Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
Barnaba und dieses Weib auf dem Grund des Sees gelegen haben. Ihr Lächeln – sie beide hatten zu vollkommener Eintracht gefunden. Wir hatten kein Recht, sie zu stören.«
Bamiyan traute seinen Ohren nicht. Das wurde ja immer besser. Ormu war ganz offensichtlich verrückt geworden! »Dieses Daimonenweib hat mich angegriffen! Hast du vergessen, wie ich ausgesehen habe? Über und über war ich mit Wunden bedeckt, als sie ihre Eissplitter gegen mich geschleudert hat. Ich kann von Glück sagen, dass ich nicht mein Augenlicht verloren habe.«
»Bist du sicher, dass es Glück war? Ich glaube, wenn sie dich hätte blenden wollen, dann hätte sie die Macht dazu besessen. Sie wollte dich nur erschrecken und vertreiben. Wollte, dass du nie mehr zurückkehrst, um ihren Frieden zu stören.«
»Du hast es nicht erlebt!«, entgegnete Bamiyan aufgebracht. »Es war schrecklich. Ich bin davongelaufen wie ein verschrecktes Kind.«
»Deswegen muss man sich nicht schämen. Mich hat einmal ein Bär in meinem Nachtlager in der Wildnis überrascht. Ich sage dir, ich bin gehüpft wie ein Hase. War eine knappe Sache. Und er hat mir einen Satz peinlicher Narben auf meinem Allerwertesten verpasst.« Ormu lächelte breit. »Solche Geschichten sind nur dann schlimm, wenn sie jemand nutzt, um dich bloßzustellen. So wie Gatha.«
Bamiyan verdrehte die Augen und fluchte innerlich. Er konnte die Arme des Schamanen jetzt nicht loslassen, um das schützende Horn zu schlagen. Leise flüsterte er einen Bannspruch gegen das Böse.
»Hah!«, stieß der rotbärtige Jäger hervor. »Du denkst also auch, er ist das Böse!«
Bamiyan stieg über die Deichsel eines zerstörten Streitwagens hinweg und blickte kurz auf die Pferde, denen Hungrige breite Streifen Fleisch von den Rippen geschnitten hatten. Eine Wolke von Fliegen stieg auf und hüllte sie mit ihrem dunklen Summen ein. »Dies hier wird bis ans Ende aller Zeiten ein verfluchter Ort sein. Zu viele Männer sind hier gestorben. Da kann man nicht vorsichtig genug sein.«
»Ja, das stimmt wohl. Man kann nicht vorsichtig genug sein.« Ein seltsamer Unterton schwang in der Stimme des Jägers. »Ich glaube, wir sind wirklich fluchbeladen. Und Gatha ist der Erste, den sein Schicksal ereilt hat.«
»Wie meinst du das?«
»Wir haben Böses getan, Junge. Und Böses wird stets mit Bösem vergolten. Wir hätten den Heiligen Mann und dieses Wasserweib in Frieden lassen sollen. Sie hatten niemandem etwas zuleide getan. Und die beiden hatten zu etwas gefunden … Ich weiß nicht, wie ich es in Worte fassen soll. Sie waren eins ! Vereint in vollkommener Harmonie. Sie hatten gefunden, wonach ich schon ein Leben lang suche. Und wir sind hingegangen und haben alles zerstört. Schon als ich meinen Pfeil auf den Bogen legte, wusste ich, dass ich das Falsche tue. Aber ich habe mich dennoch dazu hinreißen lassen. Und ich habe die Hand des Weibes abgehackt, die ihren Liebsten selbst im Tode noch umklammert hat. Das war eine durch und durch finstere Tat. Ich werde dafür bis ans Ende meiner Tage büßen!«
Bamiyan konnte nicht ganz nachvollziehen, was Ormu meinte. Nur eins machte ihm wirklich Sorge. »Du meinst, die Daimonin hat uns verflucht? Gatha ist deshalb gestorben? Und wir anderen werden auch büßen?«, fragte er.
Der Jäger seufzte. »Nein. So meinte ich es nicht. Nicht dieses Weib hat uns mit einem Fluch beladen. Wir selbst waren es durch unsere Taten. Wenn eine in die Enge getriebene Bärenmutter ihr Junges bis zum letzten Blutstropfen verteidigt, wunderst du dich dann? Würdest du sie böse nennen? Würdest du selbst nicht alles geben, deine Sippe zu verteidigen, wenn Plünderer in unsere Berge kämen? Wir sind in das Tal dieses Weibes gekommen. Sie hat uns vorher nicht behelligt. Sie hat uns keinen Grund gegeben, sie anzugreifen, und nur den Mann verteidigt, den sie offensichtlich liebte. Was ist daran daimonisch? Wir waren die Daimonen in diesem Tal, Bamiyan. Und es war Gatha, der uns dazu aufgestachelt hat, diese schreckliche Tat zu begehen.«
»Aber wir mussten doch den Heiligen Mann befreien …«, sagte Bamiyan gedehnt. Ormus Sicht der Dinge verwirrte ihn. Auch er musste daran denken, wie Barnaba und diese Frau Seite an Seite auf dem Grund des Sees gelegen hatten. Es war ein friedliches Bild gewesen. Selbst im Schlaf hatten sie sich bei den Händen gehalten.
»Hattest du den Eindruck, dass es Barnaba glücklich gemacht hat, dass wir ihn holten? Und jetzt sag nicht, es wäre unsere Pflicht
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