Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)
Verluste.“
Bevor Jiru etwas sagen konnte, kniete Callin plötzlich über ihn und warf ihn auf den Rücken. Kaltes Metall legte sich um seine Handgelenke – sein Peiniger kettete ihm die Arme an die Wand, an Halterungen, die über dem Bett angebracht waren.
„Das alles ist sehr verwirrend, mein Hübscher, ich weiß“, flüsterte Callin ihm beschwörend zu. „Verwirrend und beängstigend. Sei unbesorgt, ich werde dir alle Fragen beantworten. Doch zunächst zum spannendsten Teil unser Zusammenarbeit.“ Er zückte eine Münze und hielt sie Jiru mit selbstgefälliger Geste vor die Nase. „Weißt du, was das ist?“
Jiru musste fast schielen, um die fein eingravierten Details erkennen zu können. Trotz seiner Angst keuchte er auf, als er die Münze erkannte: Es war eine der großen Tokar, auf der sich das Siegelzeichen von Fürst Haran, dem Gründer des Karslands befand: ein riesiger feuerspeiender Drachen, die Flügel hoch in der Luft, der gewaltige Schweif elegant eingerollt. In der Öffnung, die dadurch entstand, war Harans Name und das Prägejahr der Münze geschrieben: das Jahr 2 von Harans Thronbesteigung. Fast tausend Sommer hatte diese Münze demnach kommen und gehen sehen und war damit von unbezahlbarem Wert. Den Zauberschmied schien es nicht zu stören, einen solchen Schatz zu vernichten. Zumindest, wenn Jirus Ahnung zutraf, was ihm gleich widerfahren würde. Man munkelte davon, wie Zauberschmiede Menschen versklavten …
Da Callin auf seinem Brustkorb kniete, der heftig unter den Schlägen der Kerkerwächter gelitten hatte und noch nicht vollständig verheilt war, konnte Jiru lediglich stillhalten und versuchen, ausreichend Luft einzuatmen. Die Tokar-Münze wurde auf seiner Stirn platziert, zwischen seine Augen.
Nahib, was tut er da?
Callin fixierte die Münze einem Finger, schloss die Lider und begann einen monotonen Singsang. Das Metall auf Jirus Haut wurde erst warm, dann heiß.
„Hört auf, bitte, warum macht Ihr das mit mir?“, presste er entsetzt hervor, kaum fähig, die Schmerzensschreie zurückzuhalten. Was für einen Zauber schmiedete der Wahnsinnige dort in seinen Körper hinein?
„Hört auf!“ Jiru wollte sich wehren, riss in steigender Panik an den Ketten, versuchte, Callin von sich herabzuschleudern – vergebens. Der Schmerz wurde intensiver, unter gellenden Schreien wand und krümmte er sich, ohne dass die Münze sich um eine Haaresbreite bewegte.
„Hilfe! Nein, nein! Hilfe! Aufhören!“ Er brüllte, bis ihm Kraft und Luft ausgingen, flehte schluchzend um Gnade, bis er auch dafür zu schwach wurde und ertrug schließlich wimmernd, dass sich die Münze in seine Stirn einbrannte.
Callin glitt vorsichtig von dem erschlafften Körper herab und bewunderte sein Werk. Die Münze war mit Jirus Haut verschmolzen und hatte sich dabei in ein magisches Siegel gewandelt. Nur Zauberschmiede waren jetzt noch fähig, sie überhaupt zu sehen oder zu erspüren, für jeden anderen würde die Stirn des Diebes glatt und unversehrt wirken.
„Wasch ihm den Schweiß ab, meine Liebe, und zieh ihm dieses Gewand dort an. Sobald er erwacht, soll er soviel Wasser wie möglich trinken, und vielleicht auch etwas essen. Sollte er aufstehen wollen, halte ihn zurück, er ist zu geschwächt dafür. Wenn irgendetwas sein sollte, schicke einen Boten, ich ziehe mich in meine eigenen Gemächer zurück.“
„Ja, Herr.“ Nesri erhob sich, verneigte sich voller Anmut vor ihm und begann sofort mit ihrer Arbeit. Callin war sehr zufrieden mit sich. Das Bindungsritual war aufwändig und kraftraubend und die unvermeidlichen Nebenwirkungen würden sich bald zeigen. Doch das war es wert, denn nur so konnte er sicher sein, dass Jiru ebenso hingebungsvoll wie seine Nesri alles tun würde, um ihm, Callin, gefällig zu sein … Selbst wenn er sein Leben fordern würde.
„Herr, die Ketten hindern mich“, wisperte Nesri, als Callin schon halb den Raum verlassen hatte.
„Du hast recht, meine Liebe, wie gedankenlos von mir.“ Sanft strich er über ihre Wange, bevor er sich zu Jiru herabbeugte, um ihn von den Fesseln zu befreien. Dieser junge Mann war eine edle Errungenschaft für seine Sammlung. Callin brauchte es wie Luft zum Atmen, Schätze aller Art zu horten und von Schönheit umgeben zu sein. In seiner Jugend, im Palast der Matriarchin, hatte er es nicht anders gekannt, die Westwindländer waren viel sinnesfreudiger als die Menschen in diesem tristen Reich. Ah, er konnte nicht widerstehen, er musste einfach einen
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