Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
schon viele Jahre so. Wir kümmern uns gut um den Jungen.«
    »Wie heißt er denn?« Kolja schnippte Bruder Sanftmut eine weitere Münze zu, die dieser erneut kritisch in Augenschein nahm.
    »Wir machen uns nichts aus Namen. Wie du dir sicher schon ge dacht hast, haben mich meine Eltern nicht ›Sanftmut‹ genannt. Je der Bruder in diesem Haus erhält einen neuen Namen als Geschenk von unserer Gemeinschaft. Unsere Gäste haben keine Namen.«
    »Was macht ihr denn, wenn ihr über eure Gäste redet? Ihr müsst sie doch irgendwie unterscheiden?«
    Bruder Sanftmut spreizte die Hände und presste dabei die Fingerkuppen aneinander. »Ja, das stimmt schon. Also, er hier … ihn nennen wir meist den Irren ohne Nase. Wir haben nur einen von der Sorte.«
    Kolja überlegte einen Moment, welchen Nutzen man daraus ziehen könnte, Leute an einem Ort verwahren zu lassen, wo sie keinen Namen mehr hatten. »Habt ihr auch Gäste, die nicht wirklich krank sind?«
    Der Dicke kratzte sich hinter dem linken Ohr. »Wie meinst du das? Der Junge hier ist ja auch nicht wirklich krank.«
    Kolja zog eine Goldmünze hervor und balancierte sie mit einigem Geschick auf seinen vernarbten Fingerknöcheln. »Ich glaube, man könnte sagen, kranke Leute sind eine Gefahr für die Gesunden. Stimmst du mir da zu?«
    Bruder Sanftmut nickte, ohne die Münze aus den Augen zu lassen.
    »Es würde also nicht gegen eure Ordensregeln verstoßen, jemanden zu verwahren, der eine Gefahr für andere ist.«
    Der barmherzige Bruder blickte auf und sah Kolja mit seinen himmelblauen Augen nachdenklich an. »Ich glaube, du begibst dich in Gedanken gerade auf einen Weg, der doch sehr von unseren Grundsätzen abweicht. Wir betreiben hier keinen Kerker, falls es das ist, worauf du hinauswillst.«
    »Formulieren wir es einmal anders …« Kolja setzte sein furchtbares Lächeln auf und beobachtete zufrieden, dass es seine Wirkung auch dieses Mal nicht verfehlte. »Dieser Junge war fast tot, als man ihn euch gebracht hat. Ihr habt euch um ihn gekümmert, wurdet gut bezahlt, und der Junge ist dem Tod entronnen. Könntet ihr euch vorstellen, hin und wieder einen Gast für mich aufzunehmen, der sicherlich sterben müsste, wenn ihr ihn nicht in eure freundliche Obhut nehmen würdet?«
    »Was war noch gleich dein Geschäft?«, fragte der alte Bruder, nun eindeutig misstrauisch.
    »Darüber werden wir niemals sprechen, auch wenn ich glaube, dass du es bereits ahnst. Meinen Spitznamen darfst du wissen. Manche nennen mich ›den Schlächter‹.«
    Bruder Sanftmut strich sich erneut über das Doppelkinn, und der Anflug eines verwegenen Lächelns spielte um seine wulstigen Lippen. »Es sieht eher so aus, als seist du derjenige, den man geschlachtet hat.«
    Diesen Scherz hatte sich schon lange keiner mehr mit ihm erlaubt. Kolja ließ die Goldmünze zurück in seine Geldkatze fallen. »Was weißt du über den Faustkampf, Bruder Schwabbelbauch?«
    Bruder Sanftmut wich einen Schritt zurück und stellte entsetzt fest, dass er so, wie er stand, nicht zu der Tür der Kammer ge langen konnte, ohne in die Reichweite von Koljas Fäusten zu kommen.
    »Es gibt die Faustkämpfe, die mit blanker Hand ausgetragen werden. Ein blaues Auge, eine aufgeplatzte Lippe oder Augenbraue oder im schlimmsten Fall eine gebrochene Nase sind der Preis. Und dann gibt es die Kämpfe für härtere Burschen. Die, bei denen wirklich Blut fließt. Die Kämpfer wickeln sich ihre Hände mit Lederbändern ein, die bis zum Ellenbogen reichen. Über den Knöcheln der Faust sitzen Bronzedornen … Treffer von solchen Schlägen häuten dich.« Wieder lächelte Kolja. »Wie dir ganz richtig aufgefallen ist, habe ich viele schwere Fausthiebe eingesteckt. Es waren nicht Wendigkeit und ausgefeilte Technik, die meinen Erfolg begründeten. Es war die Tatsache, dass ich mehr aushalten konnte als fast jeder andere. Und wenn ich einen Treffer gesetzt habe, dann gab es nur wenige, die danach noch einmal auf die Beine kamen. Man könnte also zusammenfassend sagen, dass ich in fast jedem Aspekt das genaue Gegenteil von dir verkörpere, Bruder Sanftmut .«
    Kolja konnte sehen, wie der Dicke darum rang, sich mutig zu geben.
    »Was führt dich in das Haus der barmherzigen Brüder, Schlächter? Bitte verzeih, wenn ich so direkt werde, aber es gibt hier Kranke, die meiner Hilfe bedürfen.«
    »Ich will ebenso geradeheraus sein, Bruder Sanftmut. Ich möchte den Irren ohne Nase mitnehmen, und ich wünsche mir, dass diese Kammer unbelegt bleibt

Weitere Kostenlose Bücher