Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
war nicht in der Stimmung zu plaudern. In einer Stunde sollte er im Haus der Seidenen sein. Jeden dritten Abend versammelten sie sich dort, um zu berichten, was sie über den Krater herausgefunden hatten. Bisher war fast nichts bei ihrer Suche herumgekommen.
Usia stieg vor ihm die Treppe hinab. Für einen alten Mann wirkte er rüstig. »Ich versteh nicht, warum ihr euch alle so für die Gärten der Zapote interessiert. Das ist ein verfluchter Ort. Wer durch das Weiße Tor geht, kommt nicht mehr wieder.«
»Wer interessiert sich denn noch dafür?«
Usia hielt inne und drehte sich zu ihm um. »Dieses Spiel geht anders, mein Junge. Du warst recht einsilbig, als ich dich heute Morgen gefragt habe, warum du auf den Ankerturm hinaufwillst. Sag du mir, was so interessant an den Gärten der Tempelstadt ist, und dann erzähle ich dir, wer so wie du ganze Tage auf einem Balken gesessen hat.«
Nodon hatte damit gerechnet, dass so eine Frage kommen würde, und sich eine Geschichte über einen Freund zurechtgelegt, der verschwunden war, nachdem er Streit mit einem Händler aus Zapote angefangen hatte.
Inzwischen hatten sie den Fuß des Turms erreicht. »Dein Freund war aber nicht zufällig so ein schlanker, blonder Kerl mit Schläfenzöpfen. Hat sich am Ende von Kopf bis Fuß mit rotbraunen Mustern bemalen lassen. Sah schrecklich aus.«
»Bandag«, murmelte Nodon. Zu seiner Zeit in der Weißen Halle hatte es einen Schüler aus dem Volk der Maurawan gegeben. Manchmal hatte er sich bemalt und war ganze Nächte lang in die Wälder verschwunden.
»Was sagst du?« Usia winkte den Wachen zu, die hinter ihnen das Tor zum Frachthof schlossen.
»Bandag nennt man in meiner Heimat einen rotbraunen Saft, mit dem man sich bemalt. Nach zwei Wochen verblassen die Bilder wieder.«
Der Frachtmeister deutete den Hang hinab. »Hunger? Unten am Schlangenmarkt kann man günstig essen. Und ich weiß auch, wo man dort einen passablen Wein bekommt.«
»Deine Entscheidung. Du zahlst den Wein«, erklärte Nodon. Er entschied, seine Pläne zu ändern und noch etwas Zeit mit Usia zu verbringen. Er wollte hören, was der Alte über diesen geheimnisvollen anderen Beobachter der Gärten zu erzählen hatte.
»Sagst wohl kein Wort zu viel. Mal sehen, ob ein guter Roter dir die Zunge löst.« Usia schlenderte die breiten Treppen hinunter. Er hatte es trotz des Regens nicht eilig. Es waren nur wenige Menschenkinder auf der Straße. Ab und an grüßte der Frachtmeister. Er schien in diesem Viertel wohlbekannt zu sein.
Der Schlangenmarkt war ein trostloser Ort, umringt von Bauten aus ungebrannten Ziegeln, denen der Regen Furchen in ihre lehmbraunen Gesichter geschnitten hatte. Der ungepflasterte Platz war ein einziger Morast. Sie mussten durch tiefe Pfützen waten, vorbei an Ständen unter ausgeblichenen Segeltuchplanen, wo sich Unglückliche an kleine Feuerstellen kauerten, in der Hoffnung, dass doch noch ein Hungriger zu ihren Köstlichkeiten fin den würde. Es stank nach ranzigem Fett und angebranntem Fleisch . Nodon würde sich überwinden müssen, hier etwas zu essen. Warum machten die Menschenkinder nichts ordentlich? Warum bauten sie eine riesige Stadt aus hässlichen Häusern, statt eine kleinere aus guten festen Steinbauten, in denen man sich wohl fühlen konnte? Sie waren schlimmer als Kobolde.
Usia deutete zu einem Mann mit Mandelaugen, der aufgespießte Skorpione feilbot. »Da gehst du besser nie essen. Es ist unbeschreiblich, was die Ischkuzaia für einen Schlangenfraß anbieten. Der Kerl grillt halb verfaulte Ratten und bietet dir die kleinen Fleischstücke in Soße getaucht als Rinderlende an. Er kommt vom Seidenfluss. Das sind die Allerschlimmsten!«
Nodon, der nicht wirklich einen Unterschied zu den anderen Bratständen erkennen konnte, schwieg.
»Hier sind wir richtig, Junge.« Der Frachtmeister deutete auf eine tiefe Mauernische, in die sich einige Menschenkinder geflüchtet hatten und hinaus in den Regen stierten. Rauch zog unter der gewölbten Decke entlang. Es roch nach Gemüse und Fisch.
Usia verscheuchte einige Männer von ihren Plätzen und ließ sich an einem von drei wackeligen Tischen nieder. »Rabal! Bring mir Reis und Bohnen, und trag uns einen Krug von deinem verdammt besten Roten auf. Nicht diese saure, gepanschte Brühe, die du sonst frecherweise Wein nennst. Wir wollen den richtigen Stoff!«
Hinter einer niedrigen, gemauerten Feuerstelle stand ein unglaublich fetter Kerl mit tätowiertem Gesicht. »Usia, alter
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