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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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verabscheuen. Wenn Sie sich erst mal der Anführer entledigt haben, die von den Männern so sehr geschätzt werden, weil sie ihnen so viel Freiheiten gewährt haben, wie wollen Sie sich danach ihre Loyalität sichern? Zumal dann, wenn Sie von einem Mann ins Amt zurückgebracht werden, den diese Burschen als Gesetzlosen betrachten?«
    »Oh«, Bligh winkte ab, »Sie messen ihrer Loyalität zu viel und ihrem gesunden Menschenverstand zu wenig Bedeutung zu. Die Männer hier wissen natürlich, dass MacArthurs und Johnstons Tage gezählt sind. Die Länge der Seereise, die Schwierigkeiten in England, das allein hat sie bislang geschützt. Aber die Schlingen am Galgen warten bereits auf beide, und je weiter die Zeit voranschreitet, desto mehr verlieren die Vorteile ihrer Ernennung an Glanz. Ich werde einige Zugeständnisse machen und Versicherungen abgeben; natürlich sollen sie ihre Landansprüche behalten, und auch die Vereinbarungen, die nicht allzu schädlich sind, können bleiben…«
    Er machte noch weitere Bemerkungen dieser Art, wobei er, soweit Laurence das beurteilen konnte, wenig mehr vorhatte, als einige neue Beschränkungen durchzusetzen, welche auf den äußeren Anschein ausgelegt waren und mit Sicherheit die Männer noch mehr aufbringen würden. Sie würden ohnehin schon durch die Tatsache verärgert sein, dass ein Außenstehender und ein Feind einen Umsturz ihrer Regierung bewirken würden, die sie zwar nicht notwendigerweise selbst gewählt, jedoch toleriert hatten.
     
    »Ich kann mir auch nur schwer vorstellen«, sagte Laurence nicht sonderlich höflich, »wie genau Sie diese Laster, die Sie verurteilen, wieder eindämmen wollen, wo Ihnen das doch auch während Ihrer ersten Amtszeit nicht gelungen zu sein scheint. Außerdem ist Temeraire keineswegs eine magische Kanone, die man nach Belieben auf jeden hetzen kann, der Ihnen gerade so einfällt, auch wenn Sie das zu glauben scheinen.«
    »Wenn diese Aneinanderreihung von heuchlerischen Einwänden dazu dienen soll, Sie davon zu entbinden, mir zu Diensten zu sein, Mr. Laurence«, antwortete Bligh, und seine eingefallenen Wangen liefen tiefrot an, »dann muss ich dies als eine weitere Enttäuschung verstehen und es als negative Aussage über ihren Charakter vermerken.« Diese Worte hatte er mit einem bitterbösen und äußerst unangenehmen Unterton ausgestoßen, ehe er mit zornig und fest zusammengepressten Lippen das Drachendeck verließ.
     
    Wenn Bligh seinem bisherigen Muster treu blieb, dann würde er jedoch schon bald seine überhasteten Äußerungen bereuen und ein weiteres Gespräch suchen, das wusste Laurence nur zu gut. Er fühlte sich mittlerweile so aufgerieben, dass es ihm schon ganz gleich war, dass er dann eine vorgetäuschte Entschuldigung würde ertragen müssen, der unweigerlich eine Flut von ewig gleichen Argumenten folgen würde, die er bereits viele Male gehört und zurückgewiesen hatte.
    Ursprünglich hatte er vorgehabt, an Bord des Schiffes zu schlafen, dessen Atmosphäre sich sehr verbessert hatte: Die Strafgefangenen waren in die zweifelhafte Obhut der Kolonie entlassen worden. Riley hatte jeden einzelnen seiner Männer dazu abgestellt, die unteren Decks zu schrubben und von dem ungesunden Dreck und Gestank zu befreien, den mehrere Hundert Männer und Frauen hervorgebracht hatten, denen man nur ein Minimum an Bewegung und Freiheit gewährt hatte, die so grundlegend für die Gesundheit waren.
Alles war ausgeräuchert worden, und dann hatte das Wischen wieder von vorne begonnen.
    Nachdem die sichtbaren Verunreinigungen ebenso entfernt worden waren wie die ständig über allem schwebende Aura des Elends, war Laurence’ schmales Quartier nun zwar noch immer keine luxuriöse, aber durchaus bequeme Unterkunft, gemessen an seinem eigenen Standard, den er in den früheren Jahren entwickelt hatte, als die Hängematte eines Offiziersanwärters hatte ausreichen müssen.
    Der kleine Unterschlupf auf dem Felsvorsprung der Drachen hatte noch immer kein Dach, und die letzte Seitenwand fehlte ebenfalls, aber Laurence war in geistiger Hinsicht noch wunder und erschöpfter als in körperlicher, und das Wetter schien sich zu halten. So ging er nur kurz in sein Quartier, um ein paar Sachen zusammenzusuchen, und verließ dann das Schiff, um sich in Temeraires Gesellschaft zu flüchten.
     
    In dieser Verfassung war er ganz und gar nicht darauf vorbereitet, auf dem Weg hoch zum Felsvorsprung von einem Fremden zu Pferde angesprochen zu werden. Sein Profil

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