Drachenelfen
Arm gehalten zu werden. Zum ersten Mal, seit sie Nangog betreten hatten, fühlte sie sich sicher und geborgen. Es war gut, und ⦠Wenn jetzt Nandalee käme! Bidayn zuckte zurück.
Gonvalon öffnete seine Umarmung. Er räusperte sich ein wenig verlegen. »Ich wollte deine Angst nicht ausnutzen, um mich â¦Â« Er lächelte entwaffnend.
Bidayn dachte an die Gerüchte über den Schwertmeister. Er sollte schon viele Affären gehabt haben. Meist mit Schülerinnen. Dieses Lächeln ⦠Ihm war leicht zu erliegen. Wie es wohl war, seine Geliebte zu sein? Nandalee wurde immer sehr wortkarg, wenn Bidayn sie auf den Schwertmeister ansprach. In ihrer Gegenwart hielten sich die beiden zurück. Aber sie sah ihre Liebe
deutlich in den Blicken, die sie miteinander wechselten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Allerdings las sie in den Blicken auch, wie sie einander stumm ihr Leid darüber klagten, mit einer fuÃkranken Reisegefährtin geschlagen zu sein, die so gar nicht für ein Abenteuer wie dieses geschaffen war. Ob Gonvalon sich jemals in sie verlieben könnte? Oder sah er nur eine verzärtelte, ängstliche Elfe in ihr? Eine, die bei den Drachenelfen nichts zu suchen hatte und mit ihrer Schwäche die ganze Mission in Gefahr brachte?
Ein Schatten löste sich aus der schwarzen Wand des Waldes. Bidayn machte erschrocken einen Schritt in Gonvalons Richtung. Dann erkannte sie Nandalee. »Endlich bist du zurück! Wir haben uns Sorgen gemacht. Wir â¦Â«
Jetzt hatte Nandalee den Lichtkreis des Feuers erreicht. Sie war blass, ihre Kleider voller Staub und der Köcher an ihrem Gürtel war nicht verschlossen. Etwas stimmte nicht mit ihr! Hatte ihre Freundin gesehen, wie sie in Gonvalons Armen gelegen hatte?
Achtlos lieà Nandalee Bogen und Schwert fallen und hockte sich auf einen Stein nahe beim Feuer.
»Geht es dir gut?«, fragte Gonvalon und näherte sich ihr, aber sie hob abwehrend die Hand.
»Mit mir ist alles in Ordnung.« Sie sah nicht einmal auf, als sie ihm antwortete.
Obwohl Gonvalon für gewöhnlich seine Gefühle sehr gut verbergen konnte, sah Bidayn ihm dieses Mal an, wie ihm Nandalees kalte, abweisende Art zusetzte. Auch er zog sich zurück, trat an den Rand des Lichtkreises, den ihr kleines Lagerfeuer in die Dunkelheit schnitt, und beobachtete Nandalee.
Bidayn räusperte sich. »Wir haben auf dich gewartet. Ich werde dir eine Schüssel â¦Â«
Die Bogenschützin wandte ihr den Kopf zu. Ihr Blick war seltsam eindringlich. Sie wirkte verändert, ohne dass Bidayn hätte in Worte fassen können, was genau nicht mehr so war wie zuvor. Sie war ⦠unheimlich!
»Ich habe keinen Hunger.«
So mürrisch hatte sie Nandalee selten erlebt. »Wir jedenfalls sind froh, dich lebend wiederzusehen, nachdem die Welt Kopf gestanden hat.«
»Nicht für uns.« Sie deutete nach Osten, wo hinter den Bergen ein blassroter Schimmer am Nachthimmel zu sehen war. »Für sie hat die Welt Kopf gestanden. Dort werden wir die Menschenkinder studieren können. Oder besser das, was von ihnen nach dem Erdbeben noch übrig geblieben ist. Dort muss wohl eine Stadt liegen.«
Bidayn blickte zum Horizont. Sie glaubte Wolken zu sehen, deren Unterseite rot erstrahlte. Wie weit die Stadt wohl entfernt lag? Und wie groà mochte sie sein? Und woher wusste Nandalee davon? Sie konnte unmöglich so weit gewandert sein.
Als sie sich nun erneut zu ihr umdrehte, hatte sich Nandalee in ihren Umhang eingerollt und schlief â oder gab es zumindest vor.
Gonvalon kam zu ihr herüber, kniete sich nieder und nahm etwas von der Suppe. Er wirkte tief verletzt. Am liebsten hätte Bidayn ihn in die Arme genommen, aber sie wusste, dass er es nicht dulden würde. Es würde falsch aussehen. Bestimmt schlief Nandalee nicht! Was war nur los mit ihr? Sonderlich feinfühlig war sie ja noch nie gewesen, aber dieser Auftritt übertraf alles.
»Sie bauen ihre Häuser nicht sehr fest«, sagte Gonvalon plötzlich und nickte gen Osten, wo man immer noch ein bedrohliches, rotes Glühen unter den Wolken sah. »Ich glaube, es sind Luwier, die hier leben. Jedenfalls sahen die Bärte und die Tuniken der Holzfäller so aus, als seien sie Luwier gewesen. Wir haben Glück gehabt.«
Bidayn traute ihren Ohren kaum. Seitdem der Dunkle ihnen ihren Auftrag gegeben hatte, hatte Gonvalon nicht mehr so viel über die
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