Drachenelfen
Schramme auf ihrer Wange hinterlassen.
»Du musst hier fort«, drängte er. »Ich werde dich tragen.«
»Geht ⦠nicht.« Sie deutete auf einen abgebrochenen Pfeil zu ihren FüÃen. »Ich ⦠wollte ihn herausziehen.« Sie rang um jedes Wort. »Ist abgebrochen â¦Â«
Gonvalon begriff. Er fluchte leise. Der Pfeil hatte sie gegen die Kiste genagelt. Und beim Versuch, ihn aus der Wunde zu ziehen, hatte sie ihn zerbrochen. Er richtete sich auf, um sie mit einem Körper gegen weiteren Beschuss abzuschirmen. Hastig blickte er über die Schulter zu den Masten. Die Mehrzahl der Bogenschützen war damit beschäftigt, Deckung zu suchen. Nandalee hingegen stand aufrecht mitten auf dem Deck. Ein Pfeil lag auf der Sehne, doch sie hatte den Bogen nicht gespannt. Sie wirkte furchteinflöÃend, so gelassen, wie sie dort stand. Zutiefst davon überzeugt, dass kein Pfeil der Gegner sie treffen würde.
Gonvalon legte seine Hände auf Bidayns Schultern. Er war sich bewusst, dass der abgebrochene Schaft in der Wunde die Blutung verminderte, aber so konnte sie nicht hier stehen bleiben. Bald würde man auf den anderen Wolkenschiffen bemerken, dass hier
etwas nicht stimmte. Dann bekämen sie es mit noch mehr Bogenschützen und Entermannschaften zu tun. Sie mussten fort von hier! Aber wie floh man von einem Segler, der mehr als tausend Schritt hoch flog?
»Du musst jetzt die Zähne zusammenbeiÃen, Bidayn.«
»Bist du sicher ⦠Ich ⦠Ich hatte Angst, ich würde verbluten, wenn â¦Â«
»Vertrau mir«, sagte er zärtlich und strich ihr über die blutverschmierte Wange. Er war sich keineswegs sicher, die richtige Entscheidung zu treffen, aber hier konnte er sie nicht stehen lassen, das stand fest. »Leg deine Arme um mich, ganz fest. So wie an dem Abend am Lagerfeuer, als das Erdbeben uns erschreckt hat. Ich werde dich beschützen.«
Sie sah ihn mit tränenschweren Augen an. Dann schlang sie die Arme um ihn und hielt ihn wie eine Ertrinkende, die um ihr Leben fürchtete.
Gonvalon zog sie zu sich heran. Bidayn stieà einen halb unterdrückten Schrei aus â dann sackte sie in seinen Armen zusammen. Aus der Kiste hinter ihr ragte der blutige Pfeilschaft. Er war aus schlechtem Holz gefertigt und übel gesplittert. Vielleicht schon beim Aufschlag. Sollten Splitter in der Bauchwunde stecken, würde sie nicht überleben!
Wie er befürchtet hatte, blutete ihre Wunde jetzt stärker. Bidayn war ohnmächtig geworden. Vorsichtig legte er sie auf das Deck. Er war nie ein besonders guter Heiler gewesen. Selbst wenn er seine Zauberkräfte nicht verloren hätte, würde er ihr nicht helfen können.
Gonvalon riss einen Streifen vom Saum ihres Hemdes, zupfte die losen Fasern fort, knüllte ihn zusammen und presste ihn fest auf die Wunde. Er war sich bewusst, dass die Gefahr für eine tödliche Entzündung noch gröÃer wurde, indem er Stofffetzen in die Wunde stopfte. Aber wenn er nichts unternahm, würde sie innerhalb der nächsten halben Stunde verbluten.
Das Geräusch verstohlener Schritte lieà ihn herumfahren. Nandalee! Sie hielt den Bogen schussbereit.
»Wie geht es ihr?«, fragte sie, ohne den Blick von den Männern in der Takelage abzuwenden.
»Schlecht.«
»Was können wir tun?«
»Ich weià es nicht. Ich ⦠Vielleicht kann dieser Geist in dir uns helfen. Werden die Menschenkinder uns in Ruhe lassen?«
»Das glaube ich nicht. Siehst du den Kerl im Wickelrock mit den grünen Fransen?«
Gonvalon blickte auf. »Was ist mit ihm?«
»Er versucht, sie zu einem neuen Angriff auf uns zu ermuntern. Er redet die ganze Zeit auf sie ein. Soll ich ihn zum Schweigen bringen? Ich habe nur noch drei Pfeile.«
Ein Stück entfernt lag ein toter Bogenschütze auf Deck. »Kannst du nicht einen Bogen der Menschenkinder benutzen?«
Nandalee verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Das ist etwa so, als würdest du mich fragen, ob ich statt eines Drachenschwerts einen Faustkeil benutzen wollte. Da gibt es keinen einzigen Pfeil, der gerade fliegt! Das ist so â¦Â« Sie stockte. Und als sie weitersprach, klang ihre Stimme verändert. »Wir müssen zum Schiffsbaum! Komm. Sofort! Oder Bidayn wird sterben.«
Gonvalon dachte an das Holzfällerlager, das sie zu Beginn ihrer Reise entdeckt hatten. Die Grünen Geister Nangogs und die Bäume dieser
Weitere Kostenlose Bücher