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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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alles gesehen hatte. Nach kurzem Zögern sagte er: „Das kommt wahrscheinlich von deinen Erzählungen über deine Reisen und über die fremden Länder, die du schon gesehen hast. Ich habe immer sehr aufmerksam zugehört.“
    „Mag sein.“
    Bratlor blickte noch einmal auf den Kompass, dessen Spitze noch immer auf das Heiligtum wies, und meinte: „Vielleicht sollte man es mit dem Übernatürlichen so halten, wie es die Bewohner des Reiches Magus angeblich tun. Sie beten keine Götter mehr an, was einen ganz einfachen Grund haben dürfte: Sie halten sich wahrscheinlich insgeheim selbst für Götter!“
     
     
    Als der Blutmond über den Horizont gestiegen war und die Sonne bereits hinter einer Kette von Bergen versank, erreichten Bratlor und Rajin das Heiligtum.
    Mitten in einer schneebedeckten Senke erhob sich ein monolithischer, säulenartiger Block aus schwarzem Gestein. Er ragte drei Schiffslängen hoch empor und lief oben spitz zu, sodass Rajin seine Form immer irgendwie an eine Kompassnadel erinnerte. Kein Schnee und kein Eis hafteten an diesem Gestein, das nirgends sonst auf Winterland zu finden war. Und selbst die widerstandsfähigsten Moose, die ansonsten jeden noch so kahlen Felsen auf diesem frostigen Eiland zu besiedeln vermochten, konnten den schwarzen Stein nicht erobern.
    Jene Senke, die von einer Bergkette umgeben war, wurde von vielen Seemannen auch »Das wahre Reich Fjendurs« genannt – oder auch das »Frostreich«, denn es gab keinen kälteren Ort auf ganz Winterland.
    Schon als sie den schmalen Pfad hinunterritten, der von den umgebenden Anhöhen in die Senke führte, spürte Rajin, wie die Kälte immer mehr zunahm. Es war, als ob Fjendur an diesem Ort seine volle Kraft entfalten konnte.
    Als sie den Fuß des Gebirgsrings erreichten, sah Bratlor noch einmal auf seinen Kompass: Die Nadel war immer noch deutlich auf den schwarzen Monolithen gerichtet. Sie zitterte nicht, und wie man den Kompass auch drehte und wendete, die Nadelspitze wurde vom schwarzen Felsen wie durch Zauberkraft angezogen.
    „Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob tatsächlich die anbrechende Zeit der Irrungen die Ursache dafür ist, dass der Kompass nicht funktioniert“, bekannte Bratlor, den Rajin noch nie zuvor so ratlos gesehen hatte.
    „Was dann?“, fragte Rajin.
    Bratlor zuckte mit den Schultern. „Es muss irgendeine Kraft sein, die stärker ist als jene, die ansonsten dafür sorgt, dass sich alle Kompassnadeln nach Süden richten.“
    Während des Abstiegs waren sie hintereinander hergeritten, da die Pfade einfach zu schmal waren, um zwei Riesenschneeratten Platz zu bieten. Die Tiere waren meisterhafte Kletterer, und man konnte sich ihnen selbst bei sehr steilem und rutschigem Untergrund getrost anvertrauen – zumal dann, wenn sie gut ausgebildet waren.
    Seit sie die Senke erreicht hatten, ritten sie jedoch nebeneinander. Bratlor hielt den Kompass näher zu Rajin und sah aufmerksam zu, wie die Nadel darauf reagierte.
    „Glaubst du, dass mir diese Kraft innewohnt?“, fragte Rajin.
    Bratlor zögerte, ehe er eine Antwort gab. „Jetzt nicht mehr“, meinte er und wirkte fast ein wenig erleichtert. „Aber es war eine Möglichkeit, die ich ausschließen wollte.“
    Von den Höhen wehte das Heulen der Wölfe an ihre Ohren. Wie ein Chor verdammter Seelen klangen sie. Die Silhouetten der riesenhaften Raubtiere hoben sich gegen das Licht des aufgehenden Blutmondes ab, der an diesem Abend von einer nebelhaften blassroten Aura umgeben wurde.
    Die beiden Reiter drehten sich in ihren Sätteln kurz um. Den ganzen Tag über waren ihnen die Eiswölfe gefolgt und hatten sie nicht aus den Augen gelassen. Manchmal hatte Rajin schon den Eindruck gehabt, dass die Bestien sie einkreisten. Auf jeden Fall war ihre Scheu weitaus geringer, als Rajin es von seinen vorhergehenden Reisen zum Heiligtum her kannte. Aber da war er Teil einer großen Gruppe von mindestens einem Dutzend Reiter gewesen, die das Gletscherland durchquert hatten, um Fjendurs schwarzen Stein aufzusuchen. Allein ihre zahlenmäßige Stärke schien die Eiswölfe abgeschreckt zu haben. Diesmal waren sie mutiger. Allerdings folgte keine der Bestien ihnen in die Senke.
    Das Frostreich schien selbst für sie zu kalt zu sein. Manche von ihnen stiegen noch ein Stück die Hänge hinab, und man hörte ihre winselnden Laute, dann wichen sie wieder zurück und blieben jenseits des Einflussbereichs von Fjendurs Eisatem.
    Vor dem Felsen angekommen, stiegen Rajin und Bratlor

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