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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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einzigartigen Kunst der Feuerbeherrschung auszulösen vermochten. Rajin hatte diese Explosionen nie selbst mit eigenen Augen gesehen, aber Liisho hatte sie ihm in Gedanken gezeigt, und wenn das, was der Weise ihm hinsichtlich dessen in die Seele gepflanzt hatte, nicht lediglich ein wirres Konglomerat aus beeindruckenden Trugbildern war, so waren diese Ausbrüche purer Feuerkraft ein gutes Bild für das, was Rajin mit seiner inneren Kraft zu tun beabsichtigte. Ein Bild, das ihm half, jene Kräfte, die er in sich gesammelt hatte, auf einen Punkt zu richten.
    Der Drache wandte wie unter Zwang den Kopf auf seinem langen Hals zur Seite. Der Feuerstrahl schoss aus dem Maul, züngelte aber in eine andere Richtung als beabsichtigt; er sengte über den schwarzen Felsen, auf dessen Oberfläche sich jedoch keinerlei Spuren des Feuers zeigten. Gleichzeitig vollführte der Drache mit seinen Schwingen unruhige, flatternde Bewegungen, mit denen er sich in der Luft zu halten versuchte, nachdem ihn der Seitwärtsschwenk seines Kopfes offenbar aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.
    Bratlor schoss einen Pfeil ab, der die Lederhaut an einer der Schwingen des Drachen aufriss, sie durchstieß und der Kreatur dann in die Brust drang.
    Blitzschnell folgte ein zweiter Pfeil, der sich in den Hals des Ungeheuers bohrte. Der Drache stieß dröhnende, ohrenbetäubende Laute aus und fiel zu Boden.
    Wie eine gewaltige Peitsche schnellte der mit Stacheln bewehrte Schwanz ziellos durch die Luft und schlug gegen den schwarzen Felsen; der verwundete Drache wand sich und brüllte wie von Sinnen. Ein weiterer von Bratlors Pfeilen bohrte sich seitlich in den Kopf des Ungetüms.
    Da erst erschlaffte die Kreatur. Ein letzter stoßartiger und feuriger Atemzug ließ das Bodeneis auf einer Länge von drei Schritten schmelzen. Eine morastige Brühe bildete sich, allerdings nur für Augenblicke, dann gefror der Boden gleich wieder.
    Rajin blickte zu der nachfolgenden Drachen-Armada.
    „Der Schwarz-Gelbe hat mich erkannt!“, stieß er hervor. „Und wer immer ihn kontrollierte und mit ihm in Verbindung stand – er weiß jetzt, dass ich hier bin!“
    „Ja“, rief Bratlor erregt, „und deshalb bleibt uns nichts anders übrig, als zu rennen und dabei zu den Göttern zu beten, dass wir die Orakelhöhle eher erreichen, als der Feuerstrahl eines Kriegsdrachen uns verbrennt!“
    Rajin zögerte noch. Er sah die Eiswölfe in heilloser Flucht davonhecheln - und zwischen ihnen auf einmal die nur als Umriss erkennbare, durchscheinende Gestalt eines Vermummten, der in die entgegengesetzte Richtung lief. Im nächsten Moment war die Erscheinung verschwunden, als hätte der Erdboden sie verschluckt.
    „Fjendur …“, murmelte Rajin. Als Vermummter, die Kapuze seines Mantels weit über den mit Tüchern und Bandagen umwickelten Kopf gezogen – so wurde der Gott der Kälte auf unzähligen Wandgemälden dargestellt, die mit gefärbtem brennendem Tran aufgetragen wurden. Und so beschrieben ihn auch die uralten Lieder der Legendensänger. Diese Senke war Fjendurs Reich, und vielleicht fühlte sich der Gott des Eises inzwischen doch in seiner Ruhe gestört.
    „Komm endlich!“, hörte Rajin seinen älteren Freund Bratlor rufen, und da wirbelte er herum und nahm die Beine in die Hand. Sie umrundeten den schwarzen Felsen, und mit jedem kaltem Atemzug, den Rajin in sich hineinsog, glaubte er, innerlich zu erfrieren. So als ob die kalte Macht Fjendurs ihn völlig durchdrang.
    „Denk nicht darüber nach, ob wir entkommen können, sondern lauf einfach!“, keuchte Bratlor. „Verkriechen können wir uns doch nirgendwo!“
    Rajins Blick folgte der langen Reihe von Steinen, die den Weg zwischen dem schwarzen Felsen und dem Eingang der Orakelhöhle markierte – und gleichzeitig auch den Verlauf des kosmischen Tores, wenn es sich öffnete.
    Und wieder sah Rajin für den Bruchteil eines Augenaufschlags den Vermummten, eingehüllt in einen Kapuzenmantel und den Kopf mit Tüchern und Bandagen umwinkelt. Eine durchscheinende Gestalt – viel größer als ein Mensch. So hoch wie der Mast eines mittleren seemannischen Schiffes, mit dem man schon auf die Seemammutjagd gehen konnte, ragte die Gestalt in den bläulich schimmernden Himmel. Doch noch ehe Rajin sie richtig erkannt hatte, war sie auch schon wieder verschwunden.
    Der Eindruck eines Augenblicks, von dem man nicht sagen konnte, ob er sich tatsächlich ereignet hatte oder nur Einbildung gewesen war.
    „Was ist los, Rajin?“,

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