Drachenelfen
seine Allmacht war geradezu körperlich spürbar. Er wirkte nicht mehr so gereizt, sondern vielmehr, als wolle er ihn allein mit Worten überzeugen. »Die meisten Wolkenschiffer kommen wegen des Goldes, denn in einem Jahr an den Himmeln Nangogs kann man mehr Gold machen als in sieben Jahren in der Heimat. Manche kommen auch wegen des Abenteuers oder wegen des Ruhms. Andere wiederum hoffen, hier einmal in ihrem Leben einem Unsterblichen oder einem von uns Devanthar nahe zu kommen. Die Elfen in diesen goldbestickten Gewändern aber sind sämtlich Sklaven ihrer Drachenherren. So weit geht ihre Unterwerfung, dass sie sich Drachenelfen nennen und sich das Bild eines Drachen unter die Haut stechen lassen. Ihren freien Willen haben sie lange verloren. Sie sind allesamt AusgestoÃene. Sippenlose werden sie genannt, weil ihre eigenen Familien die Bande zu
ihnen zerrissen haben und sie fürchten. Es sind bedauernswerte und fehlgeleitete Geschöpfe.«
Artax strich noch einmal über das wunderbar zarte Haar der Toten. »Und schön sind sie. Wirklich schön!«
Der Devanthar lachte. »Hast du so lange keine Frau gehabt, dass du dich in eine dürre Elfe verguckst?«
Juba und der Priester waren indessen in Hörweite angelangt. Während sein Kriegsmeister beflissentlich auf das Deck sah, räusperte sich der Hohepriester und sah den Löwenhäuptigen verständnislos an. Abir Ataš stützte sich schwer auf seinen Sonnenstab, sein Atem ging keuchend.
Artax war froh, den Maskenhelm zu tragen. Er spürte, dass seine Wangen flammend rot geworden waren. Der Devanthar wusste gewiss ganz genau, wie es um ihn und die Frauen stand. Es wäre wirklich nicht nötig gewesen, ihn zu verhöhnen.
Behutsam öffnete Artax die Hände der Elfe und nahm das groÃe Schwert. Die Waffe war leichter, als er erwartet hatte. Er wog sie prüfend in den Händen. Nicht dass er sich mit Schwertern ausgekannt hätte. Ungewollt drängten die Erinnerungen aus Aarons Leben in sein Bewusstsein. Doch, er kannte sich mit Schwertern aus. Er lieà die Klinge durch die Luft wirbeln, sodass der Hohepriester ängstlich vor ihm zurückwich.
»Ein feines Schwert«, sagte Artax zufrieden.
»Eine verfluchte Waffe«, entgegnete der Devanthar entschieden. »Durchdrungen von finsterster Drachenmagie. Ein Schwert wie dieses vermag deine Leinenrüstung zu durchschneiden, als sei sie aus fauligem Laub gefertigt. Nur die wenigsten Elfenklingen vermögen dir etwas anzuhaben, aber dies hier ist so eine Waffe. Sie wurde erschaffen, um das Blut der Unsterblichen zu vergieÃen.«
Artax wog die Waffe in der Hand. Er konnte die Magie darin nicht spüren. Mit einem weiten Schwung schleuderte er sie über die Reling. »Eine solche Waffe brauchen wir hier an Bord nicht.« Er wandte sich an Abir Ataš. »Ich wünsche, dass die Elfe beigesetzt wird, als sei sie eine Königin.«
Der Mund des Hohepriesters klaffte auf und entblöÃte seine schiefen, gelbbraunen Zähne. »Aber mein Gebieter. Sie ist eine Ehrlose! Eine Meuchlerin, die Euch â¦Â«
»Ich wünsche nicht, dass man so von ihr spricht!«, fuhr er den Hohepriester an. »Ich bin ihr zu Dank verpflichtet. Sie hat mich erleuchtet! Mein Leben wird sich von Stund an ändern. Sie hat mich daran erinnert, dass auch mich dereinst der Tod ereilen wird. Ich werde künftig mit gröÃerer Ernsthaftigkeit meinen Pflichten als Herrscher nachgehen. Ihr werdet sehen, von heut an werde ich ein anderer sein!«
Juba lächelte, als habe er solche Versprechungen schon des Ãfteren von ihm gehört. Abir AtaÅ¡ wirkte verärgert und senkte den Blick, damit man nicht zu leicht in seinem Antlitz lesen konnte. Der Devanthar aber hatte das mächtige Löwenhaupt schief gelegt und sah ihn nachdenklich an.
A USERWÃHLT
Nandalee erwachte. Sie lag mit angezogenen Knien unter einer Decke, so weich wie das Fell einer jungen Katze. Bläuliches, unstetes Licht umgab sie, Holz knarrte leise. Die Luft war erfüllt von einem fremden, angenehmen Duft. Irgendein Harz, vermutete sie.
Als sie sich bewegte, bewegte sich auch das Lager, auf dem sie ruhte. Erschrocken verharrte sie und sah sich um. Sie erinnerte sich nur verschwommen an die Ereignisse der letzten Nacht. Gonvalon hatte sie auf seinem Pegasus in den Nachthimmel getragen. Verwundert musterte sie die blauen Wände. Das Licht pulsierte, als sei es
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