Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
und die Tür zu ihr mit einem schweren Riegel versehen wird. Ich biete dir dafür mein Wohlwollen und werde dir kein Gesicht verpassen, wie ich es habe. Sind wir uns einig?«
Der alte Bruder ließ sich auf das Lager des Nasenlosen sinken. Er war kreidebleich geworden und rang hörbar um Atem. »Ich …«, stammelte er. »Ich kann nicht …« Er schloss kurz die Augen, bemüht, sich zu sammeln. »Wir benötigen hier mehr als Wohlwollen, um die Mäuler unserer Kranken zu stopfen. Die Dame mit der Maske spendet sehr großzügig.«
»Welches Geschenk ist größer als Gesundheit, Bruder? Niemand sollte das besser beurteilen können als du.«
»Ich verabscheue dich, und es ist allein die Gewalt, der ich mich beuge«, keuchte der Dicke. »Aber ich verlange zehn Goldstücke für den Irren, und du wirst uns dafür gut bezahlen, wenn wir jemanden für dich in Verwahrung nehmen.«
Kolja ballte seine Rechte zur Faust, sodass die Knöchel knackten. »Ich biete dir drei Goldstücke!«
»Fünf«, forderte Bruder Sanftmut mit einer Stimme, die wie das Quicken eines ängstlichen Schweins klang.
Kolja hatte Respekt vor Männern, die gegen ihre Angst ankämpften. »Fünf? Also gut, in geschäftlichen Dingen fehlt dir jeglicher Sanftmut, Bruder. Du bekommst dein Gold, aber dafür verlange ich, dass die Dame mit der Seidenmaske niemals erfahren wird, wer diesen Irren hier abgeholt hat. Mir ist egal, was für eine Ausrede du dir einfallen lässt. Nur darfst du nicht behaupten, unser Nasenloser sei tot. Haben wir uns verstanden?«
Der Bruder nickte und streckte die Hand aus. Sie zitterte ein wenig. Kolja zählte ihm das Gold in die Hand und bedeutete dann dem verstümmelten, jungen Mann, der die ganze Zeit über mit leerem Gesichtsausdruck vor sich hingestarrt hatte, sich zu erheben. »Du kommst mit mir. Ich werde nun auf dich aufpassen. Du wirst ein schönes Zimmer mit einem weiten Blick über die Stadt bekommen.«
Der Irre lächelte ihn an. Es war eine Grimasse, die Kolja erschaudern ließ. Dieser Junge war hässlicher als er. Er empfand plötzlich Mitleid mit ihm und zwang sich, den Blick nicht von dem so schrecklich entstellten Gesicht des Nasenlosen abzuwenden.
Ob der Junge etwas von dem Gespräch verstanden hatte? So glücklich, wie er grinste, wohl eher nicht. Jetzt erst bemerkte Kolja den schmalen Bronzering an dessen Hand. Ein kleiner, grüner Stein war darin eingelassen. Es war gut, dass es etwas gab, das zumindest einen Finger des Irren unverwechselbar machte.
Kolja rechnete damit, dass es noch Ärger geben würde. Aber nun war er vorbereitet.
D ie Dame in Rot
Bidayn blickte auf das braune Wasser, das behäbig gegen die von dunklen Algen bedeckten Stützpfähle der Bootsanlegestelle schwapp te. Sie war froh, nicht mehr auf diesem fliegenden Schiff zu sein. Die Kreatur hatte im ersten Morgenlicht an einem Königsbaum, etwa eine Meile vom Fluss entfernt, im Dschungel geankert und sie abgesetzt. Das kurze Stück Weg zum Fluss hatte sie noch einmal zwei Stunden gekostet. Es gab hier kein richtiges Ufer. Wald und Fluss gingen einfach ineinander über. Ganz zum Schluss erst waren sie auf einen Knüppeldamm gestoßen, der schließlich zu dieser Anlegestelle geführt hatte.
Und so saßen sie nun hier, von Moskitos umschwirrt, schweigend. Gonvalon hatte ein kleines Feuer entfacht und seine aufgeweichten Stiefel ausgezogen. Er drehte die Spitze seines Dolchs in den Flammen und berührte dann mit dem glühenden Stahl einen der Blutegel, die an seinen Waden hafteten. Die Plagegeister waren prall vom Blut des Schwertmeisters. Es zischte, wenn er sie mit dem glühenden Metall berührte. Er könnte auch warten, bis sie vollgesogen von allein wieder abfielen, aber es sah so aus, als habe er entschieden, einen Rachefeldzug gegen dieses Gewürm zu starten. Die anderen hatten sich mehr oder weniger durch mindere Zauber schützen können. Nur Gonvalon hatte gelitten, seit sie auf Nangog waren. Doch nun würde sich das ändern.
»Von nun an werden wir alle keine Zauber mehr weben«, hatte Nandalee barsch befohlen, kaum dass sie den hölzernen Steg betreten hatten. Sie kam Bidayn sehr verändert vor. Nandalee schien Gefallen daran gefunden zu haben, sie alle herumzukommandieren.
»Wem nutzt es, wenn wir hier bei lebendigem Leib von den Mücken gefressen werden?«, hatte Lyvianne gefragt. »Ich glaube nicht, dass hier mitten im Nichts die Gefahr besteht, einem Devanthar zu begegnen. Eine gute Anführerin verzichtet auf Willkür und
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