Drachenelfen
berührte die Stirn ganz leicht mit den Fingern. Fell, Haut und Fleisch wichen vor der Berührung zurück. Selbst der Knochen öffnete sich unter seiner Hand. ER legte den kleinen Stein, die Essenz des Lebens der Mammutkuh, in die Stirnhöhle. SEINE Gedanken lieÃen die Knochentumore wachsen. Wie ein Schmuckstück fassten sie den Stein ein und hielten ihn an seinem Ort.
Langsam zog ER die Hand zurück. Knochen, Fleisch, Haut und Fell kehrten an ihren Platz zurück. Nicht ein Tropfen Blut war geflossen.
»Ich fürchte, sie wird dir für den Rest deines Lebens nicht mehr aus dem Kopf gehen«, sagte ER mit einem süffisanten Lächeln.
Dann trat ER von dem Bullen zurück und betrachtete SEIN Werk mit etwas Abstand. Der Eingriff hatte keinerlei Spuren hinterlassen. Jetzt kam es noch darauf an, wie sehr sich das magische Gefüge verändert hatte. ER atmete langsam aus, lieà alle Anspannung von sich flieÃen und öffnete SEIN Verborgenes Auge. Es war gelungen! Die magische Aura des Bullen war zwar leicht gestört, würde sich aber wieder fügen. Der Stein aber blieb SEINEM Blick verborgen.
Dort, wo die Mammutkuh gestorben war, war die Symmetrie im Fluss der magischen Kräfte stark verändert. Selbst ein Schüler, der zum ersten Mal sein Verborgenes Auge öffnete, hätte die Veränderung bemerkt. Auch das war ganz in SEINEM Sinne.
Ãberaus zufrieden zog ER sich von den beiden Tieren zurück.
B EI DEN FLAMINGOS
Mit der Dämmerung sank weiÃer Nebel aus den Wäldern um den See und es wurde stiller über dem dunklen Wasser. Lyvianne lieà den Blick über die verwunschene Landschaft gleiten. Tausende Flamingos standen im seichten Wasser bei den Sandbänken. Weià und rosa, auf langen Stelzenbeinen. Ihr Geschnatter erstarb. Mit dem Nebel und der Dämmerung senkte sich Frieden über die Vogelkolonie. Es war ein guter Ort zum Sterben.
Die Elfe drückte den kleinen Jungen an ihre Brust. Achtzehn Monde hatte sie sich ihm geschenkt. Achtzehn Monde voller Freude und Hoffnung. Und Sorge. Nur ein einziges Mal hatte sie ihn in dieser Zeit verlassen, als ihr Meister sie zu sich rief. Sie war schweren Herzens gegangen, hatte von der Welt abgeschieden
sein wollen. Ganz ihrem Sohn gehören wollen. Sie hatte einen Zauber um ihn gewoben, um ihn vor den Tieren des Dschungels zu verbergen und einen magischen Schlaf auf ihn gelegt. Er hatte sie nicht vermisst. War eingeschlummert, als sie ging, und erst erwacht, als sie zurückkehrte. Und dennoch hatte sie es als einen Verrat empfunden. Sie hatte doch ganz ihm gehören wollen.
Er gluckste vergnügt und merkte nicht, wie schwer ihr das Herz war. Lyvianne hatte ihm keinen Namen gegeben. Diesen Fehler hatte sie nur beim ersten Mal begangen.
Sie strich ihm über den Kopf. Es war ein Kopf wie ihrer. Der Schädel war nach hinten ein weniger länger als normal. Nichts, was auf den ersten Blick auffiel, aber sie hatte es gleich bei der Geburt bemerkt. Lyvianne wusste, dass es eine Folge der Geburt sein konnte. Er war schwer auf die Welt gekommen. Nicht weit von hier in einer Hütte, die sie für sie beide gebaut hatte. Sie war dort allein gewesen.
Lyvianne dachte an all das Blut auf dem gestampften Lehmboden. An ihr Glück, als sie ihn sich auf die nackte Brust gelegt hatte und seine besondere Schädelform sah.
»Mingo â¦Â«, sagte er leise. Er mochte die groÃen Vögel. Einige von ihnen blieben das ganze Jahr über hier. Aber so viele wie jetzt versammelten sich nur am See, wenn die Zeit der Wanderung gekommen war.
»Mingo«, sagte auch sie und kämpfte gegen den Kloà in ihrem Hals. Sie drückte den Jungen fest an sich und ihre Rechte lag jetzt auf seiner Brust. Sie spürte den schwachen, unregelmäÃigen Herzschlag. Lyvianne hielt ihr Verborgenes Auge geschlossen. Sie wusste nur zu gut um seine Aura. Und um ihre Hilflosigkeit. Sie hatte die Kunst der Drachen erlernt und war auf den dunklen Pfaden Matha Nahts gewandelt. Sie war eine Zauberweberin, aber ihrem Sohn konnte sie nicht helfen. All ihre Macht würde ihn nicht retten. Er war schwach. Er genügte in keinster Weise ihren Ansprüchen. Nicht körperlich und noch weniger in seiner Veranlagung zur Magie. Er würde niemals einen Zauber weben können.
Sie würde es wieder versuchen, in zwei oder drei Jahren vielleicht, wenn die Wunden auf ihrer Seele zu Narben geworden waren. Er war ihr
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