte und wird sie nie das Bedürfnis haben, sich wie eine Gesenkte durch die Gegend scheuchen zu lassen. Obwohl … er darf sich gerne öfter so vor ihren Augen präsentieren. Das hat schon was, wie er durch das Unterholz gleitet und den Spuren der Drachen folgt, die einen Pfad der Verwüstung durch das kleine Wäldchen gezogen haben. Erstaunlich, wie genau sie ihn immer noch erkennen kann, obwohl er nun schon mehrere hundert Meter entfernt durch das Dickicht rennt. Konzentriert fokussiert sie Sirr etwas schärfer und stellt verblüfft fest, dass ihre Augen sich präzise wie ein Fernrohr justieren lassen.
Himmel und Hölle! Wie cool ist das denn? Drachenmagie scheint wirklich eine äußerst nützliche Sache zu sein. Ob das vielleicht mit dem Hören auch so praktisch klappt?
Wie macht man das denn am besten? Hmmm … mit den Augen hat es geklappt, als sie sich besonders konzentriert hat. Also … dann konzentriert sie sich jetzt mal verstärkt aufs Hören …
„WAS ZUR HÖLLE HABT IHR EUCH GEDACHT, SO LANGE WEGZUBLEIBEN?“
Autsch … das war wohl ein wenig zu viel des Guten.
Ihr dröhnen Sirruschs Worte wie Donnerhall durch den Schädel und sie presst erschrocken die Hände auf ihre Ohren. Oh, oh. Das gibt wohl gerade eine kleine Standpauke für ungezogene Drachen auf Freiersfüßen. Vorsichtig stellt sie ihren Blick wieder schärfer und konzentriert ihr Gehör langsam an eine verträgliche Lautstärke heran.
„Ihr wisst ganz genau, dass Ari gerade jetzt zu Anfang besonders gefährdet ist und ihr macht hier einen auf Kuschelpicknick?“
Langsam zoomt sie sich noch ein wenig näher, und genau da sieht sie es auch. Nárteńien und Dáhabteńien sind eng aneinander gekuschelt und ziemlich ramponiert aussehend gerade dabei gewesen, ein kross gebratenes Reh zu verspeisen.
„Ich fasse es nicht! Ihr habt sie wohl nicht mehr alle!“
Ohlala … Also, wenn das nicht die perfekte Imitation einer gescholtenen Katze ist, die die Beiden da abliefern, dann hat sie noch nie eine Katze mit Sahnemäulchen und unschuldigem 'ich-war-das-nicht-Blick' gesehen. Und während Dáhabteńien mit gesträubten Schuppenpanzer leicht zurückweicht, wagt Nárteńien leise fauchend einen Buckel über ihrer Rehhälfte.
„Wagt es ja nicht, mir so zu kommen! Seht zu, dass ihr dieses Schlachtfeld in eine Sturmschneise getarnt bekommt, vernichtet eure Krallenspuren, esst auf und dann kommt ihr pronto rüber! Und mit dir mein Freund, rede ich dann nochmal unter vier Augen weiter! Das kann ja echt nicht sein, dass du dich wie ein frisch geschlüpftes Küken verhältst!“
Als Sirrusch sich von den Drachen weg und zu ihr hinwendet, kann sie seine zornblitzenden Augen in einem wilden, grünen Feuer funkeln sehen.
Upps … Da ist wohl jemand wirklich sauer. Aber irgendwie findet sie das jetzt richtig süß von ihm. Schimpft ihre Drachen aus, wie ungezogene Kinder. Große, mächtige Wesen, die randvoll mit Magie sind und so ganz und gar nichts Kindliches an sich haben. Nur mühevoll kann sie ein schallendes Gelächter unterdrücken und prustet leise in ihr Handtuch.
A ls er innerhalb weniger Minuten tropfnass neben ihr auf der Decke steht, liegt sie leicht zuckend, mit im Badetuch vergrabenem Gesicht, flach am Boden.
„Ari? Alles okay?“
Erschrocken kniet er sich neben sie, fasst sie vorsichtig an der Schulter, dreht sie sanft auf den Rücken und zupft an dem Tuch.
„Ari? Sag doch was! Hast du Schmerzen?“
Sie presst weiter das Tuch fest an sich und schüttelt nur den Kopf.
Energisch zieht er ihre Hände mitsamt Badetuch von ihrem Kopf weg und sieht einer mit Lachtränen überströmten und lauthals kichernden
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