Drachenelfen
der schleifenden Scherben veränderte sich. Es wurde schriller, bis Bidayn glaubte, eine heiÃe Nadel dringe durch ihre Ohren direkt in ihr Gehirn. Gleichzeitig spürte sie einen Sog zum Fenster hin. Ihre Haare bewegten sich im kalten Luftzug, Strähnen wehten vor ihr Gesicht und bedeckten ihre starren Augen.
Da war noch ein Laut! Aus weiter Ferne. Ãhnlich dem, den ihr Entführer von sich gegeben hatte. Sie ⦠Sie wurden gerufen!
Mit sicherem Schritt näherte sich ihr Entführer dem Fenster. Sie wollte schreien, mit ihren Armen und Beinen strampeln, sich losmachen. Kalter Schweià rann über ihren Leib. Jede Faser ihres Körpers kämpfte gegen den Bann an, der sie wehrlos machte. Zu einem Objekt, das man einfach so mit sich nahm.
Ohne zu zögern trat ihr Entführer durch das wirbelnde Glas. Bidayn wollte sich ducken, erwartete zerfetzt zu werden, doch kein Haar wurde ihr gekrümmt. Finsternis löschte ihren Blick. Ein Geräusch wie Sturmwind, der sich unter Hausdächern verfängt, umgab sie. Dann plötzlich änderte sich alles. Der Wind erstarb. Schwüle Hitze umfing sie. Huschende Gestalten, gerade eben noch aus den Augenwinkeln zu sehen, eilten davon. Ihr Entführer ging durch Wasser.
Sie wurde vor einer dunklen Mauer niedergelegt.
»Dies ist die Elfe, die du mir zu holen befahlst. Sie scheint mir
sehr ängstlich zu sein. Ich musste sie ruhigstellen, um sie hierherbringen zu können.«
Der Mistkerl, der sie geraubt hatte, bekam keine Antwort. Zumindest keine, die sie gehört hätte. Und was hieà hier ängstlich! Sie hätte ihn mal sehen wollen, wenn er mitten in der Nacht davon wach wurde, dass sich ihm eine Hand auf den Mund legte. Aber wahrscheinlich hatte jemand wie er immer einen Dolch griffbereit. Selbst in seinem Bett. Ihm würde das einfach nicht passieren, dass man ihn überraschte und entführte. So etwas passierte nur ihr.
Bidayn konnte hören, wie sich Schritte durch das Wasser entfernten. Noch immer war sie unfähig, sich zu bewegen. Sie kannte diesen verdammten Trick. Alle Kraft ihres Körpers wurde in das magische Netz abgeleitet. Aber es hatte nichts mit Magie zu tun. Es war einfach nur ein leichter Druck auf einen bestimmten Punkt im Nacken â und es war im höchsten MaÃe unehrenhaft, so zu kämpfen! Und äuÃerst wirksam, wie sie zugeben musste. So etwas sollte man sie in der WeiÃen Halle lehren. So könnte sie Gegner auÃer Gefecht setzen, ohne sie töten zu müssen.
Bidayn stellte sich vor, wie sie selbst Gonvalon mit diesem Trick überwinden könnte, als sich eine Falte in der schwarzen Mauer neben ihr bildete. Eine Falte?
Sie versuchte vergebens den Kopf zu drehen, um besser zu sehen. Aus den Augenwinkeln konnte sie vage erkennen, dass etwas mit dem schwarzen Mauerwerk nicht stimmte. Es hatte eine unregelmäÃige Oberfläche und es bewegte sich.
Etwas berührte sie im Nacken. Es fühlte sich hölzern an. Und doch ging Wärme von der Berührung aus.
Ihr müsst keine Angst haben, Elfentochter , meldete sich eine fremde Stimme warm in ihren Gedanken. Und sie bewirkte das Gegenteil von dem, was sie zu beabsichtigen vorgab. Bidayn hatte Angst! Ihr Herz raste. Sie hatte das Gefühl zu spüren, wie es mit jedem Schlag gegen ihre Rippen drückte. Ihr Mund war trocken, ihre Kehle eng. Wohin hatte ihr Entführer sie gebracht?
Die Wärme der Berührung durchdrang Bidayns Körper. Es war ein angenehmes Gefühl. Ein Gefühl, als habe man von einem nicht allzu scharfen Branntwein gekostet, dessen wohlige Wärme langsam vom Magen ausströmte. Sie fühlte sich ein wenig benommen. Ihre Angst lieà nach. Es war einfach unmöglich, sich gleichzeitig wohlzufühlen und zu fürchten.
Ich brauche Eure Hilfe, meine Holde. Wie ich hörte, seid Ihr eine der begabtesten jungen Zauberweberinnen. Und vor allem habt Ihr noch keine Wahl getroffen, welcher der Farben des Regenbogens künftig Eure Treue gehören soll. Ich möchte Euch bitten, Eurer Schwester Nandalee zu helfen.
Nandalee! Sie blickte auf, überrascht, sich wieder bewegen zu können. Und jetzt erkannte sie, was die schwarze Wand mit Falten war! Der Leib eines riesigen Drachen! Himmelblaue Augen blickten auf sie hinab und dann war da wieder die Stimme in ihrem Kopf. Sie lieà all ihre Furcht zerflieÃen und erfüllte sie mit Stolz.
Ich bin Euer Freund, Dame Bidayn, und
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