Drachengasse 13, Band 04
stützten.
Im nächsten Augenblick verfing sich eine seiner Krallen in einem Loch in den dunklen Bohlen, die den Boden bedeckten! Irgendetwas klickte. Fleck stieß ein erschrockenes Quäken aus. Dann landete er, die Schnauze voran, auf allen vieren. Es rummste, und die Tiegel und Gläser auf Hanissas Zaubertisch schlugen erneut aneinander.
„Fleck!“, riefen die drei Freunde wie aus einem Mund.
Der Jungdrache erhob sich, schnaufte und schüttelte den Kopf. Er beugte den langen Hals und rieb sich mit den Vorderpfoten über die gefleckte Nase.
Hanissa lief zu ihm hinüber und ging neben Fleck in die Hocke. Tröstend strich sie ihm über den Kopf. „Alles in Ordnung?“
Fleck schnaufte noch einmal, nieste dann, schüttelte sich kurz und stupste sie schließlich mit seiner feuchten Drachenschnauze an.
„Igitt“, entfuhr es Hanissa.
Tomrin und Sando lachten. „War wohl nicht so schlimm, hm?“, fragte Tomrin. Er ging ebenfalls zu Fleck und tätschelte ihm den schuppigen Schädel. „Alter Tollpatsch, du.“
„Aber wirklich“, bekräftigte Sando. Dabei fiel sein Blick auf die Klappe in der hinteren Ecke des Raumes, die wahrscheinlich in den Keller der Drachengasse 13 führte. Zumindest glaubten die Freunde das.
Im nächsten Augenblick stutzte er. Sie hatten zwei- oder dreimal versucht, die schwere, hölzerne Klappe zu öffnen, aber bislang war es ihnen nie gelungen. Tomrin hatte mal die Vermutung geäußert, sie sei von innen verriegelt, was beiden Jungen sehr seltsam vorgekommen war.
Doch jetzt stand sie einen Fingerbreit offen!
„Leute, seht euch das an.“ Überrascht deutete Sando auf die Luke im Boden. Er umrundete den Tisch in der Mitte des Raums, um das Ganze aus der Nähe zu begutachten. „Die Klappe … “
Tomrin ließ von Fleck ab und kam stirnrunzelnd näher. „Seit wann ist die denn offen?“, fragte er.
Sando blickte zu Fleck, der arglos neben Hanissa hockte. „Einen Moment mal“, sagte er und ging hinüber. „Fleck, geh mal zur Seite.“ Mit sanfter Gewalt schob er ihn von der Stelle weg, an der Fleck gestolpert war. Mit unwilligem Quäken ließ es der Jungdrache geschehen.
Unter seiner rechten Pfote kam das Loch zum Vorschein, in dem sich seine Kralle verfangen hatte. Sando kniete sich hin und nahm es in Augenschein. Es war nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Vorsichtig schob er einen Finger hinein und tastete darin herum. Da war etwas unter den Holzbohlen. Etwas, das sich anfühlte wie …
„Ein Hebel!“, entfuhr es ihm. „Hier unter dem Boden befindet sich ein geheimer Hebel. Fleck muss ihn versehentlich umgelegt und damit den Schließmechanismus der Klappe geöffnet haben.“ Er stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Wer immer das konstruiert hat, muss ganz schön viel Wert darauf gelegt haben, dass niemand seinen Keller betritt.“
„Und er muss einen Gnomenuhrmacher gekannt haben“, meinte Tomrin. „Wer sonst sollte so einen Mechanismus bauen können?“ Ein verräterischer Glanz trat in seine Augen. „Also, was sagt ihr: Schauen wir uns unten im Keller mal um?“
„Ich weiß nicht.“ Hanissa machte ein zweifelndes Gesicht. „Es wird schon einen guten Grund gehabt haben, warum dieser Keller versperrt war.“
„Und es wird schon einen guten Grund gehabt haben, dass Fleck über den Öffnungsmechanismus gestolpert ist“, gab Tomrin grinsend zurück. „Offenbar wollen die Zweigötter, dass wir das Geheimnis lüften.“
Das Mädchen verdrehte die Augen. „Jetzt komm mir bloß nicht mit Sachen wie Schicksal, Bestimmung und so. Fleck ist einfach nur so tollpatschig, dass nichts vor ihm sicher ist – nicht mal ein jahrzehntealter Geheimmechanismus.“
„Von mir aus“, sagte Tomrin. „Ich wüsste trotzdem gern, was sich dort unten befindet. Du nicht, Sando?“
Dieser nickte. „Klar.“
Hanissa seufzte. „Also schön. Aber beschwert euch nicht, wenn ich nachher ‚Ich habe es euch doch gesagt‘ sage.“ Sie erhob sich und ging zum Tisch hinüber.
„Was machst du?“, wollte Sando wissen.
„Kerzen holen“, erwiderte sie leicht gereizt. „Oder wollt ihr im Stockdunkeln da unten herumirren?“ Sie nahm einige dicke Kerzenstummel und die Schachtel mit Schwefelhölzern an sich.
Gemeinsam stellten sie sich im Halbkreis um die leicht geöffnete Klappe auf. Tomrin beugte sich hinunter, ergriff die Kante und warf Sando einen letzten fragenden Blick zu. Als dieser nickte, zog der Hauptmannssohn die Falltür hoch und ließ sie schwungvoll nach hinten fallen.
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