Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Ziegenmeyer
Vom Netzwerk:
Kontrolle zu sehen, war vermutlich ein schwerer Schlag für den Gesandten.
    Irgendwo in der Ahnengalerie der de Vendettas musste ein Bild hängen, unter dem der Name Theodosius stand. Wiewohl es vermutlich schon lange vergilbt war, hätte Zacharias Korkenbaum doch gern einen Blick darauf geworfen.
    Möglicherweise blieb ihm diese Mühe allerdings erspart. Sollte dem Projekt ‚Remagikalisierung’ Erfolg beschieden sein, gäbe es sehr wahrscheinlich bald eine Reihe von Denkmälern mit diesem Namen. Vielleicht auch eine neue Ausgabe Heiligenbildchen.
    Theodosius de Vendetta war seines Zeichens Inquisitor gewesen – im fernen 17. Jahrhundert und unter einem Papst, an dessen gleichwohl heiligen Gebeinen ebenfalls schon seit geraumer Zeit der Gilb nagte. Als er damals seine Arbeit aufnahm, war das in seiner Familie bereits die Fortführung einer kleinen Tradition. Er war der dritte de Vendetta dieses Amtes.
    Wie sich allerdings zeigte, handelte es sich bei Theodosius nicht um einen jener schalen Söhne, die das Gewerbe ihres Vaters nur aufnahmen, weil ihnen auch nichts Besseres einfiel. Theodosius de Vendetta war ein Inquisitor mit Passion. Vermutlich war man innerhalb des Clans noch heute ausnehmend stolz auf ihn.
    Irgendwann jedoch, der Bischof war mit den Einzelheiten nicht ganz vertraut, gab es Probleme. De Vendetta setzte seinen pyromanischen Eifer fort, doch seine Aufzeichnungen verrieten, dass er mit den Ergebnissen nicht zufrieden war. Die Hexen wollten nicht verbrennen. Seitenweise brachte der Inquisitor in langen Nächten seinen Gram zu Papier. Dann verfiel er auf etwas anderes.
    Plötzlich hörte er auf, die Delinquentinnen auf den Scheiterhaufen zu schicken. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, denn das Volk wollte schließlich befriedigt sein. Stattdessen stellte de Vendetta eine Reihe von Experimenten an, um den Ursprung seines Problems aufzudecken. Über diese hatte sich Korkenbaum vorsätzlich nicht informiert. Aus irgendeinem Grund musste er dabei immer an eine Reihe anschaulicher und wenig appetitlicher Instrumente denken. Dinge, die Namen trugen wie „der große Brecher“ und „Schnippsi, des kleinen Mannes Traurigkeit“.
    Schlussendlich aber nutzte das alles nichts.
    Welch seltsamer Umstand hinter der Unbrennbarkeit stecken mochte, er war dem Zugriff des Inquisitors entzogen und blieb es auch. Schließlich sah selbst de Vendetta ein, dass seine Bemühungen gescheitert waren. Allerdings änderte das wenig, denn zu diesem Zeitpunkt war er bereits auf den Geschmack gekommen.
    In langwierigen Untersuchungen machte er sich daran, das Wesen seiner ehemaligen Opfer zu ergründen. Um dies tun zu können, schaffte er sie fort – an einen entlegenen Ort, wo die Welt vor ihnen sicher und er mit ihnen allein war. Und dabei handelte es sich ausgerechnet um diese Höhlen. Das schwefelhaltige Gestein erwies sich als idealer Lagerort für magische Elemente. Korkenbaum schauderte bei dem Gedanken, was sich schon alles an eben jenem Platz abgespielt haben mochte, an dem nun sein Schreibtisch stand.
    Die Hexen waren bald nicht mehr einziger Gegenstand von de Vendettas Neugier. Aus einer Art wissenschaftlichem Eifer heraus sammelten sich mit der Zeit auch allerlei andere Dinge an. All jene sonderbaren Wesen, die nun sorgsam verwahrt in Kisten und Containern draußen in der Arche standen.
    Mit zitternden Fingern entzündete Korkenbaum eine Zigarette. Im Grunde hatte er dieses Laster schon vor Jahren aufgegeben. Doch angesichts all des heiligen Eifers, der hier schon getobt hatte, schien ihm diese kleine Sünde lässlich – und seine Nerven drängten auf Beruhigung.
    Auf den Magen des Bischofs hatte das Nikotin eine zwiespältige Wirkung. Es brachte die in letzter Zeit ständig gärenden Eruptionen zu einem angespannten Waffenstillstand. Korkenbaum ahnte, dass nach dessen Ende alles nur schlimmer würde. Doch für den Augenblick war es erträglich, und für mehr boten seine Gedanken keinen Platz.
    Als man den so überaus eifrigen Inquisitor, der mit den Jahren ein wenig wunderlich wurde, schließlich aus dem Verkehr zog, blieb seine Sammlung zurück. Die einzelnen Gänge wurden noch einmal dick mit Weihwasser besprengt und dann versiegelt.
    Die Welt drehte sich weiter. Imperien vergingen, Dynastien wurden zerschlagen, und die Menschheit eroberte den sichtbaren Teil des Himmels. Was all die Zeit aber nicht vermochte, war, die Erinnerung aus den Archiven des Vendetta-Clans zu tilgen.
    Irgendwann musste ein Spross jener

Weitere Kostenlose Bücher