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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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glich einem Raubvogel, und im Vergleich zu dem, was in der Kolonie üblich war, war er elegant gekleidet und wurde von einem Diener begleitet. Der Fremde beugte sich von seinem Reittier herunter und fragte: »Spreche ich mit Mr. Laurence?«
    »Sie sind mir gegenüber im Vorteil«, antwortete Laurence recht unfreundlich, doch bereute er seine Schroffheit keineswegs, als der Mann fortfuhr: »Ich bin John MacArthur und würde mich gerne mit Ihnen unterhalten.«
    Es gab kaum einen Zweifel, dass er der Kopf der gesamten Rebellion gewesen war, und auch wenn er es so eingerichtet hatte, dass er zum Oberhaupt der Kolonie bestimmt worden war, hatte er bislang nicht einmal Riley die Höflichkeit erwiesen, bei ihm vorzusprechen.
»Sie wählen seltsame Umstände für dieses Ansinnen, Sir«, antwortete Laurence, »und ich schlage vor, dass wir nicht im Straßenstaub herumstehen, um eine Unterredung zu führen. Sie dürfen mich gerne zum Stützpunkt begleiten, wenn Sie das wünschen. Allerdings würde ich Ihnen raten, Ihr Pferd zurückzulassen.«
    Er war ein wenig erstaunt, als MacArthur einwilligte, die Zügel an seinen Diener übergab und abstieg, um zu Fuß mit Laurence weiterzugehen. »Ich habe gehört, Sie hatten heute Schwierigkeiten in der Stadt«, sagte MacArthur. »Diesen Vorfall bedauere ich zutiefst. Sie müssen wissen, Mr. Laurence, dass wir hier die Zügel ein wenig haben schießen lassen. Und es hat sich bezahlt gemacht, mehr, als wir das zu hoffen gewagt haben. Da Sie aus London kommen, mögen Sie vielleicht denken, dass sich die Kolonie nicht gerade vorteilhaft präsentiert, aber ich frage mich, was Sie davon gehalten hätten, wenn Sie in unseren ersten Jahren hier gewesen wären. Ich kam im Jahr 90 hierher. Ob Sie es glauben oder nicht, aber damals waren noch keine fünfhundert Quadratkilometer Land kultiviert, und die Versorgungslage war miserabel. Drei Mal wären wir allesamt beinahe verhungert.«
    Er blieb stehen und streckte eine Hand aus, die leicht zitterte. »Seit diesem ersten Winter geht das so«, sagte er und setzte sich wieder in Bewegung.
    »Ihr Durchhaltevermögen ist zu bewundern«, entgegnete Laurence, »und ebenso das Ihrer Kameraden.«
    »Das kann man wohl sagen«, bekräftigte MacArthur. »Aber wir verdanken es nicht dem Zufall, dass wir so erfolgreich waren, und es war auch nicht einfach, sondern wir verdanken es der Voraussicht von weisen Führungskräften und der Stärke entschlossener Männer. Dies ist das richtige Land für einen entschlossenen Mann, Mr. Laurence. Ich kam als Leutnant hierher und besaß nicht mehr als die Kleider auf meinem Leib. Inzwischen gehören mir fünftausend Quadratkilometer Land. Aber ich will mich nicht damit brüsten«, fügte
er hinzu. »Jedermann kann schaffen, was mir gelungen ist. Dies ist ein prächtiges Land.«
    Die Betonung des Ausdrucks jedermann empfand Laurence als ausgesprochen abstoßend. Er konnte den versteckten Bestechungsversuch aus MacArthurs wohlformulierter Rede ebenso leicht herauslesen wie aus Blighs geflüsterten Entschuldigungen, und er presste die Lippen zusammen und beschleunigte seine Schritte.
    Vielleicht bemerkte MacArthur seinen Fehler, denn auch er lief nun schneller, um zu Laurence aufzuschließen, und wechselte das Thema: »Und was schickt uns die Regierung? Sie waren selbst einmal ein Marineoffizier, Mr. Laurence; Sie kennen den Abschaum aus den Gefängniszellen an Bord, der in den Dienst gezwungen wird. Sie wissen, wovon ich spreche. Diese Männer sind nicht für Ehrbarkeit gemacht. Sie können zwar unter strenger Führung zur Arbeit eingesetzt werden, aber dafür braucht man Rum und die Peitsche – so versteht man hier seinen Dienst. Ich fürchte, es hat uns alle etwas grob gemacht; wir sind zahlenmäßig unterlegen. Ich frage mich, wie es Ihnen gefallen hätte, wenn Sie eine Mannschaft befehligt hätten, die aus fünfundneunzig Strafgefangenen und gerade mal fünf fähigen Seeleuten bestanden hätte.«
    »Sir, in einem Punkt haben Sie recht: Ich hatte heute tatsächlich einige Schwierigkeiten«, sagte Laurence und blieb kurz stehen. Seine verletzten Rippen führten zu schlimmen Seitenstichen. »Deshalb werde ich ganz offen sein: In den letzten zwei Wochen hätten Sie mich selbst, Kapitän Riley oder Kapitän Granby sprechen können, wann immer es Ihnen beliebt hätte, und sei es nur der Höflichkeit wegen. Darf ich Sie nun bitten, sich ein wenig kürzer zu fassen?«
    »Ihr Vorwurf ist berechtigt«, antwortete MacArthur, »und

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