Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
ein himmelblaues Tuch um seine Lenden geschlungen hatte und ansonsten nackt war. Blondes Haar hing ihm in langen Strähnen bis zur Brust. Aus seinem Bart troff Wasser. Er hatte offene, dunkelbraune Augen, die von Kränzen feiner Fältchen umringt wurden. Volodi schätzte ihn auf älter als dreißig. »Wer bist du?«
»Eirik, ein Auserwählter, so wie du. Ich komme aus dem Seenland im Nordwesten von Drus.«
Volodi stellte sich mit knappen Worten vor. »Du bewegst dich ziemlich leise«, endete er.
»Du warst so tief in Gedanken, dass du nicht einmal einen Auerochsen auf dem Kiesweg gehört hättest. Außerdem musste ich nicht weit gehen.« Eirik deutete über die Schulter zu dem kleinen Teich, an dem Volodi zuvor vorbeigegangen war. »Das Wasser dort ist warm. Manchmal, wenn ich nachts nicht schlafen kann, komme ich hierher, schwimme und betrachte melancholisch den Sternenhimmel und den letzten Weg, den ich gehen werde.«
Volodi sah mit einem Schaudern zu dem klaffenden Schlangenmaul. Das Portal war mehr als drei Schritt hoch. »Wohin führt der Weg?«
Eirik zuckte mit den Schultern. »Ist das wichtig? Von dort gibt es kein Zurück. Die Zapote reden nicht darüber, was genau uns dort unten erwartet. Aber du hast die Bodenreliefs vor dem Weißen Tor gesehen, oder? Wir werden dort vor ihren Gott treten, vor die Gefiederte Schlange. Dort unten wimmelt es nur so von Adlerkriegern und Jaguarmännern.« Er hielt kurz inne. »Und von dort gibt es keinen Weg zurück. Ich habe gehört, du warst ein großer Krieger. Dort wird es dir nichts nützen.«
Volodi streckte sich und versuchte, selbstsicherer zu wirken, als er sich fühlte. »Ich bin nicht leicht umzubringen.«
»Hier wiegt Glück schwerer als ein starker Schwertarm.«
Volodi hob fragend die Brauen.
»Es wird ausgelost, wen sie als Nächsten zur Gefiederten Schlan ge bringen. Ich habe seit fast zwei Jahren überlebt. Ich habe zwei Frauen und drei Kinder.« Eirik schenkte ihm ein verzweifeltes Lächeln. »Und keine Zukunft …«
»Du hast Kinder?«
»Sie sind nicht hier. Ich wollte nicht, dass sie im Schatten eines Vaters aufwachsen, der auf seinen Tod wartet. Die Götter waren mir gnädig. Meine beiden kleinen Jungs haben kein blondes Haar. Die Priester haben mir versprochen, dass sie und ihre Mütter ein gutes Leben haben werden. Als Kinder eines Auserwählten könnten sie eines Tages sogar Priester werden.«
In Eiriks Stimme lag eine Trauer, die Volodi die Kehle zuschnür te. Sein Gegenüber war ein gebrochener Mann, der sich hinter einem melancholischen Lächeln versteckte. »Ich komme hier heraus«, sagte er entschieden. »Und ich werde nicht allein gehen.«
»Wenn mir die Götter für jede Gelegenheit, bei der ich einen solchen Spruch gehört habe, einen Tag schenken würden, ich würde ein grauhaariger, glücklicher Mann werden.«
»Du wirst schon sehen, Eirik.«
»Ganz sicher«, entgegnete sein Gegenüber bitter. »Ganz sicher! Schon in zwei Tagen wird wieder ein Auserwählter durch den Schlangenschlund gehen, und in letzter Zeit waren es immer die Neuen, die das Todeslos gezogen haben.«
D as Geschenk der Drachen
Nandalee blickte mit gemischten Gefühlen auf den Kobold, der ihr voraneilte. Das Licht seiner Fackel warf tanzende Schatten auf die Wände des engen Tunnels, dem sie folgten. Sie war nie zuvor in diesem Teil der Pyramide gewesen. Die Stufen führten sie auf wärts! Nicht hinab zu der halb überfluteten Höhle, in der Nachtatem sie sonst erwartete.
Der Kobold hatte sie auf einem Jagdausflug gefunden. Ihre hohen Stiefel waren schlammbespritzt, ihr langes Haar in Unordnung, und über der Schulter trug sie den großen Eibenbogen, der ihr in der Weißen Halle schon so viel Ärger eingebracht hatte.
»Und du weißt ganz sicher nicht, was Nachtatem von mir will?«
»Herrin, ich bin nur der Bote. Bitte vergesst das nicht. Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass Ihr Euch beeilen sollt.« Der kleine Kerl drehte sich kurz zu ihr um. Sie sah die Angst in seinen großen Augen. »Ich habe die Stimme des Großen Schlingers in meinem Kopf gehört. In meinem Kopf! Er hat noch nie zu mir gesprochen. Ich wusste nicht einmal, dass er weiß, dass es mich gibt.«
»Des Großen Schlingers?«
Dem Kobold fiel beinahe die Fackel aus der Hand. »Was sagt Ihr da? Nennt ihn nicht so, das hasst er!«
»Aber du hast doch gerade …«, wandte Nandalee ein.
»Ich? Niemals! So würde ich den edlen Nachtatem nie nennen. Alle Kobolde ihm Tal verehren ihn wie
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