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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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es wohl sein würde, Quetzalli wieder zu begegnen. Hatte sie ihn verraten? Ganz zu Anfang sicher. Sie hatte seine blonden Haare gesehen, ihn herausfordernd angelächelt und ihn mit der Absicht in ihr Federhaus gebracht, ihn bald auf den Opferaltar zu schleppen. Wenn er den Worten ihres Bruders traute, dann war sie da rin vor ihm auch sehr erfolgreich gewesen. Ja, angeblich hatte sie sogar einigen ihrer Opfer selbst die Brust aufgeschnitten, um der Gefiederten Schlange deren Herzen zu schenken. Was also war an ihrem letzten gemeinsamen Abend mit ihr geschehen? Sie hatte ihn gedrängt, aus dem Fenster zu springen. Wollte sie ihn retten? War etwas anderes schiefgelaufen, das er nicht verstand?
    Volodi zog den flauschigen Klumpen, der kein Schaffell war, aus dem Mund und betrachtete ihn nachdenklich. Er konnte mit Quetzalli nicht reden. Sie würde ihm nicht erklären können, warum sie ihn zum Fenster geschickt hatte. Sie verstand kein einziges Wort seiner Sprache. Vielleicht war das auch besser so …
    »Auserwählter?«, erklang die näselnde Stimme seines Leibkochs von unten. »Das Essen!«
    »Bring es hoch!« Volodi setzte sich auf und lauschte den Schritten auf der Treppe. Und dann roch er es: den Duft gebratenen Fleisches.
    »Ein Hirschbraten«, verkündete der Zapote breit grinsend. Dann nickte er zu dem Krug neben dem Bratenteller. »Und Honigwein.«
    Volodi konnte es nicht glauben. Gierig griff er nach dem Braten und verbrannte sich die Finger an dem heißen Fleisch. Fluchend ließ er wieder los und wühlte nach dem Steinmesser, das unter die Decke gerutscht war. »Wie hast du das geschafft? Das … das ist tatsächlich Hirschbraten, nicht wahr?« Er fand das Messer, entschied sich aber, erst einmal von dem Honigwein zu kosten. Er war wunderbar! Leicht gekühlt, ein wenig klebrig. Es gab nichts Besseres.
    »Sagen wir einmal so …« Sein Diener grinste noch breiter. »Die meisten ehrenwerten Auserwählten, die hier als Gäste weilen, sind Drusnier. Und ihr – versteh mich nicht falsch, das ist keine Beleidigung –, aber ihr seid nicht besonders einfallsreich, was eure Lieblingsgerichte angeht. Wir sind hier inzwischen sehr gut auf eure Wünsche vorbereitet.«
    Volodi rammte das Messer in den Braten, hielt das heiße Fleisch mit spitzen Fingern fest und schnitt eine dicke Scheibe ab. Es war perfekt. Aus dem Inneren quoll dunkles Blut. Nicht zu lange gebraten! Der Kerl wusste wirklich, wie man Drusnier glücklich machte. Volodi leckte sich den Bratensaft von den Fingern.
    »Ich werde nun nach dem Weib für dich sehen. Sie sollte inzwischen gewaschen sein.« Mit diesen Worten drehte sich der Zapote um und verschwand die Treppe hinab.
    Plötzlich war Volodi der Appetit vergangen. Er sah das blutende Fleisch und stellte sich vor, dass er vielleicht schon morgen genauso aussehen würde: ein blutendes Stück Fleisch auf einem Altarstein. Hatte Quetzalli, als sie ihn das erste Mal angelächelt hatte, daran gedacht? Wie ihm zu Ehren ihrer Götter die Brust aufgeschnitten würde? Wie hatte er sich wünschen können, sie wiederzusehen! Ein verdammter Narr war er.
    Aber ein Narr, der bestimmte, wie die Dinge hier liefen. Er könnte sie zurückweisen. Es lag ganz bei ihm, welche Frau er wählte.
    Missmutig griff er nach dem Krug mit Honigwein und nahm einen tiefen Schluck. Als er aus dem Fenster starrte, fiel ihm ein winziger Vogel auf, der seinen langen Schnabel tief in einen Blütenkelch steckte und dabei so schnell mit den Flügeln schlug, dass sie zu flirrenden Schatten verwischten.
    Volodi wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als wieder Schritte auf der Treppe erklangen. Er straffte sich und stieß gegen den Honigweinkrug, dessen Inhalt sich golden über das weiße Betttuch ergoss. Er würde sie wegschicken, dachte er. Und dann würde er einen Weg finden, wie er aus diesem goldenen Käfig fliehen konnte.
    Sein Leibdiener mit der Knochennadel in der Nase wirkte unglücklich. Er zog ein langes Gesicht und schob eine Frau vor sich her, die den Kopf gesenkt hielt, sodass ihr offenes Haar ihr Gesicht verbarg. Um ihre Schultern lag ein langer Mantel aus bunt schillernden Federn.
    »Ich fürchte, man hat dich betrogen, Auserwählter«, murmelte sein Diener zerknirscht und zog der Frau den Mantel von den Schultern. Sie stand da, die Arme an die Seiten gepresst, leicht gekrümmt. Ihre braune Haut war entstellt von blauen Flecken und Schrammen. Quer über ihren Bauch verliefen vier hässliche Narben, als hätte sie

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