Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)
die Sklavin gerade den Raum verließ und er somit Callin allein ausgeliefert war.
„Entdeckte ich da Angst in deinen hübschen Nordland-Augen? Du bist sicherlich das Ebenbild deiner Mutter, nicht wahr?“
Jiru schwieg. Ja, er galt mit seinem weißblonden Schopf, der marmorhellen Haut und intensiv blauen Iriden als exotische Schönheit inmitten eines Volkes, das üblicherweise schwarzes Haar und dunkle Augen besaß, auch wenn sein karsländisches Vatererbe aufgrund seiner geringeren Größe nicht zu leugnen war – kein reinblütiger Nordländer maß weniger als zwei Schritt, Männer wie Frauen. Sein nordisches Aussehen hatte ihm ermöglicht hohe Preise zu verlangen, als die Not ihn zwang, seinen Körper zu verkaufen … Keine zwei Tage hatte er das ertragen und sich danach darauf verlegt, als Dieb und Einbrecher zu überleben. Niemals wieder wollte er von gierigen Fingern betatscht, unter schwitzenden, stinkenden Leiber begraben und zu anderen Dingen gezwungen werden, die er sich zuvor nicht einmal hatte vorstellen können! Außerdem hatte er vor den Hurenwirten fliehen müssen, die nicht wollten, dass jemand auf eigene Rechnung arbeitete, statt sie mitverdienen zu lassen.
„Fürchtest du mich?“ Den Spott in Callins Stimme kannte Jiru bereits, doch da war ein deutliches Interesse in seinem Blick, das er im Kerkerloch nicht gezeigt hatte.
Gerade noch unterdrückte er einen Schrei, als Callin eine Hand auf seine nackte Schulter legte, obwohl es eine sachte Berührung blieb. Er atmete tief durch und mühte sich um Selbstbeherrschung. Sollte Callin seinen Körper fordern, nun, er würde es überleben. Wehren konnte er sich nicht, dazu war er zu erschöpft und schmerzgeplagt; also sollte er besser ruhig bleiben und seine schwachen Kräfte schonen.
„Du magst es nicht, wenn man dich streichelt, hm?“ Die Hand fuhr langsam über Jirus Rücken hinab zur Hüfte. „Ein schlechter Dieb kannst du nicht sein, du musstest nicht allzu viel Hunger leiden. Du siehst gut aus, mein Lieber. Hart und männlich und ausgesprochen nordisch. Ich wüsste einige Leute, die sich über einen Sklaven wie dich freuen würden.“
Schockiert schnappte Jiru nach Luft – oh bitte, nicht das! Ein oder zweimal jemandem zu Willen zu sein war das eine, für den Rest seines Lebens anderen zu dienen, wann und wie auch immer die es wollten …
Callin schien es nicht zu stören, dass Jiru vollständig erstarrt war. Er ließ seine Hand wieder nach oben gleiten und griff in Jirus Haar.
„Meine Sklavin hat es eingestutzt, während du ohnmächtig warst, es waren zu viele verfilzte Strähnen, die sich nicht durchkämmen ließen. So sieht es deutlich hübscher aus, sehr gepflegt und ordentlich. Ein Glück, dass du kein Ungeziefer dabei hattest, sonst hätte sie dich kahl geschoren.“
Jiru spürte, dass sein Haar jetzt nicht mehr bis zu seinen Schulterblättern reichte, sondern kaum noch den Nacken berührte. Es war ihm vollkommen gleichgültig. Diese Bestie sollte endlich aufhören, mit ihm zu spielen!
Fast, als hätte Callin diesen Gedanken vernommen, ließ der plötzlich von ihm ab, tätschelte ihm demütigend die Wange und stand auf.
„Du bist mutig, Jiru Hetvursohn, deshalb habe ich dich aus dem Kerker geholt. Die meisten anderen haben in dieser Situation längst geheult und um Gnade gebettelt. Du bist genau der richtige Mann für meine Pläne.“
Ein gönnerhaftes Lächeln erhellte Callins düstere Züge, als Jiru erschrocken zusammenfuhr. Woher wusste der Zauberschmied …?
„Ja, ich habe deinen Namen herausgefunden. Das war leicht! Dein Akzent beweist, dass du in Haranstadt aufgewachsen bist. Ich halte alle Adligen im Blick und weiß, dass aus keiner der gehobeneren Familien in den letzten Jahren ein junger Mann verstoßen wurde. Also blieben bloß die reichen Händler und Großgrundbesitzer, unter denen viele Hab und Gut verloren haben. Deine Tempelerziehung hatte mich auf die falsche Fährte gelenkt, sonst hätte ich rascher herausgefunden, dass man dich als Kind nur dort angenommen hat, weil deine Familie früher fleißig für Nachschub an cha’arischen Wein gesorgt hatte … Mit dem Wissen, dass deine Mutter aus den Nordlanden stammte, war das Rätsel schnell gelöst. Bedauernswert, wie dieses wunderbare Land zugrunde geht und selbst seine einstige Elite durch die Gosse kriecht! Man sollte meinen, zehn Jahre Handelsbeschränkungen müssten reichen, um die Matriarchin milde zu stimmen, sie hat schließlich dadurch auch gewaltige
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