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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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wirklich war? Er, Artax, wusste ein wenig über exotische Todesarten. Und Aaron … Bei den Göttern! Er wusste mehr als ein bisschen. Diese Erinnerungen wollte er nicht. Er entfloh ihnen. Dachte an seine Dorfschenke. Daran, worüber man dort so gesprochen hatte. Neugeborene Zicklein,
Heuschrecken und den großkotzigen Sirtan. Und Frauengeschichten. Und Kriege. Und Geschäfte, bei denen man irgendwelche Narren hemmungslos übervorteilt hatte. Obwohl er noch nicht einmal eine Stunde lang ein Unsterblicher war, sehnte er sich schon jetzt nach diesen einfachen, unbeschwerten Tagen zurück. Langsam dämmerte ihm, dass es sich nicht um einen Ausflug handelte, um eine Rolle, die er ein paar Wochen lang spielte, um dann nach Belbek zurückzukehren und seinen Freunden dort die unglaublichste Geschichte zu erzählen, die sie jemals gehört hatten, in der Dorfkneipe zum Besten zu geben. Das hier – gesetzt den Fall, er träumte nicht – schien als eine Veränderung für immer gedacht zu sein. Ob sie ihm gefiel oder nicht, war nicht entscheidend. Niemand hatte ihn danach gefragt und er hatte auch nie eine Wahl gehabt. Es war wie ein plötzlicher Hagelschlag ein paar Tage vor der Ernte. Eine Stunde konnte alles verändern. Was geschehen war, war geschehen. Damit umzugehen, das Dorf über den Winter zu bringen, ohne dass jemand verhungerte, das war die Kunst. Und die beherrschte er gut. Ob das Ganze auch auf – er dachte nach und fand in Aarons Erinnerungen schließlich ein Wort, das ihm passend erschien – Regierungsgeschäfte zutraf, würde sich zeigen.
    Der geflochtene Korb, der sie zum Schiff hinaufhob, glitt durch einen Schacht aus mit Schlangenmustern bemalten Segeltuchwänden. Jetzt erst konnte Artax ermessen, wie schnell sie in die Höhe gerissen wurden. Die Linien schienen sich zu bewegen, als sie daran vorüberhuschten. Tanzende bunte Schlangen in allen Regenbogenfarben. Dann wichen sie Fenstern aus bleigefassten Kristallscheiben, die sich zu wunderlichen Mustern und Bildern formten.
    Fanfaren erklangen hoch über ihnen. Artax sah hinauf. Das Boot glitt durch einen Rahmen, der mit vergoldeten Schnitzereien prunkte. Strahlendes Licht blendete ihn. Über ihren Köpfen hingen zwei baumdicke Seiltrommeln. Das Boot schwankte leicht. Artax betrachtete einen Moment lang gedankenverloren
die Seile. Dutzende schwitzender Sklaven lehnten auf den Windenarmen.
    Â»Heil Aaron dem Unsterblichen, Herrscher aller Schwarzköpfe! «, ertönte eine gebieterische Stimme.
    Artax senkte den Blick. Rings um ihn her erstreckten sich weite Decks, über die sich Bauten in leuchtendem Rot, beschlagen mit Goldschmuck, erhoben. Licht, so klar, wie er es nie zuvor gesehen hatte, brach sich in Kristallscheiben, auf Bronzehelmen und funkelnden Speerspitzen. Tausende hatten sich versammelt. Soldaten mit wehenden roten Umhängen, Geschützmeister und ihre Kettensklaven, Wolkenschiffer, Zimmerleute, Köche. Eine unübersehbare Menschenmenge. Seine Untertanen. Na großartig, da hatte er also den Salat. Reden, dachte er und kramte verzweifelt in seinen – in Aarons – Erinnerungen. Etikette. Protokolle. Er musste vorbereitet sein!
    Â»Ehrt Aaron den Unsterblichen!«, befahl eine volltönende Stimme, und wie ein Mann knieten sie alle nieder. Auch Juba und die anderen, die ihn mit dem Landeboot geholt hatten. Nur der Devanthar blieb stehen.
    Â»Erhebt euch, Brüder der Lüfte«, sagte Artax, so wie das Zeremoniell es verlangte. Er war verblüfft, wie stark seine Stimme war, wie leicht ihm die richtigen Worte von den Lippen gingen. Und einen Schritt weiter war er auch, denn offenbar musste er sein neues Gedächtnis gar nicht stets durchforschen, sondern konnte es auch gewähren lassen. Etwas die Kontrolle lockern, dann fand er die richtigen Worte von allein. Diese Erkenntnis beängstigte und beruhigte ihn gleichermaßen. Was der Devanthar an ihm wohl noch verändert hatte? Dann fuhr er fort: »Steht auf, ihr Wolkenreisenden. Demut steht jenen, die den Himmel eroberten, schlecht zu Gesichte.«
    Eine weiß gewandete Gestalt bahnte sich ihren Weg zwischen den Knienden. Ein alter Mann mit harten himmelblauen Augen und langem weißen Bart. Er stützte sich auf einen Stab, der von einer goldenen siebenstrahligen Sonnenscheibe gekrönt wurde.
Abir Ataš, wusste Artax, der Hohepriester des Reiches. Der Mann, dem Aaron zugetraut

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