Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
elftes Kind. Drei waren Zauberweber geworden und einer obendrein ein talentierter Mörder. Ihr Volk brauchte noch viele Zauberweber! Jede Elfe schuldete der Zukunft Kinder.
    Â»Mingos schlafen«, stellte ihr Sohn zufrieden fest und gähnte. Dabei umklammerte er mit der Linken eine ihrer Haarsträhnen. Er hatte recht. Die meisten Vögel hatten den Kopf ins Gefieder gesteckt.
    Nebel wogte nun über dem See. Er zog die Vögel ins Ungewisse. Löschte das Rosa und verschmolz mit dem Weiß. Lyvianne schloss die Augen. Sie spürte die Wärme des Kindes. Es war ein gutes Gefühl. Er vertraute ihr unendlich. Morgens, wenn sie sich über sein Bettchen beugte und er schon wach war, lächelte er sie so unbeschreiblich glücklich an … Niemand sonst lächelte so. Nicht einmal ihre Liebhaber, wenn sie nach der ersten Nacht auf gemeinsamem Lager erwachten.
    Â»Möchtest du bei den Flamingos schlafen?«
    Er nickte, ein wenig überrascht. Er hatte sie oft danach gefragt. Jedenfalls hatte sie es so verstanden. Plötzlich war sie unsicher. In allem … Er war so klein. Sie verstand ihn so wenig. Kaum eine Handvoll Worte sprach er. Meistens musste sie erraten, was er meinte. Aber sie war überzeugt, dass ihr das meistens ganz gut glückte.
    Â»Sie werden gut auf dich aufpassen.« Lyviannes Stimme stockte nur leicht, als sie sprach. Sie durfte jetzt nicht schwach werden.
    Lautlos trat sie zum Ufer hinab. Sie hatte ihre Kindheit in den Wäldern des Südens verbracht. Sie brauchte keinen Zauber, um mit den Schatten zu verschmelzen und sich unbemerkt den Vögeln zu nähern.
    Sie suchte den Magnolienbaum, dessen Wurzeln vom Wasser unterspült waren. Hier war der See hüfttief und das letzte Abendlicht verlieh dem Nebel einen rosafarbenen Schimmer. Der Ruf eines Marabus erklang ganz nah. Lyvianne mochte die großen,
kahlköpfigen Aasfresser nicht. Sie lebten in einer kleinen Kolonie in einem der Bäume am anderen Ufer. Nestplünderer waren sie. Allein ihr Anblick widerte die Elfe an.
    Sie strich ihrem Sohn über das seidenglatte Haar. Sein Atem ging regelmäßig. Er war an ihrer Brust eingeschlafen. Lautlos stieg Lyvianne in das lauwarme Wasser. Schwarzer Schlamm schmiegte sich an ihre Füße. Ihr Verborgenes Auge öffnete sich. Gegen ihren Willen! Sie sah das feine Netzwerk leuchtender Fäden, das alles durchdrang, die Auren, die jedes Lebewesen umfingen. Auch die Aura ihres Sohnes. Sie blinzelte unwillig. Das unerwünschte Bild verschwand.
    Die Elfe setzte ihre Füße mit Bedacht – ganz sacht, sodass kein verräterisches Plätschern die Flamingos aufschreckte. Sie wirbelte den Schlamm auf. Nicht schlimm! Im schwindenden Licht war das Wasser ohnehin schon dunkel.
    Sanft küsste sie ihren Jungen auf die Stirn. Er regte sich im Schlaf, gab einen unwilligen Laut von sich, öffnete aber nicht die Augen. Lyvianne ging langsam in die Knie. Das Wasser kroch an ihr empor. Es durchnässte ihr Kleid. Als seine Füße nass wurden, murrte ihr Sohn. Dann öffnete er die Augen. Diese wunderschönen grauen Augen mit den kleinen braunen Sprenkeln darin. Er sah sie überrascht an und lallte schlaftrunken. Er hatte keine Angst. Ein Speichelfaden hing ihm aus dem Mundwinkel und troff auf ihre Brust.
    Sie ging tiefer in die Knie. Er schüttelte sich ein wenig unbehaglich, obwohl das Wasser angenehm warm war. Als er versuchte, höher zu rutschen, streichelte Lyvianne ihm über den Kopf und drückte ihn ein wenig zurück. Sie schloss die Augen und kniete ganz nieder.
    Zwei oder drei Herzschläge lang geschah nichts. Dann bäumte er sich in ihren Armen auf. Sie hielt ihn fest an sich gepresst, die Augen noch immer geschlossen. Er drückte seine kleinen Hände gegen ihre Brust und bog den Rücken durch. Luftblasen zerplatzten neben ihrem Hals auf dem dunklen Wasser. Er zerrte an ihrem
Kleid. Griff nach ihren Schultern. Sie öffnete die Augen. Sah die zarten, mit schlammigem Wasser benetzten Hände, die sich ihr verzweifelt entgegenstreckten.
    Die Finger zuckten. Der kleine Körper in ihren Armen erschlaffte. Der Herzschlag wurde langsamer … Und setzte aus. Sie hielt ihn immer noch fest umschlungen. Tränen traten ihr in die Augen. Es war notwendig gewesen. Der Junge war schwach gewesen. Er hätte ohnehin nur ein paar Jahre gelebt. So war seine Seele frei. Sie konnte wiedergeboren werden, einen besseren Leib als

Weitere Kostenlose Bücher