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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Legendensänger der Seemannen erzählten in ihren Liedern davon, dass die Drachen Fjendur als ihren Feind betrachteten, dass eisiger Wind sie lähmte und sie mit ihrem Feueratem dagegen anbliesen, wenn es sie widrigerweise doch einmal in die kalten Gestade verschlug.
    Kampfstark waren sie dennoch. Unüberwindlich für Normalsterbliche – zumindest wenn sie in so großer Zahl auftauchten, wie Rajin sie am Horizont gesehen hatte.
    Er versuchte, seine innere Kraft auf den Geist des Drachen zu richten. War es ihm nicht bereits zwei Mal gelungen, den Willen eines Drachen wenn schon nicht zu brechen, so doch derart zu beeinflussen, dass sich dadurch die Gelegenheit ergeben hatte, ihn zu vernichten?
    Aber dies war der erste gezähmte Drache, dem er begegnete, und Rajin hatte keine Ahnung, ob es ihm auch gelingen konnte, eine Kreatur zu manipulieren, die bereits unter einem sehr beherrschenden Einfluss stand – dem ihres Reiters.
    Der Drache raste im zielgerichteten Sinkflug auf die beiden Gefährten zu.
    Bratlor spannte den Bogen. Sein Pfeil pfiff durch die eiskalte Luft. Einen zweiten schickte er hinterher – und beide trafen ihr Ziel. Der erste nagelte dem Drachenreiter-Samurai mitten in die Stirn, der zweite traf ihn in die Brust.
    Der Drachenstab entglitt seiner Rechten, der Samurai rutschte aus dem Sattel, und sein Körper schlug mit einem dumpfen Laut auf den hartgefrorenen Boden, während sich der Drache in der Luft wand und dabei mit den Flügeln und dem stachelbewehrten Schwanz um sich schlug. Der mörderische Flammenstoß, mit dem eigentlich die beiden Gefährten hatten versengt werden sollen, ging ins Leere. Die Hitze konnte Rajin noch so deutlich spüren, als hätte er sich nahe an das Feuer eines der Kesselhäuser von Winterborg begeben, in denen das Seemammutfleisch herausgekocht wurde.
    Der Drache flog tief über sie hinweg, während sich Rajin und Bratlor zu Boden warfen. Der Schwanz peitschte dicht neben sie in das Eis und hinterließ eine knöcheltiefe Spur.
    Rajin blickte auf. Das Gebrüll weiterer Kriegsdrachen war zu hören, die gerade den Felsen umrundeten oder über ihn hinwegflogen.
    In einer Entfernung von zwanzig, dreißig Schritt sah Rajin den Drachenreiter-Samurai, den Bratlors Pfeile niedergestreckt hatten, in seltsam verrenkter Haltung am Boden liegen. Rajin schnellte hoch, ließ aber seinen Anderthalbhänder liegen; die schwere Waffe hätte ihn nur behindert. Er rannte los, während sich der reiterlose Drache zunächst in Richtung Orakelhöhle entfernte und dort wild mit den Flügeln schlug. Es gelang ihm, seinen Flug zu beruhigen, wieder Kontrolle über sich selbst zu erlangen, dann zog er einen Bogen und kehrte zurück.
    Rajin hatte unterdessen die Leiche des Drachenreiter-Samurai erreicht. Er riss das verhältnismäßig leichte, etwas gebogene drachenische Schwert samt der dazugehörigen Lederscheide an sich und steckte es hinter seinen eigenen Gürtel. Dann griff er nach dem rohrförmigen, armlangen Drachenstab.
    Dieses Exemplar war weitaus kunstvoller gefertigt als jenes, das er im Besitz von Meister Liisho gesehen hatte. Kolonnen von drachenischen Schriftzeichen waren in das Metall eingraviert – ein Metall, das sich trotz der eisigen Kälte, die in der Senke Fjendurs herrschte, angenehm warm anfühlte. So als würde eine Kraft darin wohnen, die es aufheizte. Nichts anderes als die Geisteskraft eines Drachenreiter-Samurai konnte dies bewirken, wusste Rajin, vielleicht unterstützt durch die zahlreichen Zaubersprüche, die auf der Außenseite des Stabes eingraviert waren. Liisho hatte Rajin in seinen Traumbegegnungen zwar die Kunst der drachenischen Schrift gelehrt, aber Rajin hatte dennoch Schwierigkeiten, die Sprüche fließend zu lesen, was an der Verwendung von teilweise sehr verschnörkelten und von der Standardform des jeweiligen Zeichens abweichenden Ligaturen lag.
    Rajin blickte nur kurz in Richtung des schwarzen Felsens und wandte sich dann dem reiterlosen Drachen zu. Dieser schwebte in seine Richtung, unschlüssig, unentschlossen und längst nicht von dem gleichen unbändigen Tötungswillen erfüllt wie sein wilder schwarz-gelber Artgenosse.
    Eine Hand legte Rajin instinktiv um den Griff des Schwertes, doch ihm war klar, dass ihm diese Waffe nur wenig helfen würde. Weder gegen das einzelne herrenlose Ungetüm noch gegen die heranrückenden Drachenreiter.
    Der Stab war es, auf den es ankam.
    Nein, dachte Rajin, nicht der Stab! Er selbst war es, auf dessen Kräfte er

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