Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
Sofort folgte ein zweiter Hieb, der auf seine Schwerthand zielte. Artax drehte die Klinge weg, sodass der Angriff ins Leere ging, und versetzte dem Zapote einen Ellenbogenstoß zwischen die Fänge des Jaguarhelms. Dann sauste seine Geisterklinge nieder. Selbst im hellen Tageslicht war das unheimliche grüne Leuchten deutlich zu erkennen, das den Stahl umspielte. Das Schwert schnitt durch Helm und Schädelknochen. Noch im Sterben hob der Zapote ein letztes Mal seine Krallenhände und hieb nach Artax’ Beinen. Doch in dem Angriff lag keine Kraft mehr.
Im selben Moment stieß Ashot den zweiten Jaguarmann mit dem Schild zurück, und Ormu versenkte auf drei Schritt einen Pfeil in die Brust des Zapote-Kriegers, der von der Wucht des Treffers von den Beinen gerissen wurde.
»Weiter!«, rief Artax verzweifelt. Wieder hatten sie einige Augen blicke verloren. Ihnen lief die Zeit davon.
Endlich erreichten sie den Eingang zum unterirdischen Tempel. Rings um das marmorne Schlangenmaul lagen tote Jaguarmänner. Es sah aus wie in einem Schlachthaus. Die Wände des Tunneleingangs, die Fänge der Schlange, die wie Stalaktiten über ihren Köpfen ragten, alles war mit Blut bespritzt. Abgetrennte Arme und Köpfe lagen auf den vordersten Treppenstufen.
»Was ist hier geschehen?« Ashot stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. »Wer war das?«
Artax deutete zu den Wolkenschiffen, von denen Körbe voller Krieger abgeseilt wurden. »So war das nicht geplant«, murmelte er, dann sagte er laut zu seinen Männern: »Ich glaube, jemand ist uns zuvorgekommen.«
»Und hat keinen einzigen Mann verloren? Seht Euch um, Erhabener, hier liegt kein einziger toter Zinnerner. Das geht nicht mit rechten Dingen zu!«
Artax nickte zustimmend. Doch wer immer das getan hatte, hatte ihnen geholfen. Entschlossen betrat er das Schlangenmaul. Er würde Volodi befreien!
I n die Tiefe
Der endlose Tunnel in die Tiefe weitete sich. Auf jeder der breiten Stufen, die Nandalee hinabstieg, stand eine brennende Öllampe und tauchte die mit weißem Marmor verkleideten Wände in ein warmes Licht.
Die Elfe bemerkte Ritzzeichnungen auf den Wänden. Anfangs nur flüchtig wie Skizzen, die aber bald zu wohlausgeführten Reliefs wurden, je weiter sie gingen. Die Bilder zeigten einen Garten voller Blumen. Es gab Vögel und Schlangen, auch waren einige Priester zu sehen. Dann spannte sich über den Himmel ein weiter Schlangenleib, der statt Schuppen Federn trug. Die Kreatur war viele Schritt lang.
Der Tunnel machte einen weiten Bogen, und die Szenerie änderte sich. Decke und Wände wichen weiter zurück. Etwa fünfzig Schritt vor ihnen schloss eine solide Mauer den Tunnel ab, in die ein großes Tor eingefügt war. Die Wandreliefs waren hier bemalt: Sieben überlebensgroße Krieger mit blondem Haar kämpften gegen einen gefiederten Drachen mit goldenem Haupt.
»Das sind wir«, hörte Nandalee Manawyn sagen. »So sah der Schlangendrache wirklich aus. Es ist …« Seine Stimme brach, als er sah, wie der Drache einen Krieger mit seinen Krallen zerfetzte und einem zweiten den Schwertarm abbiss.
»Er bewegte sich schnell für seine Größe.« Manawyns Stimme klang rau, als er an ihr vorbeiging und mit seinen alten, faltigen Händen über die Reliefs strich. Er wirkte abwesend.
Direkt neben dem Tor war ein Bild der geflügelten Išta. In der Rechten hielt sie ein Schwert. Ihren Fuß hatte sie in den Nacken eines Toten gesetzt, aus dessen Halsstumpf Blut quoll. Mit der Linken aber hielt sie an ihrem langen blonden Haar den Kopf einer Elfe hoch. Nandalee erschauderte, als sie sah, dass in die beiden Seitenpfeiler des hohen Tors je drei Nischen geschnitten waren, in denen abgetrennte Köpfe lagen. Im Sturz des Tores war ebenfalls eine einzelne Nische angelegt. Sie jedoch war leer.
Bisher hatten sie nur ihren eigenen Atem und das leise Geräusch ihrer Schritte vernommen. Nun erklang jenseits des Tores Gesang. Dunkel, auf- und abschwellend – wie eine Beschwörung. Das Lied schien etwas bei Manawyn auszulösen. Seit er ihnen seine Geschichte erzählt hatte, hatte er nicht mehr viel gesagt. Doch auch schweigend strahlte er eine stumme Autorität aus. Jetzt jedoch wirkte er verändert auf Nandalee. Es schien, als sei er nicht mehr bei ihnen, sondern durch die Jahrhunderte zurück in die Vergangenheit geschritten. Manawyn war vor dem Tor stehen geblieben und betrachtete entrückt die abgetrennten Köpfe.
»Wir müssen weiter«, zischte Nodon. »Jemand kommt die Treppe
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