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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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lang für ein Hemd, aber auch zweifellos zu kurz für ein Kleid. An Brüsten und Armen saß es eng, darunter wurde es weiter. Sie mochte es sofort. Ebenso wie die Hose war es weiß wie Apfelblüten.
    Nandalee machte ein paar tänzelnde Schritte, drehte sich im Kreise und sah zu, wie sich der Saum dieses seltsamen Hemdkleides hob. Es hatte einen schmalen, aber tiefen Ausschnitt. Ein wenig freizügig. Man konnte den Ansatz ihrer Brüste sehen. Aber nicht mehr.
    Auch ihre Stiefel waren weiß. Nicht wie Hirschleder, das stets einen leichten Gelbton behielt, sondern ganz und gar weiß. Wie man das Leder gebleicht haben mochte, war Nandalee schleierhaft. Sie streichelte darüber. Es war ein wenig rau. So wie Samt. Von welchem Tier diese Haut wohl stammte?
    Nandalee schlüpfte in die Stiefel. Sie reichten ihr bis zum Knie. Was für wunderbare Kleider! Nie zuvor hatte sie solche Schätze besessen! Was wohl Duadan sagen würde, wenn er sie so sehen könnte?
    Duadan …
    Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie jetzt eine Sippenlose war. Niemand, der ihr je etwas bedeutet hatte, würde sie noch einmal sehen. Ein Kloß stieg ihr in den Hals. Ihr Atem ging keuchend. Alle Freude wurde zu Asche.
    Sie kauerte sich hin, übermannt vom plötzlichen Bewusstsein der Einsamkeit. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn die Trolle sie erwischt hätten? Sippenlos! Das war die schlimmste aller Strafen. Eine Ausgestoßene, für die es nie mehr einen Platz in den Zelten ihres Volkes geben würde.
    Tränen füllten ihre Augen. Sie weinte stumm, die Hände zu Fäusten geballt, und fraß jedes Schluchzen in sich hinein. Ihre Nägel gruben sich tief in die Handflächen und der Schmerz obsiegte über die Tränen. Sie öffnete die Hände. Vier kleine rote Halbmonde leuchteten in ihrer rechten Handfläche. Blut sammelte sich in den Handlinien. Sie führte sich auf wie ein törichtes Kind!

    Aus Sorge, ihre neuen, makellos weißen Kleider zu besudeln, leckte sie das Blut aus ihrer Hand. Es schmeckte nach Eisen, und es schien ihr kalt, als sei der Frost, der ihr beinahe den Tod gebracht hätte, noch immer nicht aus ihrem Innersten gewichen. Ungehalten über sich selbst schüttelte sie den Kopf. Was für einen Unsinn sie dachte! Sie musste sich wieder fassen und dem Unausweichlichen ins Auge blicken. Sie war Jägerin! Sie hatte ohnehin den größeren Teil ihres Lebens allein verbracht und …
    Und sie wusste, dass sie sich etwas vormachte. Es war ein gewaltiger Unterschied, ob man allein war, aber einen Platz hatte, an den man jederzeit zurückkehren konnte, oder einfach nur noch allein war auf der Welt.
    Ihr Blick fiel auf etwas Helles, das auf der Truhe lag. Es war unter ihren neuen Kleidern verborgen gewesen. Eine Schneeflocke! Das konnte nicht sein. Es war viel zu warm in dieser Kammer.
    Nandalee beugte sich vor, um die verwunschene Flocke näher in Augenschein zu nehmen. Es war kein Schnee, sondern Kristall. So zart, dass schon die leiseste Berührung ihn zerbrechen könnte. Aber warum hatte er dann das Gewicht der Kleider tragen können?
    Der Kristall lag auf einem dünnen Silberblatt. War das Efeu? Die Form erinnerte vage daran. Ein Lederriemchen erlaubte, sich den Kristall umzuhängen. Ein Amulett. Sehr vorsichtig nahm sie es auf und tastete dann doch nach der Schneeflocke. Die sechs hauchzarten Arme zerbrachen nicht unter ihrer Berührung. Der Kristall war robuster, als er aussah. Bestimmt war er ein Geschenk des Sängers!
    Nandalee legte sich das Schmuckstück um den Hals. Das Silberblatt fühlte sich angenehm warm an. Und schon im nächsten Augenblick umhüllte die Wärme ihren Körper, so als habe sie einen Mantel um die Schultern gelegt, der vor einem Lagerfeuer gehangen hatte. Das Amulett sollte sie vor der Kälte des hohen Himmels schützen. Vor dem beißenden Wind. Gewiss war es ein Geschenk des Sängers! Nandalee musste an die Geschichte der
Ny Rin denken, die auf den Rücken der Regenbogenschlangen hinauf zum Blauen Stern geritten war. Vielleicht war es auch ihr bestimmt, zur Leibwächterin des Sängers zu werden. Immerhin war auch sie auf wundersame Weise auf den Blauen Stern gelangt, und nun wurde sie von dem Alben beschenkt. Der Gedanke gab ihr Mut. Sie war zwar sippenlos, aber nicht heimatlos. Sie würde höchsten Ruhm erlangen. Und man würde noch in Hunderten Jahren ihren Namen

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