Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
nicht den geringsten Anlass bieten, den Unsterblichen zu verärgern. Ihnen allen war bewusst, dass sie große Schuld am Krieg zwischen Aram und Luwien trugen. Da zudem bekannt war, dass Aaron gerne Söldner aus aller Herren Länder in seine Leibwache aufnahm, wunderte sich niemand, dass Gonvalon mit einem seltsamen Akzent sprach. Solange der Unsterbliche Aaron nicht tatsächlich in die Goldene Stadt kam, war dies also die perfekte Tarnung. Der Rang als einer der Hauptleute der Leibwache öffnete ihm Tür und Tor.
    Seine genagelten Sandalen klackten auf den Stufen, als er zum Hof neben dem Haupttempel der Geflügelten Sonne hinabstieg. Aus den weit geöffneten Bronzetoren des Hauses der Sonne zogen Weihrauchschwaden. Priester mit kahl geschorenen Köpfen und auffälligen gelben Gewändern beobachteten ihn misstrauisch. Die beiden Torwächter, die auf ihren hohen, mit Kuhfell bespannten Schilden lehnten, nickten ihm zu, sodass die roten Federkränze auf ihren Helmen wippten. Alle im Tempel der Geflügelten Sonne hatten schon von ihm gehört. Nach den Maßstäben der Menschenkinder war er eine eindrucksvolle Gestalt. Er hatte sich einen Brustpanzer aus Bronze besorgt, in dessen Vorderseite ein Löwenkopf geprägt war – eine erbärmlich schlechte Arbeit von jemandem, der vermutlich noch nie einen Löwen gesehen hatte. Dazu trug er eine türkisfarbene Tunika und einen schreiend roten Wickelrock, der von gelben Wollfransen gesäumt war. Die Kleidung kratzte und juckte, und der Brustpanzer war zu breit für seine schmalen Schultern und drückte.
    Wie viele Söldner in dieser Welt trug er sein Schwert auf den Rücken geschnallt. Er hatte die Scheide der Waffe mit einem roten Lederüberzug versehen, um sie unauffälliger zu gestalten. Ein breiter Schwertgurt mit Silbermünzen geschmückt verlief quer über seine Brust und verkündete jedem, dass er kein armer Mann war. Auf einen Helm hatte er verzichtet. Sein langes, blondes Haar trug er offen, sodass es ihm bis auf die Schultern fiel. Gonvalon war sich bewusst, dass er ohne Bart eine auffällige Erscheinung war. Nur wenige Männer rasierten sich. Doch seine Verkleidung genügte, dass niemand dazu Fragen stellte und die meisten Menschenkinder demütig den Blick senkten, wenn er vor überging.
    Der Elf überquerte eilig den weiten Vorplatz des Tempels, auf dem sich der Markt für Räucherwerk erstreckte. Eine Sinfonie von Gerüchen umfing ihn. Immer wieder war er aufs Neue überrascht, wie vielfältig die Düfte dieser Welt waren. Unter ausgeblichenen Sonnendächern wurden hier die Schätze der Wälder und entfernter Inseln feilgeboten: Schalen mit Hügeln aus langgezogenen Baumharztränen in heller Bernsteinfarbe, Säcke voller ge trockneter Blütenblätter, Knospen, Rindenstücke und zu feinem Mehl zerstoßene Körner in satten Erdtönen.
    Obwohl der Abend nahte und schon die ersten Öllampen brann ten, war es noch voll auf dem Markt. Gonvalon passierte einen Stand, an dem gelbliche Rauchschwaden aus roten Kupferschalen stiegen. Vollmundig verkündete ein kleiner Gewürzhändler dazu, dass der Rauch die Grünen Geister vertreiben würde.
    Gonvalon blickte über die Schulter und entdeckte im Gewühl hinter ihm den Glatzkopf, der ihm stets folgte. Heute hatten die Priester ihrem Spitzel immerhin befohlen, unauffällige Kleidung zu tragen. Gonvalon musste über ihre plumpen Versuche, ihm nachzustellen, lächeln. Bisher war es ihm noch jedes Mal gelungen, seinen Verfolger abzuschütteln. Heute würde er ihn für seine Zwecke benutzen.
    Er verließ den Markt und ging ein Stück die Straße der Gerechtigkeit entlang. Eine jener breiten Prachtstraßen, die längs des Kraterhangs verliefen und fast kein Gefälle hatte. Gonvalon mochte diesen Weg nicht, denn wie Perlen an einer Schnur reihten sich kleine Plätze entlang dieser Straße, auf denen sich Richtstätten befanden: Sterbende auf Räder geflochten, Kadaver in goldene Käfige gesperrt, Männer, die mit auf den Rücken gefesselten Händen von Seilen hingen, bis sie sich die Schultern auskugelten. Es war eine Straße der Schreie und der Gaffer, die sich an der Obszönität erfreuten, die die Menschenkinder Gerechtigkeit nannten.
    Er war froh, als er eine breite Treppe erreichte, die zu den tiefer gelegenen Stadtvierteln führte. Dort, in den engeren Gassen, hatten sich bereits die ersten Schatten der nahenden Nacht eingenistet. Flüchtig sah der Elf über seine Schulter. Sein Verfolger war ihm wie erwartet noch auf den

Weitere Kostenlose Bücher