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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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nimm deine verdammte Kapuze ab. Hier drinnen regnet es schließ lich nicht, und ich sehe den Männern, mit denen ich mich unterhalte, gerne in die Augen.«
    »Du willst nicht in meine Augen sehen.«
    »Ich glaube, ich will nicht mal einen Wein mit dir trinken. Hältst du mich für einen altersschwachsinnigen Greis, weil mir ein paar graue Haare im Bart sprießen? Meinst du, ich weiß nicht, dass du mich aushorchen willst? Ich bin ein gutmütiger Kerl. Ich erzähle gern ein paar Geschichten. Aber ich möchte wissen, wem. Und die Währung, in der man Geschichten bezahlt, sind eigene Geschichten, Roter. Entweder hältst du dich daran, oder du suchst besser das Weite.«
    »Hast du einmal von den Geisterhainen in Drusna gehört, Usia?«
    Der Frachtmeister schüttelte den Kopf. Er bemühte sich zwar noch um eine grimmige Grimasse, aber Nodon konnte sehen, dass Usias Interesse geweckt war. Die Menschenkinder waren seltsam. Obwohl sie hier auf Nangog täglich mit der konkreten Bedrohung durch die Grünen Geister lebten, liebten sie Geschichten über solche Geschöpfe.
    »Dann hör zu … Die Geisterhaine sind Orte, in denen seltsame Bäume wachsen. Wir hängen Windspiele in ihre Äste und die Waffen und Helme unserer toten Helden. Wenn ein Schwert gegen einen alten Bronzehelm stößt, gibt es einen dunklen, schwin genden Ton. Und wenn der Wind durch die Äste fährt, die Blätter rauschen und die Helme wie Totenglocken klingen, dann sind uns unsere verstorbenen Ahnen nahe. Manche von ihnen gehen nicht an den Ort, der den Toten bestimmt ist. Sie bleiben in den Wäldern und beobachten uns. In den Geisterhainen tragen der Wind, die Blätter und die Glocken ihre Stimmen zu uns.«
    »Wohin gehen eure Toten, wenn sie den rechten Pfad gefunden haben?«
    Die Frage überraschte Nodon, damit hatte er nicht gerechnet. »Goldene Hallen«, sagte er hastig und hoffte, dass Usia nicht schon andere Geschichten über Drusna gehört hatte. »In meiner Provinz, hoch im Norden, glauben wir daran, dass die toten Krieger sich in Goldenen Hallen versammeln, wo sie gemeinsam zechen, essen und bis ans Ende aller Zeiten mit ihren Heldentaten prahlen.«
    Die harten Züge des Frachtmeisters entspannten sich. »Besser, ein Drusnier zu sein als ein Luwier. Die glauben, die Seelen der Toten fahren in ein finsteres Loch tief unter der Erde.« Usia deutete zur rußgeschwärzten Gewölbedecke. »So finster ist es dort. Und es gibt kein Entrinnen bis ans Ende aller Zeiten. Wie heißt du eigentlich?«
    »Lassen wir es bei Roter. Mein Name ist in meiner Heimat fluchbeladen. Es ist besser, wenn du ihn nicht kennst.«
    Rabal trat an ihren Tisch und stellte vor dem Frachtmeister eine Schale mit verkochtem Reis und dicken roten Bohnen ab, die in einer zähen Soße schwammen. »Der Wein kommt gleich. Hatte noch nicht die Zeit, in meinen weitläufigen Keller zu steigen, um das Siegel meiner edelsten Amphore zu brechen.«
    Nodon sah dem Wirt verblüfft nach.
    »Er macht Witze. Natürlich hat er keinen Weinkeller«, erklärte Usia, während er mit einem Holzlöffel rote Bohnen in sich hineinstopfte. »Und jetzt erzählst du mir, warum du verflucht bist. Schön ausschweifend. Nichts regt die Verdauung so sehr an wie eine gute Geschichte.« Er grinste, während ihm Soße vom Bart troff. »Jedenfalls, wenn man erst einmal mein Alter erreicht hat. Und nun zieh deine Kapuze zurück. Ich will endlich deine Augen sehen. Wenn ich einem Mann in die Augen blicke, sehe ich jede Lüge.«
    »Während du isst?«
    »Mach hin!«
    Nodon sah sich um. Die anderen Gäste beobachteten sie noch immer – mehr oder weniger unverhohlen. Er drehte den Kopf so, dass ihn nur Usia sehen konnte. Dann zeigte er sein Gesicht.
    Der Frachtmeister starrte ihn mit offenem Mund an, sodass die halb zerkauten Bohnen deutlich zu sehen waren. »Das …« Er verschluckte sich, hustete, und ein Schwall Bohnenstücke flog über den Tisch. »Was bist du? Versteck sie wieder! Ich will deine Augen nie mehr sehen!«
    Nodon zog die Kapuze nach vorne und verbarg sein Antlitz wieder. Selbst Albenkinder, die ihn gut kannten, erschreckte der Anblick seiner Augen, die nur aus schwarzen Pupillen zu bestehen schienen. Es gab kein Weiß, keine bunte Iris. Nur Schwarz.
    »Ich hatte dich gewarnt, Usia.«
    Der Frachtmeister murrte etwas und starrte ihn an. »Was bist du?« Jetzt lag ein drohender Unterton in seiner Stimme.
    Nodon war wenig beeindruckt. Selbst wenn sich all die traurigen Gestalten einschließlich des Wirts

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