Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
war schlank und wohlproportioniert. Ein Gazeschleier ließ edle Gesichtszüge erahnen, auch wenn Bidayn lediglich mit dunkler Farbe umrandete Augen erkennen konnte. Unter weit geschnittenen Seidenärmeln lugten zierliche Handgelenke hervor, die silberne Kettchen mit kleinen Glöckchen schmückten. Auch um die Knöchel trug sie ähnlich Ketten, sodass jede ihrer Bewegungen von leisem Läuten begleitet wurde.
Die Dame verströmte einen angenehmen Rosenduft. Sie war aber die Einzige unter den Menschenkindern, die gut roch. Die Ruderer, die dank des aufgezogenen Segels nun rasten durften, stanken nach Schweiß und säuerlichem Wein. Sie beäugten die zugestiegenen Passagiere neugierig, wagten es aber nicht, einen der seltsamen Gäste ihrer Herrin anzusprechen.
Bidayn trat an den Bug. Der Horizont war immer noch eine konturlose blaue Wand.
»Sehr ungewöhnlich, drei Frauen aus dem Flusswald kommen zu sehen.« Der bartlose Steuermann war an ihre Seite getreten. Bidayn warf einen raschen Blick zum Baldachin. Ein anderer Seemann hatte das Ruder übernommen. Ihre Gefährten kauerten im Heck und dösten. Nur Nodon beobachtete sie und den Menschensohn an ihrer Seite misstrauisch.
»So selten wie Frauen auf Nangog sind, sollten sie nicht den Gefahren des Waldes ausgesetzt werden.« Er lächelte heraus fordernd. »Selbst dann nicht, wenn sie allesamt Waffen unter ihren Gewändern verbergen.« Der Steuermann sprach mit einem so harten Akzent, dass es Bidayn schwerfiel, seinen Worten zu folgen.
»Was ist verwunderlich daran, wenn eine ungewöhnliche Herrin eine ganz besondere Dienerschaft um sich schart? Als einziger Mann ohne Bart passt auch Ihr hervorragend in das ungewöhnliche Gefolge unserer Herrin.«
Der Seemann runzelte die Stirn. »Wie kommt Ihr darauf, dass ich ein Diener der Seidenen bin? Diese Prunkgaleere gehört Arcumenna, dem Laris von Truria, dem vom Unsterblichen Ansur von Valesia als Lohn für seine Siege über die räuberischen Drusnier die Statthalterschaft auf Nangog verliehen wurde. Da die Seidene sehr hoch in der Gunst meines Herren steht, hat Arcumenna uns für diesen Tag ihrem Befehl unterstellt.« Der Steuermann sah sie forschend an. »Mir scheint, Ihr seid über das Gefolge der Seidenen nicht sehr gut unterrichtet.«
Bidayn ging auf, dass sie dabei war, das ohnehin nur fadenscheinige Lügengespinst um ihre Herkunft und die Verbindung zu dieser Dame in Rot zu ruinieren. »Verzeiht, meine Herrin hat so viele Sklaven … Ich hoffe, ich habe Euch nicht beleidigt? Mögt Ihr mir nicht Euren Namen nennen?«
»Kydon, edle Dame«, er deutete eine Verbeugung an. »Ich muss gestehen, Ihr verblüfft mich. Dachte ich doch bislang, dass die Seidene mit ganz wenigen Ausnahmen nur Diener in ihrem Haushalt führt. Ihr aber sprecht nun von Sklaven.«
Bidayn verfluchte sich stumm und warf Nodon, der sich bereits erhoben hatte und sich ihnen nun langsam näherte, einen flehenden Blick zu. »Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt.« Sie versuchte es mit einem verlegenen Lachen. »Bitte entschuldigt, ich bin unerfahren darin, mit Fremden zu plaudern. Mein Gebieter schätzt es nicht, wenn ich mit anderen Männern spreche.«
Nodon hatte sie erreicht und ihre letzten Worte ohne Zweifel gehört.
»Würdet Ihr bitte von meinem Weibe ablassen«, sagte er scharf.
Kydon musterte den Elfen abschätzig. »Ihr scheint mir nicht besonders mannhaft zu sein. Und klug seid ihr ganz gewiss auch nicht. Mir ist unverständlich, wie Ihr und der andere dort drüben drei zarte Weiber den Gefahren des Flusswaldes aussetzen konntet.«
»Für einen Mann ohne Bart nehmt Ihr den Mund ganz schön voll, was Mannhaftigkeit angeht«, entgegnete Nodon eisig. »Ich weiß ja nicht, woher Ihr kommt, aber in meinem Volk gilt es als äußerst unschicklich, das Weib eines anderen Mannes anzusprechen. Sucht Ihr vielleicht ein Duell?«
»Da Ihr in Diensten der Seidenen steht, erfahrt Ihr wohl nicht zum ersten Mal, dass sich der Ruf Eurer Herrin auch auf die übrigen Mitglieder ihres Haushalts erstreckt. Insbesondere die Weiber.« Kydon sah Nodon herausfordernd an. »Ich bin kein armer Mann. Was kostet die Gunst deines Liebchens?«
Bidayn war entsetzt über die Frechheit des Steuermanns. Nodon hingegen blieb völlig ruhig. »Ich glaube, ganz gleich, wie reich Ihr auch sein mögt, die Hand nach meinem Weibe auszustrecken könnt Ihr Euch nur ein einziges Mal leisten, denn diese Dummheit kostet Euch nicht weniger als das Leben.«
Kydon
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